US-Internierungslager Manzanar : Zwischen Stacheldraht und Bergketten
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Der Blick auf die Baracken des Manzanar War Relocation Center in Kalifornien. Bild: Ansel Adams/Library of Congress
Eingebettet zwischen der Sierra Nevada und den Inyo Mountains befindet sich Manzanar – nach dem Angriff auf Pearl Harbor diente der Ort als Internierungslager. Bilder des Fotografen Ansel Adams zeigen das Leben der Menschen dort.
Ursprünglich vom Paiute Stamm bevölkert, begannen weiße Siedler in den 1850er Jahren das Tal zu bebauen und zunächst mit Viehzucht und Erzminen zu bewirtschaften, was letztendlich zur Umsiedlung der Paiute in ein Reservat führte. 1910 begannen Farmer mit dem Anbau von Obst und nannten den kleinen Ort „Manzanar“, der im Spanischen Apfelplantage bedeutet. Wasser für den Anbau bezogen die Farmer aus dem Owens River, welches das Tal zu fruchtbarem Land machte. Da die Stadt Los Angeles sich schon früh die Wasserrechte des Tals sicherte fing die Stadtverwaltung zur etwa gleichen Zeit an das Wasser aufgrund des rapide wachsenden Bedarfs abzuleiten, was 1929 schließlich zum Austrocknen des Flusses und der Aufgabe des Ortes Manzanar führte.
Erst über ein Jahrzehnt später gewann der Ort unter ganz anderen Umständen wieder an Bedeutung: Nach dem Angriff Japans auf Pearl Harbor am 7. Dezember 1941 wurden alle japanischen Staatsangehörige in den USA sowie US-Bürger mit japanischer Abstammung als Sicherheitsrisiko eingestuft. Infolgedessen wurden mehr als 110.000 Menschen aus den US-Staaten Alaska, Washington, Oregon, Kalifornien und einem kleinen Teil in Arizona zwangsweise in sogenannte Internierungslager eingewiesen.
Das erste und kleinste der zehn Internierungslager, die infolge des Angriffs auf Pearl Harbor aufgebaut wurden, entstand in Manzanar. Die ersten Lagerinsassen kamen im März 1942 im „Manzanar War Relocation Center“ an und ab April des selben Jahres stieg die Zahl an Neuankömmlingen auf bis zu 1.000 pro Tag. Zu seinen Hochzeiten hatte das Lager 10.000 Insassen. Auf dem Areal, umgeben von einem acht Kilometer langen Zaun, lebten die Menschen in 36 Blöcken á zwölf Baracken. Die aus Dachpappe bestehenden Gebäude waren mehr als spartanisch eingerichtet, im Sommer zu heiß und im Winter zu kalt, da es nicht genug Gas gab, um die nicht isolierten Räume zu heizen. Der Ort hatte eine Infrastruktur, die vergleichbar mit anderen Orten ähnlicher Größe war. Neben einer Schule gab es unter anderem eine Kirche, verschiedene Geschäfte und ein Krankenhaus. Die Menschen arbeiteten in unterschiedlichen Handwerksbereichen oder auch in der Landwirtschaft, wodurch sich das Lager mit Lebensmitteln wie Gemüse und Fleisch selbst versorgte.
Umgeben von Stacheldraht und Militärpolizei
Nachdem ein langjähriger Mitarbeiter der Eltern des Fotografen Ansel Adams ebenfalls in eines der Lager abgeschoben werden sollte, erregte das für Adams ungerechte und willkürliche Handeln der Regierung seine Aufmerksamkeit. Von der War Relocation Authority beauftragt, besuchte er im Herbst 1943 das Lager und dokumentierte dort das Leben der Menschen. Vor der atemberaubenden Kulisse der Sierra Nevada, die typisch für Ansel Adams ist, da er vor allem für seine schwarz-weiße Landschaftsfotografie bekannt ist, konzentrierte er sich in Manzanar vor allem auf das alltägliche Leben der Menschen im Lager, fotografierte sie in ihren Wohnungen in den Baracken, bei der Arbeit und in ihrer Freizeit.
Die Bilder von Adams wirken auf den ersten Blick fast idyllisch oder gar wie aus einer Szene eines romantisierenden Heimatfilms. Während die Zustände im Lager weit entfernt von einer Idylle und die Menschen alles andere als frei waren, wollte Adams dem Betrachter diese Wirklichkeit wohl nicht vorenthalten. Vielmehr versuchte er wahrscheinlich die Würde der Insassen durch seine Darstellung wiederherzustellen. Durch die unrechtmäßige Umsiedlung wurden die Insassen gezwungen, ihr bisheriges Leben von heute auf morgen hinter sich zu lassen und von nun an in einem Ort zu leben, den sie nicht verlassen konnten und an dem sie von vorne beginnen mussten. Von Stacheldraht und patrouillierender Militärpolizei umgeben, hatte auch die Lager-eigene Zeitung Manzanar Free Press“ aufgrund von Zensur, hingegen ihres Namens, nichts mit freier Presse zu tun und die unzähligen Missstände führten immer wieder zu teilweise tödlichen Protesten.
Der letzte Insasse „Manzanars verließ das Lager am 21. November 1945. Obwohl die Menschen unter Zwang der Regierung 1942 in die Lager geschafft wurden, erhielten sie bei der Schließung lediglich 25 Dollar (heute ca. 376 Dollar) und mussten sich selbst um die Rück- bzw. Hinreise zu ihrem neuen Ziel kümmern. Die meisten verließen die Lager freiwillig, doch auch eine nicht unerhebliche Zahl an Bewohnern weigerte sich, das Lager zu räumen, da sie außerhalb keinen Ort und keine Besitztümer mehr hatten, zu denen sie zurückkehren konnten. Erst im Jahr 1988 verabschiedete der US-Kongress den „Civil Liberties Act“, der das unrechtmäßige Handeln der Regierung in Bezug auf die zwangsvollzogene Umsiedlung festlegte und jedem japanischen Amerikaner, der während des 2. Weltkrieges Ungerechtigkeit erfahren hatte 20.000 Dollar an Reparationen zusprach.
Heute erinnert die „Manzanar Historic Site“ entlang des U.S. Highway 395 an das Lager und die Ungerechtigkeit, welches die Bewohner des Lagers im zweiten Weltkrieg erfahren haben. Der Großteil der Baracken wurde abgerissen, jedoch blieben zwei zu Aufklärungszwecken stehen und dienen heute als Ausstellungsorte, um Besuchern die Geschichte des Lagers und der dort lebenden Menschen zu vermitteln.