Zentralbanken : Futter für die Aktienkurse
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Aktienhändler sitzen auf dem Parkett an ihren Arbeitsplätzen in Frankfurt. Bild: dpa
Nicht nur der Zinsentscheid, sondern auch die Verlautbarungen der amerikanischen Notenbank, haben die Hoffnungen der Aktienanleger sprießen lassen. Das erwartungsgemäße Handeln der EZB hat sie nicht gebremst. Mahner gibt es aber dennoch.
Der Zinsentscheid der amerikanischen Notenbank Fed hat die Hoffnung auf eine etwas weniger straffe Geldpolitik am deutschen Aktienmarkt geschürt. Die erwartungsgemäße Anhebung der Zinsen durch die Bank of England und die Europäische Zentralbank stand dem nicht im Weg. Am Nachmittag lag der F.A.Z.-Index 1,8 Prozent im Plus. Mit 2479 Punkte erreichte er den höchsten Stand seit dem vergangenen April. Der Dax lag mit 15.416 Punkten zuletzt 1,5 Prozent im Plus und erreichte damit seinen höchsten Stand seit fast einem Jahr.
Wie erwartet erhöhte die Fed ihren Leitzins um 0,25 Prozentpunkte und stellte eine weitere geldpolitische Straffung in Aussicht. In New York sprang der S&P-500 am Vorabend daraufhin von 4040 bis auf 4149 Zähler und schloss rund 1 Prozent fester mit 4119 Punkten. Der Technologiewerteindex Nasdaq-100 legte mehr als 2 Prozent auf 12.363 Stellen zu, auch gestützt von besser als erwarteten Geschäftszahlen des Social-Media-Konzerns Meta, dessen Aktienkurs nachbörslich dann um 20 Prozent zulegte.
Die Augen sind im weiteren Verlauf am Donnerstag nun vor allem auf die Europäische Zentralbank (EZB) gerichtet, die am Nachmittag ihren Zinsentscheid bekannt geben wird. Viele Bankvolkswirte rechnen damit, dass deren Leitzinsen um weitere 0,5 Prozentpunkte steigen.
Die Bank of England erhöhte am Mittag ihren Leitzins um weitere 0,5 Prozentpunkte auf 4,0 Prozent. Bankvolkswirte hatten den Schritt überwiegend erwartet. Es ist die zehnte Zinserhöhung seit Ende 2021. Seinerzeit hatte der Zins noch knapp über der Nulllinie gelegen. Die Bank of England zeigt sich aber weniger energisch in Sachen künftiger Inflationsbekämpfung. Weitere Zinsanhebungen seien angezeigt, soweit mehr anhaltender Inflationsdruck festgestellt werde. Nach der Zinserhöhung wertete das Pfund auf zuletzt 1,2315 Dollar ab.
Weniger euphorisch zeigen sich die Renten- und Devisenmärkte. Die Rendite der zehnjährigen Bundesanleihe fiel zwar zu Handelsbeginn von 2,29 auf 2,23 Prozent, dann aber setzten Verkäufe ein, und die Rendite zog auf zuletzt 2,65 Prozent wieder an. Der Euro wertete am Vorabend zunächst von weniger als 1,09 Dollar bis auf 1,1033 Dollar auf, wird aber aktuell auch nur noch mit 1,0973 Dollar gehandelt.
Es sei weniger der Zinsschritt als die darauffolgende Erklärung der Fed gewesen, die die Märkte bewegt habe, sagt Laura Frost, Investment Director im Anleiheteam von M&G. So locker sei die Notenbank seit 2018/19 nicht mehr aufgetreten. Damit sei klar, dass man sich dem Ende des Zinserhöhungszyklus nähere. Zwar habe Notenbankpräsident Powell gesagt, die Notenbank benötige noch „wesentlich mehr Beweise dafür, dass die Inflation nachhaltig sinkt“, aber er habe die Möglichkeit von Zinssenkungen um 50 Basispunkte gegen Ende 2023 nicht weiter infrage gestellt.
Anderer Ansicht ist Jason Greenblath, Leiter des Corporate Credit Research von American Century Investments. Er rechnet mit zwei weiteren Zinserhöhungen bis auf 5,00 bis 5,25 Prozent. Sobald die Fed diese „Terminal Rate“ erreicht haben werde, müsse sie dieses hohe Niveau halten, um die Inflation unter Kontrolle zu halten. Powell habe betont, dass noch viel zu tun sei und man noch einen langen Weg vor sich habe und es sehr verfrüht wäre, den Sieg zu verkünden. Der Arbeitsmarkt sei nach wie vor sehr angespannt, und die Verbraucher befänden sich nach wie vor in einer starken Position. Die Wahrscheinlichkeit einer Rezession liege bei etwa 60 Prozent, und sie werde wohl in der zweiten Hälfte des Jahres eintreten. Die Bewertungen in verschiedenen Anlageklassen spiegeln jedoch ein Rezessionsszenario nicht wider.
Der Aktienkurs der Deutschen Bank fiel um knapp 2 Prozent. Analystin Anke Reingen von der kanadischen Bank RBC sprach von „durchwachsenen Resultaten“. Die Bank erzielte 2022 zwar den höchsten Gewinn seit 15 Jahren, profitierte aber auch von einem positiven Steuereffekt. Der Aktienkurs der DWS, der Fondsgesellschaft der Deutschen Bank, fiel nach der Vorlage von Quartalszahlen um mehr als 5 Prozent.
Der Kurs des Chipkonzerns Infineon stieg um knapp 8 Prozent. Das Unternehmen zehrt von einer robusten Nachfrage durch die Energiewende und die Elektromobilität. Auch Aktien des Halbleiterkonzerns Siltronic gewannen mehr als 8 Prozent an Wert. Der Wafer-Hersteller wuchs 2022 stark und gab für 2023 laut Händlern einen „ordentlichen“ Ausblick. 5,7 Prozent beträgt das Plus der Aktie von Siemens Healthineers. Vor allem der Ausblick hatte es Anlegern angetan.
Auch Immobilienaktien verbuchten deutliche Kursgewinne. Die vorsichtige Tendenz, dass die Zinsen künftig womöglich nicht mehr so stark angehoben werden und sogar eine Zinsanhebungspause oder Zinssenkungen eintreten könnten, sorge für Auftrieb, hieß es aus dem Handel. Aroundtown und TAG Immobilien gewannen um 8 Prozent, Vonovia mehr als 6 Prozent.