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Asile Vollblutaraber : Mehr als nur ein Pferd

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Klein der Kopf, groß die Nüstern: Im Schlosspark in Castell in Unterfranken präsentieren sich am Wochenende Araberpferde Bild: Fricke, Helmut

Asile Vollblutaraber sind höchster Adel: Alle Vorfahren gehen auf die Beduinenzucht der Arabischen Halbinsel zurück. In Deutschland sind die Pferde besonders beliebt, wie sich bei der Internationalen Araberschau in Castell wieder zeigte.

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          Die letzte Entscheidung über den Sieger trifft das Publikum. Auf dem Reitplatz der Fürstlichen Domäne Castell stehen sich nur noch zwei Stuten gegenüber. Zuvor hatten Fachrichter alle asilen Vollblutaraberstuten beobachtet, hatten Punkte nach ihrem Schritt, Äußeren und Trab vergeben. Nun werden die beiden Araberstuten galoppieren – nicht in der Wüste Arabiens, sondern in Unterfranken, vor dem Schloss des Erbgrafen Ferdinand zu Castell-Castell.

          Schwerelos scheinen sie über den Platz zu fliegen, voll Kraft und Anmut, mit wehender Mähne, den Schweif wie ein Segel in der Luft, vollendete Noblesse. Die beiden sind nicht nur Vollblutaraber, als asile Vollblutaraber sind sie höchster Adel. Alle Vorfahren gehen also auf die Beduinenzucht der Arabischen Halbinsel zurück. Das arabische Wort asil heißt rein und edel, echt und unverfälscht.

          Beifall brandet auf, das Publikum hat entschieden. Siegerin ist die Stute Inshirah al Sakiynah, sechs Jahre alt und gezogen aus der begehrten Asil-Linie Farida. Arabischer Adel aus dem oberfränkischen Grafengehaig, Stute des Emir Khazar und der Bint Binz Iman, gezüchtet von Bettina Marofke.

          „Das Pferd ist nobel und anmutig“

          Mit ihrem Mann war die Züchterin vor zehn Jahren aus Heidelberg nach Oberfranken gezogen, der Liebe zu den asilen Arabern wegen. Dort fanden sie einen Hof, der groß genug war, um auf einem großen Areal Pferde zu halten und, wenn auch nicht kommerziell, zu züchten. Seit ihrer Jugend reitet Bettina Marofke. Seit sie den ersten asilen Vollblutaraber gesehen hat, ließ sie das edle Tier nicht mehr los. „Wegen der Schönheit und Leistungsfähigkeit des Arabers, seiner Intelligenz und seines dem Menschen zugewandten Wesens“, sagt sie. „Das Pferd ist asil, nobel und anmutig, mit Temperament und Ausstrahlung.“ Sie gehört – mit acht Stuten und einem Zuchthengst – zu den kleineren Züchtern. Ihr Zuchtziel ist eine Kombination von Schönheit und Leistung, ohne eines der beiden Ziele auf Kosten des anderen in den Vordergrund zu rücken.

          In der Zwischenzeit sind die Distanzreiter nach 84 Kilometern zurück. Die kürzeren Distanzritte über 36 und 63 Kilometer sind ebenfalls beendet, der Wettbewerb der asilen Hengste steht noch bevor. Das Programm des zehnten Asil-Cups, den der vor 40 Jahren gegründete „Asil Club e.V.“ veranstaltet, ist umfangreich. Als Geste gegenüber der Kultur der arabischen Beduinen präsentieren zudem Falkner ihre Greifvögel und Hundezüchter den arabischen Gazellenhund Saluki. Zum zehnten Mal trete der Asil Club mit einem Wettbewerb an die Öffentlichkeit, um zu zeigen, dass der asile Vollblutaraber ein reitbares Pferd sei, sagt sein Vorsitzender, der Hildesheimer Verleger Georg Olms. Sein Verlag hat sechs umfangreiche Dokumentationen über den asilen Araber herausgegeben, die bereits als Standardwerke gelten.

          Der Verein hat in den 40 Jahren seines Bestehens in der Förderung des asilen Arabers viel erreicht. Auf der ganzen Welt sind 500.000 Pferde als Vollblutaraber registriert; davon gelten höchstens drei Prozent als asil. Denn zu früheren Züchtungen waren aus Unachtsamkeit oft auch nicht arabische Pferde und solche ohne einen beduinischen Stammbaum verwendet worden. In Deutschland aber liege der Anteil der asilen Pferde bei den Vollblutarabern schon bei 20 bis 25 Prozent, sagt Olms, der 1927 geboren wurde und schon lange Fan dieser Pferde ist. Nur ein anderer Verband auf der Welt, al-Khamza in den Vereinigten Staaten, hat die gleichen strengen Ziele.

          Der Asil Club ist auf der ganzen Welt anerkannt. Mitglieder sind Züchter aus 40 Nationen, unter ihnen die britischen Royal Stables, die Equestrian Clubs der Golfstaaten sowie die Staatsgestüte Ägyptens und Europas. Die Schirmherrschaft liegt meist bei einem der Herrscherhäuser aus der Arabischen Halbinsel.

          Schönheit ist nicht alles

          Den zehnten Cup, der am Sonntag zu Ende ging, förderte der stellvertretende Ministerpräsident der Vereinigten Arabischen Emirate, Scheich Mansur Bin Zayed Al Nahyan. Scheich Mansur schätze nicht die Schönheits-Schauen des arabischen Pferdes, wie sie auf der ganzen Welt stattfinden, vor allem in den Vereinigten Staaten, sagt Olms, der selbst 120 asile Araber gezüchtet und davon viele auf die Arabische Halbinsel verkauft hat. „Viele, die nicht reiten könne, sind von der Schönheit des arabischen Pferdes fasziniert, sie machen ein Gestüt auf und züchten auf Schönheit“, sagt Olms. Das Züchten auf einen Faktor berge jedoch die Gefahr, dass andere Faktoren, vor allem die Leistungsbereitschaft, verlorengingen.

          Für Georg Olms steht die Leistungsfähigkeit des asilen Reitpferds im Vordergrund, denn schön ist es immer. Den Durchbruch des asilen Arabers datiert Olms auf das Jahr 1812. Napoleon musste mit seiner Armee und 185.000 Pferden den Rückzug von Moskau antreten. Von den Pferden kamen nur rund 2000 an – die arabischen Pferde. König Wilhelm I. von Württemberg nahm das zum Anlass, das Gestüt Weil zu gründen. Heute pflegt es als Haupt- und Landgestüt Marbach die Asil-Zucht.

          In Castell nehmen neben 120 asilen Vollblutarabern aus ganz Europa, vornehmlich aber aus Deutschland, 40 Pferde anderer Rassen an den Schauen teil. „Wir wollen damit zeigen, dass viele Rassen vom asilen Araber beeinflusst worden sind“, sagt Olms. So bestehe das englische Vollblut zu 90 Prozent aus orientalischem Blut, der Trakehner habe 40 Prozent Araberblut und der Hannoveraner hohe Anteile. Auch im Lipizzaner und sogar im Friesenpferd fließt arabisches Blut. Die breite Streuung des arabischen Gens in unseren Breiten habe seinen Grund darin, die Leistungsbereitschaft und Folgsamkeit eines Pferdes zu erhöhen, sagt Olms. Und doch sagt Bettina Marofke entschieden: „Wer einmal einen Araber geritten hat, der will kein anderes Pferd mehr reiten.“

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