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Abkassiert in Argentinien : Der Paso Doble des Tangolehrers

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Tanz-Stunde: Mag der Tango-Anfänger in Buenos Aires auch manchmal Lehrgeld zahlen, dieses Paar auf der Plaza Dorrego tanzt umsonst

Tanz-Stunde: Mag der Tango-Anfänger in Buenos Aires auch manchmal Lehrgeld zahlen, dieses Paar auf der Plaza Dorrego tanzt umsonst Bild: Adrián Pérez

Der Einheimische bezahlt für eine Tangoshow 180 Pesos, der Ausländer 250. In Argentinien werden ausländischen Besuchern für die gleiche Dienstleistung höhere Preise abverlangt als den Einheimischen - systematisch, aber gegen das Gesetz.

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          Auf der argentinischen Halbinsel Valdés sind die Pinguine wieder da. Sie haben mit dem Brutgeschäft begonnen. Ein Naturschauspiel, das sich im nun beginnenden Sommerhalbjahr auf der Südhalbkugel zu beobachten allemal lohnt. Besuch aus Deutschland sollte den Anlass bieten, sich das wunderliche Massenbrüten der befrackten Vögel wieder einmal anzusehen. Beim letzten Mal waren wir zu spät gekommen. Die Jungtiere waren mit ihren Eltern schon wieder abgereist. Nur ein paar schwächliche und kranke Pinguine waren als Stallwache zurückgeblieben.

          Es gibt genügend Reisepakete zu den Pinguinen von Punta Tombo. Flug von Buenos Aires nach Trelew, Hotel mit Meeresblick, und die Preise scheinen erschwinglich, 1.487 Pesos pro Person, umgerechnet etwa 330 Euro, für Flugticket und drei Nächte im Doppelzimmer. Doch dann kommt die Überraschung. Für den ausländischen, nicht in Argentinien wohnenden Besucher sind für das gleiche Paket 3.636 Pesos zu berappen, 810 Euro.

          Ausländer zahlen mehr

          Der Einzelzimmerzuschlag allein kann es nicht sein, der den Preis um weit mehr als das Doppelte in die Höhe treibt. In Argentinien ist seit der Krise 2001 die Unsitte eingerissen, Besuchern aus dem Ausland für vielerlei Dienstleistungen gegenüber den Einheimischen und „Residentes“ überhöhte Preise abzuknöpfen. Das Geschäft lohnt sich. Im vergangenen Jahr kamen 2,3 Millionen Touristen nach Argentinien. Seit März gibt es ein Verbraucherschutzgesetz, das Gesetz Nummer 24.240, das ausdrücklich verbietet, von Einheimischen und ausländischen Besuchern unterschiedliche Preise für die gleiche Leistung zu verlangen. Bezeichnend ist, dass es überhaupt nötig war, ein derartiges Gesetz zu erlassen.

          Doppeltes Spiel: Zwei Touristinnen vor Straßenkünstlern in Buenos Aires
          Doppeltes Spiel: Zwei Touristinnen vor Straßenkünstlern in Buenos Aires : Bild: Adrián Pérez

          Der Pinguin-Selbstversuch wird durch Berichte argentinischer Medien bestätigt: Das Gesetz hat mitnichten ein Ende der Ungleichbehandlung gebracht. Die Zeitung „Clarín“ schickte einen Reporter und einen Amerikaner in Buenos Aires los, um die Preisunterschiede für klassische touristische Dienstleistungen zu erkunden. Für eine Tangoshow sollte der Einheimische 180, der Ausländer jedoch 250 Pesos bezahlen. Ein Tangolehrer wollte von seinem Landsmann 70 Pesos, von dem Touristen 150 Pesos für die Unterrichtsstunde. Ein bescheidenes Einsternehotel kassierte von dem Amerikaner fast 20 Prozent mehr als von dem Einheimischen. Bei den Inlandsflugtarifen sind deftige Ausländerzuschläge schon seit langem unbeanstandet fester Bestandteil des Tarifsystems.

          Preise je nach Aussehen und Akzent

          Arglose Touristen werden zwar überall gern ausgenommen, doch ist Argentinien das einzige Land Südamerikas, in dem derart unverfroren und systematisch ausländischen Besuchern zusätzlich Geld aus der Tasche gezogen wird. Das Unwesen hatte seinen Anfang genommen, als der Peso 2002 nach der ein Jahrzehnt lang gültigen Bindung zum Dollar im Verhältnis eins zu eins abgewertet wurde. Zuvor war ohnehin kaum ein Tourist mehr ins Land gekommen, weil Argentinien für ausländische Besucher unerschwinglich teuer geworden war. Das hat sich inzwischen gründlich geändert. Die Abwertung und die künstliche Stabilisierung des Peso auf vergleichsweise niedrigem Niveau im Verhältnis zu Dollar und Euro haben aus Buenos Aires eine der billigsten Metropolen der Welt und ein beliebtes Reiseziel gemacht.

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