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Fotograf Robert Held : Der Reporter mit der Kamera

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Broadway, Los Angeles im Frühjahr 1976: Links eine streikende Betriebsgewerkschaft von "Chicanos", eingewanderte Mexikaner, deren Plakate in Spanisch abgefasst sind. Rechts eine Hare-Krishna-Gemeinde, auf dem Missionsmarsch. Bild: Robert Held

Robert Held gehörte 1949 zur Gründungsredaktion der F.A.Z. Auf seinen Auslandsreisen griff er häufig selbst zur Kamera. Zu seinem 100. Geburtstag zeigen wir eine Auswahl seiner Bilder.

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          Was hat ein Feuilletonist 1956 in einem Konvoi britischer Soldaten in Port Said verloren? Wir wissen es nicht. Aber Robert Held war dort. Nicht nur dort. Er fotografierte in Krisengebieten ebenso wie den unbeschwerten Alltag Kaliforniens. Zurück in Frankfurt, stand er, wenn es die Zeit zuließ, mit seinem Kollegen Friedrich A. Wagner in der Dunkelkammer und fertige selbst die Abzüge seiner Fotos der zahlreichen Reisen an.

          Als gebürtiger Mainzer besuchte Robert Held von 1932 bis 1940 dort das Humanistische Gymnasium. Er studierte in Mainz, wo er promoviert wurde. Weitere Stationen seines Romanistik und Soziologie Studiums waren Paris und das spanische Salamanca. Im Krieg diente er als Funker bei der Abwehr. 1947 schrieb er für die deutsch-französische Kulturzeitschrift „Wort und Tat“, dann für die Allgemeine Zeitung in Mainz. In der F.A.Z. war Held zunächst im Feuilleton, das er von 1962-74 verantwortete und von dort anschließend in die politische Redaktion wechselte. Sitz und Stimme hatte er in der Herausgeberkonferenz. Und er war zuständig für die Fotografen des Hauses.

          Held beschränkte sich jedoch nicht auf das Organisatorische. Regelmäßig schlüpfte er in die Rolle des fotografierenden Reporters. Die Bilder für seine Auslandsberichte – oft in der Beilage „Bilder und Zeiten“ abgedruckt – machte er meist selbst. So staunte unsere Fotografin Barbara Klemm nicht schlecht, als sie auf einer Kundgebung der Partido Comunista Português zur Wahl zur Verfassungsgebenden Versammlung im April 1975, um einen besseren Standort kämpfend, auf Robert Held traf, der sich schon in aussichtsreiche Position gebracht hatte. Auch scheute er nicht davor zurück, wenn die Luft drohte bleihaltig zu werden. Ob während der Suez-Krise oder der türkischen Invasion Zyperns, wo er am letzten Kriegstag durch einen Granatsplitter verwundet wurde.

          Robert Held war sprachgewandt und tauchte tief in die Geschichte der von ihm besuchten Länder ein. Ihm wird eine Vorahnung für kommende politische Veränderungen und Strömungen nachgesagt. Nach kurzer schwerer Krankheit starb er im Alter von 63 Jahren am 14. April 1986. Am 16. Dezember wäre er 100 Jahre alt geworden.

          Viele der folgenden Fotos wurden in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung und in einem posthum erschienenen Buch veröffentlicht:

          Robert Held: Bilder aus der Gegenwart – Große Reportagen, herausgegeben von Johann Georg Reißmüller, München 1987, ISBN: 3-7814-0271-1 (vergriffen)

