Costa Concordia : Taucher setzen Suche fort
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Italiens Umweltminister fürchtet, dass die „Concordia“ untergehen könnte Bild: REUTERS
Rettungstaucher haben am Donnerstag die Suche nach Vermissten im Wrack des Kreuzfahrtschiffs fortgesetzt. Hoher Wellengang könnte ihre Arbeit allerdings gefährden. Mehr als ein Dutzend deutsche Passagiere der „Costa Concordia“ werden noch vermisst.
Rettungstaucher haben am Donnerstag die Suche nach Vermissten im Wrack der „Costa Concordia“ wieder aufgenommen. Die Behörden kamen zu dem Schluss, dass sich das Wrack stabilisiert habe, nachdem es am Tag zuvor auf den Felsen in Bewegung geraten war. Für den Verlauf des Donnerstags wurde hoher Wellengang vorhergesagt, was die Bergungsarbeiten gefährden könnte.
Nach einer ersten Vernehmung äußerte eine Untersuchungsrichterin harsche Kritik am Verhalten des Kapitäns Francesco Schettino. Der 52-Jährige selbst erzählte eine neue Variante des Geschehens in der Unglücksnacht. Demnach fiel er versehentlich in ein Rettungsboot, als er bei der chaotischen Rettungsaktion an Bord strauchelte.
Unter den noch 28 Vermissten aus sieben Ländern sind auch noch mehr als ein Dutzend Deutsche. Bisher wurden elf Leichen geborgen. In Deutschland rechnen Versicherer mit Millionenschäden.
Furcht vor einer Sturmflut
Der Umweltverband Legambiente sprach schon von bedeutenden Schäden für die Natur vor der toskanischen Insel Giglio als Folge der Lösungsmittel, Schmieröle, Lacke und Reinigungsmittel an Bord. Die Unglücksstelle liegt mitten im Pelagos-Meeresschutzgebiet. Das ist das wichtigste Walschutzgebiet im Mittelmeer.
Italiens Umweltminister Corrado Clini befürchtet, dass eine Sturmflut das Schiff untergehen lassen könnte. Es gebe in der Nähe des Schiffes im Meer einen Abhang, der bis zur Tiefe von 50 bis 90 Metern führe, sagte Clini am Mittwoch im Parlament.
Nach Darstellung der Untersuchungsrichterin führte der 52 Jahre alte Kapitän Schettino ein unbesonnenes Manöver durch, als er der Insel Giglio viel zu nah kam. Der Kapitän habe den Schaden am Schiff nach der Kollision mit einem Felsen unterschätzt, teilte das Gericht in Grosseto mit. Als Schettino den Luxusliner verlassen hatte, habe er keinen ernsthaften Versuch unternommen, wieder in die Nähe der „Costa Concordia“ zu kommen. Weil keine Fluchtgefahr bestehe, wurde der Kapitän unter Hausarrest gestellt.
„Dieser Felsen hat mich überrascht“
Kapitän Schettino hatte vor Gericht Fehler eingeräumt. „Es ist etwas schief gelaufen, denn ich habe zu spät gelenkt“, zitierte ihn der „Corriere della Sera“. „Ich bin auf Sicht gefahren, denn ich kannte den Meeresboden.“ Er sei die Route „schon drei- oder viermal abgefahren, aber dieser Felsen hat mich überrascht“, sagte Schettino.
Laut italienischen Medienberichten machte Schettino ein technisches Problem dafür verantwortlich, dass er die Evakuierung an Bord nicht koordiniert hat. „Ich wollte nicht abhauen, sondern habe Passagieren geholfen, ein Rettungsboot ins Wasser zu lassen“, sagte er demnach vor der Richterin. Als der Absenkmechanismus blockierte und plötzlich wieder ansprang, „bin ich gestrauchelt und lag plötzlich zusammen mit den Passagieren im Boot“. Daraufhin habe er nicht mehr auf das Schiff zurückkehren können, weil dieses schon zu schräg gelegen habe. Nach Angaben der Richterin blieb der Kapitän einige Stunden auf einem Felsen nahe des Luxuskreuzers.
Der Verteidiger des Kapitäns stellte sich hinter seinen Mandanten: Schettino habe auf ihn nicht den Eindruck gemacht, ein Feigling oder ein Krimineller zu sein, sagte Bruno Leporatti.
Keine Änderung der Reise geplant
Dem Kapitän wird mehrfache fahrlässige Tötung, Havarie und Verlassen des Schiffes während der Evakuierung vorgeworfen. Ein Gesprächsprotokoll belegt völlig chaotische Rettungsmaßnahmen. Dem 52-Jährigen drohen bei einer Verurteilung bis zu 15 Jahre Haft.