Migration nach England : Die gefährliche Reise über den Ärmelkanal
- Aktualisiert am
Migranten werden am 24. November 2021 in Dungeness, Großbritannien, an Bord eines RNLI-Rettungsbootes an Land gebracht. Bild: Henry Nicholls / Reuters
Reporter von Reuters haben eine Gruppe von Migranten begleitet, die von Frankreich nach Großbritannien gelangt sind. Es war derselbe Tag, an dem sich im Ärmelkanal eine Tragödie mit 27 Toten ereignet hat.
Von Kälte umarmt, in schwarze Wollmützen und bauschige Mäntel gehüllt, über die Dünen in Richtung Strand: Einige tragen roten Rettungswesten, schleppen das Schlauchboot auf ihren Schultern und Köpfen, unter einem stahlgrauen Novemberhimmel.
Die Regierung in Paris sagt, es arbeite hart daran, illegale Überquerungen des Ärmelkanals zu stoppen, aber die Gruppe von mehr als 40 Menschen, darunter sechs Kindern, die bei Tagesanbruch in der Nähe von Wimereux in Nordfrankreich am Mittwoch ablegte, war nicht aufzuhalten. Vor ihnen lagen kalte Gewässer und eine der belebtesten Schifffahrtsrouten der Welt.
Am Mittwoch dem 24. November 2021, ertranken vor der Küste Nordfrankreichs 27 Menschen, als ihr Schlauchboot kenterte. Es war die bislang größte Katastrophe mit Migranten im Ärmelkanal. Später am Tag erlebten Reporter von Reuters, wie die Gruppe, die in der Nähe von Wimereux ablegte, später von Rettern in Südengland an Land gebracht wurde.
Die Migranten starteten ihren Weg nach Großbritannien kurz nach Sonnenaufgang. Ungefähr 15 Männer trugen das Boot in Richtung Meer. Hinter ihnen schleppten andere den Außenbordmotor. Familien folgten mit ihren Kindern. Ein französischer Polizeiwagen fuhr auf die Gruppe zu, ließ seine Lichter aufblitzen und umkreiste die Migranten beim Versuch, ihnen den Weg zum Meer zu versperren.
Eine Frau mit einem kleinen Kind auf dem Arm stellte sich dem Fahrzeug in den Weg und stieß einen Schrei aus, berichteten die Reuters-Journalisten. Das Polizeifahrzeug hielt an und fuhr kurz darauf weiter, um an einem anderen Teil des Strandes zu patrouillieren. Nachdem die Polizei weg war, setzten die Migranten das Boot in den Sand am Ufer, luden die Kinder ein und schoben es aufs Meer hinaus. Als eine Frau in das beißend kalte Wasser watete, sagte sie zu Reuters: „Go UK“ und schwang eine Plastiktüte mit Habseligkeiten auf ihren Kopf, um sie trocken zu halten.
Hüfthoch in der Brandung zogen sich weitere Menschen auf das Boot, unterstützt von denen, die bereits an Bord waren. Schließlich war das winzige Boot gepackt. Einige der Migranten winkten, als sie die Küste verließen. Stunden später landeten sie in der Nähe von Dungeness, geführt von einem Rettungsboot.