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Dschungelcamp : Der Dschungel hat seine Meisterin gefunden

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Olivia Jones (links) im Prüfungsstress mit Fiona Erdmann Bild: Foto RTL

Das Dschungelcamp bot diesmal wenige, aber eindrückliche Überraschungen. Das epische Duell zwischen einem Hamburger Vollweib und der am Ende siegreichen Casting-Brut von RTL wurde in Zahlen knapp, aber in Bedeutung deutlich entschieden.

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          Das Dschungelcamp bleibt ein Abenteuer. Und gerade weil die offensichtlichen Überraschungen ausbleiben – das Camp, die Prüfungen, der Dschungel, es ist ja alles bekannt – gibt es plötzlich neue. In der siebten Ausgabe von „Ich bin ein Star - Holt mich hier raus!“ gewann ein unbekümmerter Junge die Herzen der Zuschauer für sich, weil er glaubhaft darstellte, dass er den RTL-Dschungel mit den Ferienlagern verwechselte, an die er so schöne Erinnerungen hat.

          Joey Heindle, die sendereigene Casting-Brut von Dieter Bohlen, hat die Dschungel-Krone mit 53 zu 47 Prozent gewonnen, weil die Zuschauer offenbar Mitleid mit einem jungen Mann bekamen, der gerade zehn Jahre alt war, als RTL zum ersten Mal quasiberühmte Menschen in den australischen Busch entsandte und noch galt: An dem, was dort geschieht, trägt der Sender Schuld. Verdorbene Eier und Ochsenhoden zu Reis und Bohnen bei andauerndem Regen, sollte damit jemand rechnen? Damals nicht, heute aber schon. Eigentlich. Joey Heindle entschied sich für niedliche Naivität.

          Olivia Jones wurde Dschungel-Queen

          Als am Samstag nur noch drei Kandidaten im Camp waren und Heindle von seiner letzten Dschungelprüfung zurückkehrte, berichtete er in der ihm typischen euphorischen Verwirrung von der zurückliegenden Herausforderung, brachte aber eigentlich keinen klaren Satz heraus. Hamburgs Rotlichtschönheit Olivia Jones hatte ihn trotzdem verstanden: „Ach, das fermentierte Ei.“ Das war exemplarisch, sie wusste über alles bescheid. Olivia Jones - vorlaut wie Désirée Nick, einfühlsam wie Rainer Langhans, aufgetakelt wie Brigitte Nielsen – hatte sich gut vorbereitet. Mit den „Waffen einer Frau und der Gewalt eines Mannes“ hat sie RTL besiegt. Offenbar halten abnehmbare Masken dem Druck des Dschungels besser stand, als direkt ins Gesicht operierte. Die alternative Dschungelkrone wurde Olivia Jones aber nicht von den Moderatoren Sonja Zietlow und Daniel Hartwich verliehen, sondern noch im Camp von Konkurrentin Claudelle Deckert. Der „so richtig tiefe Einblick in die Seele“ von Oliver Knöbel, der sich in seiner Existenz mit der Olivia Jones abwechselt, sei ihr nämlich verwehrt geblieben. Denn Olivia war die ganze Zeit Olivia geblieben.

          So sieht heute eine König aus: Dschungelcamp Sieger Joey Heindle zwischen den Moderatoren Daniel Hartwich und Sonja Zietlow
          So sieht heute eine König aus: Dschungelcamp Sieger Joey Heindle zwischen den Moderatoren Daniel Hartwich und Sonja Zietlow : Bild: dpa

          Im Dschungel gelten scheinbar Regeln, die vor dem Fernseher nicht gelten. Denn „Mutti“, wie sich Olivia Jones selbst durchweg nannte, offenbarte sich sehr wohl in den zwei Dschungelwochen, aber auf abgeklärte Weise, wie sie offenbar das unmittelbare Hamburger Nachtleben lehrt. Zumindest schien selten jemand im Camp so aufrichtig zu sein wie sie. Ihre letzte Dschungelprüfung, bei der sie mit Schleim, Würmern und Spinnen übergossen wurde, wirkte, als ginge es tatsächlich um eine persönliche Herausforderung und nicht um den nächsten überfordernden Rettungsversuch für ein eigentlich schon gescheitertes Medienprofil. Olivia Jones hat obsiegt und nebenbei Schokopudding fürs letzte Abendessen im Dschungel gewonnen.

          Man muss sich um die B-Promis sorgen

          Gescheiterte spielten aber auch diesmal die zahlreichen tragischen Nebenrollen. Beispielsweise Fiona Erdmann, das 2007 fünftplatzierte „Germanys Next Topmodel“. Die Legende besagt, dass das Dschungelcamp von vergleichsweise vielen Akademikern geschaut wird. Für Psychologen hatten die Auftritte Fiona Erdmanns Lehrfilmcharakter. Dabei hätte sie mit Joey Heindle bis zuletzt auf Augenhöhe um die Krone kämpfen können, wenn sie ihre Schwächen nicht mit ständig neu misslungen Versuchen der Selbstbehauptung auf Kosten der Konkurrenz überspielt hätte. Letztlich blieb ihr der vierte Platz und den Zuschauern das ungute Gefühl, dass dieser für sie, trotz und wegen aller gegenteiligen Beteuerungen, doch ziemlich schlimm war.

          Unter die weiteren Teilnehmer, die sich für den Dschungel qualifizierten, weil sie irgendwo mal Kandidaten waren, mischte sich für drei Tage auch der Hauptdarsteller Helmut Berger. Vor der Kamera waren ihm zuletzt nur noch Thomas Gottschalk oder Harald Schmidt gewachsen, im Dschungel konnte er mit Hilfe von Olivia Jones zeigen, dass ihm der Charme aus vergangenen Jahrzehnten nicht gänzlich verloren ging. Lehrreich hätte diese Charmeschule für Daniel Hartwich, dem neuen Moderator an Sonja Zietlows Seite, sein sollen. Stattdessen redete der wie ein austauschbarer Witzeautomat.

          Autor Jens Oliver Haas, der ihn aus dem Hintergrund mit Sprüchen füttert, scheint schon heute bekannter zu sein als Hartwich. Die durch den Tod Dirk Bachs notwendige neue Stimme des Dschungelcamps verwirklicht aber wenigstens einen langgehegten Traum von Sonja Zietlow, zufällig die Ehefrau von Haas. Sie darf jetzt Witze über Dicke machen und begann damit bei Hartwich selbst. Denn, so lehrt die „Bild“, habe der abgemagert wirkende Moderator schon mal 55 Kilo mehr gewogen als heute. Das glaubt man gerne, die kindliche Freude ob der neuen Möglichkeiten mit seinem Körper, gerade mit seinem Gesicht, umzugehen, war ihm anzumerken. Wenn er das Schauspiel noch eine Stufe weiterdreht, könnte er der erste Fernsehmann sein, der das Dschungelcamp von beiden Seiten kennenlernt.

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