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Randale in Hamburg : Die Videos der Wut

Bild: Youtube

In Hamburg explodiert die Gewalt. Ein randalierender Mob missbraucht den friedlichen Protest für ungezügelten Hass gegen alles und jeden. Auf Videos haben Hamburger den Ausnahmezustand dokumentiert – es sind erschütternde Szenen.

          2 Min.

          Von Frieden zu Krieg sind es mitunter nur wenige Minuten, wer wüsste das nach dieser Nacht und diesem Freitag besser als die Hamburger. Dass es beim G-20-Gipfel Proteste geben würde, auch gewaltsame, darauf waren sie eingestellt – aber nicht auf dieses Ausmaß, diese Geschwindigkeit. Diesen Hass.

          Oliver Georgi
          Redakteur in der Politik der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung.

          Von Hamburg, so hatte die Bundesregierung gehofft, sollte ein politisches Signal ausgehen, eines der Verständigung, der Bewältigung auch großer Differenzen, des Aufbruchs. Stattdessen ist das Signal jetzt eines der Gewalt:  Brennende Autos, Gewalt gegenüber Polizisten und Anwohnern, eingeschlagene Scheiben, und das alles in einer Brutalität und Gleichgültigkeit, die nicht nur die Hamburger zutiefst erschreckt hat.  

          Die Szenen dieser gleichgültigen Wut verbreiteten sich am Freitag rasend schnell im Netz, und jede für sich macht sprachlos. Der Linienbus in der Elbchaussee, der stehengeblieben ist, weil sich nur wenige Meter vor ihm ein marodierender Mob seinen Weg durch die Stadt bahnt und dabei alles zerstört, was sich ihm in den Weg stellt. Im Bus herrscht Totenstille, während vor den Scheiben vermummte Radikale mit Stöcken und Feuer bewaffnet vorbeiziehen; die Angst, dass der Mob nach den Autos draußen gleich auch die unbeteiligten Insassen im Bus angreifen könnte, ist mit Händen zu greifen. Ein realer Horrorfilm, aufgenommen mitten in einer deutschen Weltstadt, die sich stolz ihrer Liberalität rühmt.

          © Stefan Skibbe
          Der Hamburger Stefan Skibbe hat gefilmt, was der gewaltsame Protest aus seiner Stadt gemacht hat.

          Oder die Szene, die ein Anwohner nicht weit davon vom Balkon seiner Wohnung gefilmt hat: Schwarz vermummte Gestalten ziehen durch die Straße wie eine Todesschwadron, stecken Autos in Brand, werfen Schaufenster ein, in gespenstischem Schweigen. Nicht weit davon entfernt schildern teils verängstigte Anwohner den Reportern, wie sie den Durchzug des Mobs erlebt haben. Wie sie bedroht und angegriffen wurden, wie ihre Autos in Flammen aufgingen, wie hilflos sie sich fühlen angesichts dieser Brutalität.

          Bilder wie aus einem Kriegsgebiet

          Die Bilder, die an diesem Freitag aus Hamburg in die Welt gehen, sind so verstörend, weil sie auch aus einem Kriegsgebiet stammen könnten. In einem Film, der schon am Morgen im Netz kursiert, ist eine Straße nach dem Durchzug der Krawallmacher zu sehen, ein Anwohner hat ihn aus sicherer Entfernung hoch oben von einem Balkon gemacht. Die Luft ist von dickem schwarzem Rauch erfüllt, fast jedes Auto brennt lichterloh, die Straße ist menschenleer.

          Während die Politiker drinnen, in den Messehallen, noch um Kompromisse ringen, hat sich die Stadt draußen vor der Tür in Teilen längst in eine Kampfzone verwandelt. Dass es nur ein Bruchteil der Demonstranten ist, die so brutal vorgehen und die allermeisten Gipfelgegner gleichzeitig friedlich protestieren, gerät angesichts dessen fast in Vergessenheit.

          Ein Signal der Gewalt

          Noch am Nachmittag wachsen auch bei der Hamburger Polizei die Befürchtungen, wie es denn wohl erst in der Nacht zu Samstag werde, wenn die Radikalen durch ihre „Erfolge“ am Freitag womöglich noch ungehemmter randalieren. Mehr als 160 verletzte Polizisten, zahlreiche verletzte Gipfelgegner, unzählige Festnahmen und eine Hamburger Polizei, die am Freitag schon am Mittag um Verstärkung aus anderen Bundesländern bittet, weil sie der Lage allein nicht mehr Herr wird: Das ist die Bilanz der ersten Stunden eines Gipfels, der zu einem Signal der Verständigung werden sollte und, zumindest am Freitag, eines der Spaltung ist. 

          Vielleicht werde es ja gar nicht so schlimm, hatte mancher in hanseatischer Gelassenheit noch vor einigen Tagen gehofft; so wie vor zwei Jahren beim G-7-Gipfel im bayerischen Elmau, wo die schlimmsten Erwartungen sich nicht erfüllt hatten und Krawalle weitgehend ausgeblieben waren. Doch schon da fürchteten viele, dass es in Hamburg anders werden könnte – in dieser Stadt, die neben Berlin wie keine zweite deutsche für eine gewaltbereite linke Randaliererszene steht.

          „Welcome to hell“, so hatten die Initiatoren ihre Demonstration benannt, die sich am Donnerstagabend binnen Minuten radikalisierte und Hamburg in ein Chaos stürzte. Für die Hansestadt ist diese Prophezeiung wahr geworden.

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