          Im Vorbeifahren fotografiert: Soldaten der ägyptischen Armee werden Anfang 1972 mit Schilden und Schlagstöcken gegen Studenten eingesetzt. Im September, kurz vor dem Überfall auf die israelische Suez-Front, verfügt die Regierung eine Amnestie.
          Im Vorbeifahren fotografiert: Soldaten der ägyptischen Armee werden Anfang 1972 mit Schilden und Schlagstöcken gegen Studenten eingesetzt. Im September, kurz vor dem Überfall auf die israelische Suez-Front, verfügt die Regierung eine Amnestie. : Bild: Robert Held
          Vertreter des Internationalen Roten Kreuzes im Gespräch mit Jordaniern und Israelis über die Rückführung von Flüchtlingen an der im Sechstagekrieg zerstörten Allenby-Bridge, der Grenze nach Jordanien im Dezember 1967.
          Vertreter des Internationalen Roten Kreuzes im Gespräch mit Jordaniern und Israelis über die Rückführung von Flüchtlingen an der im Sechstagekrieg zerstörten Allenby-Bridge, der Grenze nach Jordanien im Dezember 1967. : Bild: Robert Held
          Friseur am Marktplatz: Seine zahlreichen Reisen führten Robert Held auch nach Afrika, wie hier in 1973 in den Senegal.
          Friseur am Marktplatz: Seine zahlreichen Reisen führten Robert Held auch nach Afrika, wie hier in 1973 in den Senegal. : Bild: Robert Held
          Das Segelboot Pen Duick III eines französischen Bootsbauers am Atlantik 1969
          Das Segelboot Pen Duick III eines französischen Bootsbauers am Atlantik 1969 : Bild: Robert Held
          Kritische Blicke und strenge Kontrollen: Bewohner kontrollieren am 1. Oktober 1984, dem 35. Jahrestag der Gründung der Volksrepublik China, die Zugänge zum Paradeplatz in Peking.
          Kritische Blicke und strenge Kontrollen: Bewohner kontrollieren am 1. Oktober 1984, dem 35. Jahrestag der Gründung der Volksrepublik China, die Zugänge zum Paradeplatz in Peking. : Bild: Robert Held
          Zerstörte Heimat: Die inzwischen in stark veränderter Form wieder aufgebaute Ruine der Kirche Sankt Emmeran in Robert Helds Geburtsstadt Mainz. Das im Juni 1962 veröffentlichte Foto gehört zu den wenigen Aufnahmen in Helds Nachlass, die nicht aus fernen Ländern stammt.
          Zerstörte Heimat: Die inzwischen in stark veränderter Form wieder aufgebaute Ruine der Kirche Sankt Emmeran in Robert Helds Geburtsstadt Mainz. Das im Juni 1962 veröffentlichte Foto gehört zu den wenigen Aufnahmen in Helds Nachlass, die nicht aus fernen Ländern stammt. : Bild: Robert Held
          Britische Soldaten der Kommandoeinheiten durchkämmen mit Panzern während der Suez-Krise 1956 die Straßen der ägyptischen Stadt Port Said.
          Britische Soldaten der Kommandoeinheiten durchkämmen mit Panzern während der Suez-Krise 1956 die Straßen der ägyptischen Stadt Port Said. : Bild: Robert Held
          Überlebensgroßer Che: In einem Kulturhaus in Havanna: das kubanische Farbfernsehen zeigt eine Revue. An der Wand ein Architekturdetail aus der großbürgerlichen Zeit, als dieses Haus an der Plaza der Provinzhauptstadt Matanzas ein Stadtpalais oder ein Club der Plantagenherren war. Daneben Che Guevara als Schachspieler - ein Heiliger der südamerikanischen Revolution.
          Überlebensgroßer Che: In einem Kulturhaus in Havanna: das kubanische Farbfernsehen zeigt eine Revue. An der Wand ein Architekturdetail aus der großbürgerlichen Zeit, als dieses Haus an der Plaza der Provinzhauptstadt Matanzas ein Stadtpalais oder ein Club der Plantagenherren war. Daneben Che Guevara als Schachspieler - ein Heiliger der südamerikanischen Revolution. : Bild: Robert Held
          Robert Held nannte sie Hippies. Die beiden Herren, die hier im Frühjahr 1971 im kalifornischen Monterey am Rande der Cannery Row zu sehen sind, würden sich selbst wahrscheinlich anders bezeichnen.
          Robert Held nannte sie Hippies. Die beiden Herren, die hier im Frühjahr 1971 im kalifornischen Monterey am Rande der Cannery Row zu sehen sind, würden sich selbst wahrscheinlich anders bezeichnen. : Bild: Robert Held
          Robert Held schrieb zu diesem Bild eines baskischen Fischers 1956: "Ich beugte mich durch das Brückenfenster, um zu fotografieren. Unter mir stand auf dem Vorderdeck der Älteste der Mannschaft, drehte sich im schrägen Scheinwerferlicht der Morgensonne eine Zigarette. Er blickte mich unfreundlich an und rief: ’Usted, malo pescado!’ Ja, ich hatte es mir denken können, dass ich für diese böse Nacht mit dem bösen Blick belastet würde. Und in der Tat, ich hatte das Gefühl, als würde eine Schuld mir überantwortet. Aus Verlegenheit drückte ich auf den Auslöseknopf der Kamera. So kam das Bild des alten Fischers zustande."
          Robert Held schrieb zu diesem Bild eines baskischen Fischers 1956: "Ich beugte mich durch das Brückenfenster, um zu fotografieren. Unter mir stand auf dem Vorderdeck der Älteste der Mannschaft, drehte sich im schrägen Scheinwerferlicht der Morgensonne eine Zigarette. Er blickte mich unfreundlich an und rief: ’Usted, malo pescado!’ Ja, ich hatte es mir denken können, dass ich für diese böse Nacht mit dem bösen Blick belastet würde. Und in der Tat, ich hatte das Gefühl, als würde eine Schuld mir überantwortet. Aus Verlegenheit drückte ich auf den Auslöseknopf der Kamera. So kam das Bild des alten Fischers zustande." : Bild: Robert Held
          Alltägliche Unruhen: Brennende Autos gehören im Februar 1973 zum gewohnten Anblick in den Städten Nordirlands.
          Alltägliche Unruhen: Brennende Autos gehören im Februar 1973 zum gewohnten Anblick in den Städten Nordirlands. : Bild: Robert Held
          Am Ostersonntag 1972 paradieren in dem Belfaster Katholikenviertel von Falls Road die Anhänger der IRA. Plötzlich setzten sich an die Spitze des Zuges die Terrorkämpfer selbst. Die Gesuchten und Gejagten, mit dunklen Brillen, schwarzem Barett und britischen Armee-Anoraks.
          Am Ostersonntag 1972 paradieren in dem Belfaster Katholikenviertel von Falls Road die Anhänger der IRA. Plötzlich setzten sich an die Spitze des Zuges die Terrorkämpfer selbst. Die Gesuchten und Gejagten, mit dunklen Brillen, schwarzem Barett und britischen Armee-Anoraks. : Bild: Robert Held
          Rio de Janeiro in Quadraten: Wie erstarrte, steinerne Wogen stehen die Rundhügel über der Küstenstadt.
          Rio de Janeiro in Quadraten: Wie erstarrte, steinerne Wogen stehen die Rundhügel über der Küstenstadt. : Bild: Robert Held
          Robert Held: *16.12.1922 †14.04.1986
          Robert Held: *16.12.1922 †14.04.1986 : Bild: F.A.Z.

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