Konsumpsychologie : Einkauf mit Tücken
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Eine leichte Schriftart lässt das Produkt gesünder wirken
Das Ergebnis zeigte, dass die Konsumenten „die Gesundheitseigenschaften eines Produkts unbewusst ableiten und ihre Rückschlüsse damit nur schwer zu steuern sind“. Da alle Probanden nach dem Test auch einen Fragebogen über ihre Ernährungsgewohnheiten und ihr Gesundheitsbewusstsein auszufüllen hatten, konnten die Wissenschaftler herausfinden, dass ausgerechnet besonders Gesundheits- und Ernährungsbewusste in die Falle tappen, die hier von Herstellern leicht gestellt werden kann. „Unsere Ergebnisse belegen, dass wir mit unserer Vermutung richtiglagen und bestimmte Farben wie Gelb und dünne, filigrane Schriften zu einer Beurteilung des Produktes als leichter und dadurch auch als gesünder führen. Andere Farben wie Rot und dicke, massive Schriften weckten dagegen Assoziationen zu Schwere und ungesund“, so Karnal. Ja, eine leichte Schriftart auf der Verpackung führe sogar dazu, dass das Produkt insgesamt gesünder anmute und die Leute eher bereit seien, es zu kaufen.
Robert Mai, Ko-Autor der Studie vom Institut für Betriebswirtschaftslehre der Kieler Universität, ergänzt, dass vor allem solche Menschen für diese subtilen Botschaften empfänglich seien, die sich aktiv der Förderung ihrer Gesundheit verschrieben hätten. Sie neigten dazu, sich die Verpackungen genau anzusehen. Subtile Merkmale dieser Verpackungen reichten ihnen, um Rückschlüsse darauf zu ziehen, wie gesund das Produkt sei. Diese Rückschlüsse nutzten sie als Entscheidungskriterium. Sie seien damit aber auch am anfälligsten für Täuschungen durch ein „leichtes“ Design.
Mimikry im Kaufregal
Ein solches im Grunde niederschmetterndes Ergebnis unterstützen auch die Beobachtungen eines früheren Tests der Kieler. Damals sollten Probanden den Geschmack eines Orangensaftes beurteilen - einmal in einer Verpackung, welche die ganze Frucht zeigte, einmal in einer, welche ein Glas mit Strohhalm zeigte. Die Frage war nun, ob von der ganzen Frucht auf ein unverarbeitetes, „gesundes“ Getränk geschlossen werden würde. Heraus kam, dass die Abbildung einer ganzen Frucht eigentlich gar keinen Effekt hat, eher im Gegenteil: „Die Produktdarstellung, die dem Verzehrzustand des Produktes am nächsten kommt (z. B. Saft im Glas), führt bei den meisten Konsumenten zu den besten Bewertungen.“ Allein eine „sehr spezifische Zielgruppe“ sah das anders: Eine Orange als Produktbild führte nur dann zu der Wahrnehmung, das Produkt sei unverfälscht, wenn die Testpersonen ein hohes Gesundheitsbewusstsein hatten.
Dass viele Hersteller schmale Schriften und leichte Farben verwenden, wenn sie auch ein angeblich leichtes, der Gesundheit dienliches Produkt verpacken, hat also durchaus seinen Sinn. Vorsicht ist aber geboten, falls weniger gesunde Lebensmittel sich durch ihre Verpackung eine „leichte“ Anmutung verleihen. Wie auch immer, jetzt weiß der Verbraucher jedenfalls, dass das übervolle Supermarktregal noch ganz andere Tücken bereithält als die, gegen die er sich durch Erfahrung schon gewappnet glaubte. Es ist gleichsam wie im Zwischenmenschlichen - der erste, noch ganz unbewusste Eindruck entscheidet. Karnal sagt aber, als wollte sie uns in unserer Verführbarkeit trösten: „Immerhin wissen wir jetzt das mit der Schrift und der Farbe, und das allein sollte bei den Kaufentscheidungen doch schon helfen.“