Alter Mann, junge Frau : Verjüngst du mich, beschütz’ ich dich
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Bild: Kat Menschik
Nicht nur Prominente leben es, das Modell „Älterer Mann sucht sich jüngere Frau“. Der Tausch verspricht einen neuen Anfang, eine zweite Jugend. Aber hält der Traum?
Er ist Ende vierzig, Mitte fünfzig oder vielleicht auch jenseits der sechzig. Und er wird jetzt unruhig, der Mann. Eine erste Familie hat er bereits gegründet, im Beruf ein gewisses Plateau der Sättigung erreicht. Die Zuversicht seiner Jugendjahre ist ihm abhandengekommen, zugegeben, er ist älter geworden - obwohl, er sagt lieber: reifer.
Doch so alt er auch sein mag, er ist nicht so alt wie seine Frau. Oh, ganz gewiss nicht! Und nun ist da seit neuestem auch noch diese Kollegin aus dem Vertrieb oder die Nachtschwester aus der Chirurgie oder diese Neue im Tennisclub, und die hat so was Unverbrauchtes, klar, mit 28 oder 36, und eine Menge Bewunderung für ihn noch dazu. In ihren Armen könnte er noch mal neu anfangen, denkt er, die hohen emotionalen Kosten für seine aktuelle Gefährtin und seine Kinder beiseitewischend. Es ist wie ein Versprechen: Eine junge Liebe ist wie ein neues Leben.
Und warum auch nicht? Sie machen es doch vor, die Prominenten - die Politiker, die Wirtschaftsführer, die Schauspieler. Oskar Lafontaine, 68, in dritter Ehe verheiratet mit Christa Müller, 55, liebt nun Sahra Wagenknecht, 42. Christian Wulff tauschte, damals 46, seine 45 Jahre alte Christiane gegen Bettina, 32. Ähnlich verfuhren Gerhard Schröder, Sigmar Gabriel, Joschka Fischer oder Schauspieler wie Bruce Willis und Sky du Mont. Von Fritz Wepper wollen wir gar nicht reden. Er ist 70, seine Frau in seinem Alter, seine Freundin 35.
Natürlich ist der Wechsel zur jungen, zweiten Frau für Prominente einfacher. Sie haben mehr von dem, was zu dieser Art Umtausch gehört: gesellschaftliche Stellung, Kapital, Gelegenheit, oft eine gewisse Unerschrockenheit. Zugleich aber scheint das Modell auch für den Mann von nebenan machbar. Knapp 340.000 Paare gibt es in Deutschland, bei denen der Mann mindestens 16 Jahre älter ist als die Frau, aber nur 35.000 Paare, bei denen die Frau ihrem Mann mindestens ebenso viele Jahre voraushat.
Ob Prominenter/Bewunderin, Chef/Sekretärin, Professor/Studentin oder Angestellter/Praktikantin: Das Gefälle in Alter und Status liefert eine Menge Konfliktstoff. Denn die Partner befinden sich an unterschiedlichen Stellen ihrer Biographie: Was ist mit Kindern - wenn sie welche will, er aber schon welche hat? Wie stark sind materielle Anreize? Was, wenn er älter wird und Pflege braucht, sie aber noch zu viel Leben vor sich hat, um als Krankenschwester enden zu wollen? Dennoch scheint die junge Frau, die zu ihm aufblickt, manchem Mann das probate Mittel, um den Traum von einer zweiten Jugend wahr werden zu lassen.
„Mein Mädchen macht mich stolz“
52 war etwa der Chemielaborant Horst Wilkens*, als er ein Verhältnis mit seiner 33 Jahre alten Mitarbeiterin Fracasia* anfing. Heute ist er 84 und sitzt neben ihr an dem mit Häkeltischdecke und künstlichen Rosen dekorierten Esstisch in der Eigentumswohnung in Frankfurt-Höchst, und beide erinnern sich gut daran, wie Jugend und Alter aufeinanderprallten. „Diese Uuunterrrhosen!“ ruft Fracasia, inzwischen 65, sie dehnt das U und rollt das R, sie rümpft die Nase und breitet die Arme aus: „Soooo groß waren die!“ Horst, klein und schlank im karierten Hemd, das weiße Haar zum Seitenscheitel gekämmt, schüttelt leicht irritiert den Kopf. Die Theatralik seiner Frau liegt ihm fern. „So schlimm waren die doch wirklich nicht.“