Massaker in Charleston : Es sollte der Auftakt zum Bürgerkrieg sein
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Nach dem Attentat von Charleston werden immer neue Details zu den Motiven des Schützen bekannt. Er träumte offenbar von einer Herrschaft der Weißen. „Ich muss tun, was ich tun muss“, soll er gesagt haben, bevor er neun Menschen erschoss.
Nach dem Angriff auf eine afroamerikanische Kirche in Charleston mit neun Todesopfern sind die Konturen der rassistischen Tat eines hasserfüllten jungen Mannes deutlicher geworden. Der mutmaßliche Schütze, der 21 Jahre alte Dylann Roof, hatte sich auf Facebook als Fan des Apartheid-Regimes in Südafrika zu erkennen gegeben. Am Donnerstag brachte die Polizei ihn aus North Carolina, wo er gefasst worden war, nach Charleston zurück.
Wie Fernsehbilder zeigten, wurde Roof in schwarz-weiß-gestreifter Gefängniskleidung in ein kleines Flugzeug gebracht, um ihn aus Shelby in North Carolina nach Charleston in South Carolina zu bringen. Im rund 400 Kilometer entfernten Shelby war Roof rund 14 Stunden nach der Bluttat bei einer Verkehrskontrolle festgenommen worden. Ein Bürger hatte das Auto der Polizei gemeldet, weil der Fahrer ihm verdächtig vorkam.
Die Ermittler gehen von einem Hassverbrechen aus rassistischen Motiven aus. Die Polizei hatte eine Großfahndung nach dem jungen Mann mit dem blonden Topfschnitt eingeleitet, nachdem er in der Emanuel African Methodist Episcopal Church von Charleston offenbar neun Menschen erschossen hatte. Die Kirche ist ein geschichtsträchtiger Ort in der amerikanischen Bürgerrechtsbewegung. Von ihr gingen Sklavenaufstände aus, viele rassistisch motivierte Brandanschläge hat sie überstanden.
Sechs Frauen und drei Männer starben
Die Mitglieder der afroamerikanischen Gemeinde hatten sich am Mittwochabend zur Bibelstunde versammelt. Nach bisherigen Erkenntnissen setzte Roof sich eine Stunde lang dazu, bevor er das Feuer eröffnete. Sylvia Johnson, die mit einem der Opfer verwandt ist, sagte dem Sender CNN, eines der Opfer habe den Schützen von weiteren Morden abbringen wollen. Roof aber habe entgegnet: „Ihr habt unsere Frauen vergewaltigt und Ihr übernehmt die Macht im Land. Ich muss tun, was ich tun muss.“ Die Leiterin der örtlichen Sektion der Organisation für die Rechte von Afroamerikanern (NAACP), Dot Scott, sagte dem Fernsehsender CNN, eine Frau habe berichtet, der Schütze habe sie am Leben gelassen, damit sie über die Tat berichten könne.
Fünf mal soll Roof seine Waffe nachgeladen haben. Sechs Frauen und drei Männer im Alter zwischen 26 und 87 Jahren starben bei dem Massaker. Unter den Todesopfern war auch der 41 Jahre alte Pastor der Kirche, Clementa Pinckney, der dem Senat von South Carolina angehörte und zwei Kinder hatte. Er hatte sich Zeit seines Lebens für striktere Waffengesetze und eine Strukturreform bei der Polizei eingesetzt. Die Tat ereilte die afroamerikanische Gemeinde von Charleston zu einem Zeitpunkt, in der sie immer noch Walter Scott nachtrauerte, der vor zehn Wochen in North Charleston von einem Polizisten erschossen worden war.
Medienberichten zufolge hatte Roof kürzlich von seinem Vater eine Pistole, Kaliber .45, zum Geburtstag bekommen. Auf Fotos auf seiner Facebook-Seite ist Roof mit einer Jacke mit der Flagge Südafrikas zu Zeiten der Apartheid sowie mit der Flagge Rhodesiens, dem ebenfalls von Weißen beherrschten Vorgängerstaat von Simbabwe, zu sehen.
Auf einem anderen Bild ist er mit einem Auto zu sehen, auf dessen Nummernschild „Konföderierte Staaten von Amerika“ steht. Dieser Zusammenschluss aus Südstaaten hatte im amerikanischen Bürgerkrieg für die Fortsetzung der Versklavung von Schwarzen gekämpft. Ein Bekannter von Roof sagte dem Sender ABC News, Roof habe die Rassentrennung befürwortet und „gesagt, dass er einen Bürgerkrieg anfangen will“.
Angehörige und Freunde sagten, er sei ein ruhiger Mensch gewesen, der nicht viele Freunde hatte. Die Polizei erklärte, dass er vor der Tat mehrfach wegen Drogenbesitzes und Hausfriedensbruches auffällig geworden sei.
Warum passiert es so häufig in Amerika?
Der amerikanische Präsident Barack Obama sagte, die Tatsache, dass eine afroamerikanische Kirche angegriffen worden sei, wecke Erinnerungen an einen „dunklen Abschnitt unserer Geschichte“. Rassismus stelle eine „besondere Bedrohung für unsere Demokratie und unsere Ideale“ dar. Der Präsident forderte abermals eine Verschärfung der Waffengesetze. Die Vereinigten Staaten müssten sich ernsthaft damit auseinandersetzen, dass „diese Form der massenhaften Gewalt in anderen entwickelten Ländern nicht vorkommt“. Die Justizministerin Loretta Lynch verurteilte die Tat als „barbarisches Verbrechen“, das in einer zivilisierten Welt keinen Platz habe. Der Generalsekretär der Vereinten Nationen Ban Ki Moon sprach von einem „hasserfüllten Gewaltakt“.
Es ist die 14. Erklärung, die Barack Obama in seiner bislang sechsjährigen Amtszeit zu einer solchen Tat abgab. Es war ihm nicht gelungen, nach dem Amoklauf von Newton im Jahr 2012 die Waffengesetze zu verschärfen.
Die republikanische Gouverneurin von South Carolina, Nikki Haley, sagte unter Tränen, das Verbrechen habe „das Herz und die Seele“ ihres Bundesstaates gebrochen. Die Stadt Charleston, die als „heilige Stadt“ des amerikanischen Südens gilt lud für Freitag ab 18.00 Uhr (Ortszeit, 02.00 Uhr MESZ) zu einem Gebet für die Opfer ein. In New York versammelten sich am Donnerstag etwa 60 Demonstranten, um der Opfer zu gedenken. Sie hielten am Union Square Schilder mit den Aufschriften „Das Leben von Schwarzen zählt“ und „Hört auf, Schwarze zu töten“ hoch.