Wer solche Freunde hat
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Wunderdoktor, Geistheiler, Quacksalber: Bruno Gröning behauptete „Heilstrom“ an Kranke weiterzuleiten, dervon Gott gesandt war. Noch heute hat er in Deutschland viele Anhänger. Bild: FotosBruno Gröning Freundeskreis
Der Freundeskreis von Bruno Gröning wirbt um neue Mitglieder. Es ist schwer, gegen den Scharlatan und seine Fans anzugehen. Eine unterschätzte Sekte, deren Anhänger weitaus zahlreicher sind, als die von Scientology.
Das Wunder lässt noch etwas auf sich warten, die Musik will nicht spielen. Ein älterer Herr nimmt die CD aus dem Gerät, leichte Ungeduld macht sich breit, er betrachtet den Tonträger von allen Seiten und gibt ihn zurück in den schwarzen Kasten. Wieder nichts. Vielleicht drei Takte Geigenklänge, dann bricht die Musik abermals ab. Der „göttliche Heilstrom“, den die Besucher in den nächsten knapp zwei Stunden spüren sollen – er wirkt offenbar nicht beim Abspielgerät. Willkommen in Lahnau, Ortsteil Atzbach, einem Vorort von Gießen. Im Veranstaltungssaal des Bürgerhauses ist es stickig, die Fenster zur Straße sind seit wenigen Minuten geschlossen, auch das soll den „Heilstrom“ unterstützen. Es ist ein Dienstagabend, der Bruno-Gröning-Freundeskreis, benannt nach einem längst verstorbenen Scharlatan, hat Interessierte zu einem Vortrag eingeladen, schon der Titel klingt abenteuerlich: „Es gibt kein Unheilbar.“
Der selbsternannte Freundeskreis, hinter dem der Verein „Kreis für natürliche Lebenshilfe“ mit Sitz in Lohmar steht, rekrutiert seine Mitglieder bei Vorträgen wie diesem. Sie finden seit Jahren überall in der Republik statt, von Oldenburg bis München. Ende der neunziger Jahre hat sich sogar der Deutsche Bundestag mit der dort vertretenen „Lehre“ befasst. Im Abschlussbericht der Enquetekommission „Sogenannte Sekten und Psychogruppen“ äußerte das Parlament seine Sorge, dass die Behauptung des angeblichen Wunderheilers Gröning, es gebe kein Unheilbar, von den Anhängern „völlig unkritisch übernommen“ werde. Dadurch werde ein Wunderglaube an die Menschen herangetragen, der „im extremsten Fall dazu führen kann, medizinische Behandlung im Krankheitsfall nicht anzunehmen“.
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