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Kreditaufnahme : Wie Fintechs zur Entwicklungshilfe beitragen sollen

Finanzplatz Monrovia: In Liberien bezahlen viele nur mit dem Handy. Bild: dpa

Die digitalen Bankdienste gelten als angesagt und innovativ. Auch die Bundesregierung entdeckt jetzt ihre Möglichkeiten und will sie beim G20-Treffen ausloten lassen.

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          Einen der wichtigsten Schritte auf dem Weg zu einem erfolgreichen Fintech hat Thierry Sanders schon hinter sich: Er ist einmal gescheitert. Mit Hilfe einer digitalen Mikrofinanzierungs-Plattform wollte er in Indonesien die reiche Mittelschicht aus der Hauptstadt Jakarta mit den Millionen Kleinstunternehmern auf dem Land zusammenbringen, die Kredite benötigen. Die einen hätten dadurch eine attraktive Anlageform für ihr Geld gefunden, die anderen günstige Darlehen - was Crowdfunding-Plattformen in Deutschland auch versprechen.

          Tim Kanning
          Redakteur in der Wirtschaft.

          Doch Sanders wurde schnell klar: Die Plattform zieht Betrüger an. Die Bonitätsprüfung, mit der das Investment für die Anleger einigermaßen sicher gemacht werden soll, haben viele Kreditnehmer ausgetrickst. Nach kurzer Zeit musste er die Reißleine ziehen. Inzwischen kümmert sich sein Fintech-Unternehmen Mekar vor allem darum, Kleinstunternehmer über Facebook für die Kreditaufnahme zu begeistern und in verschiedenen Schritten auszuloten, wie viel Geld sie benötigen könnten, um ihr Unternehmen voranzubringen. Den eigentlichen Kreditprozess und das Risikomanagement übernehmen etablierte Finanzinstitute. Mekar macht dann diese Mikrokredite investierbar für Anleger. Eine Million Kleinstunternehmern habe man so inzwischen Finanzierungen zwischen 2000 und 50.000 Dollar vermittelt.

          Angebote sind oft günstiger

          Die Geschichte, die Sanders am Freitag auf einem Workshop im Rahmen der deutschen G-20-Präsidentschaft in Frankfurt erzählte, zeigt zweierlei: Zum einen eignen sich die Methoden der jungen Finanztechnologen offenbar, um auch in abgelegenen und wenig entwickelten Gegenden der Welt Bankdienstleistungen anzubieten. Zum anderen müssen gerade in weniger entwickelten Ländern aber hohe Risikokontrollen ausgearbeitet werden. Handys, Internet und Facebook haben sich in vielen Regionen der Welt rasend schnell auch jenseits der großen Ballungsräume verbreitet - das mobile Bezahlen mit dem Handy ist nicht von ungefähr in Afrika viel weiter verbreitet als in Deutschland.

          Wie sich die Vorteile der neuen Finanztechnologien dafür nutzen lassen, auch in den ärmsten Ländern die wirtschaftliche Entwicklung voranzutreiben, die Frage hat Deutschland mit auf die Agenda seiner G-20-Präsidentschaft in diesem Jahr gesetzt. Für Jens Spahn (CDU), Staatssekretär im Bundesfinanzministerium, ist klar: „Fintechs können wirklich helfen, die wirtschaftliche Entwicklung zu fördern.“ Das Internet und Smartphones machten es nicht nur möglich, dem Farmer in Südamerika Bankdienstleistungen anzubieten, sagte er am Rande der Veranstaltung am Freitag.

          Die Angebote der Fintechs sind oft auch günstiger, so dass sie auch für die ärmere Bevölkerung erschwinglich wären. Spahn nannte Robo Advisor, also die automatisierte Bankberatung, als ein Beispiel. Richtige Bankberatung bekämen Kunden schließlich auch in westlichen Ländern oft erst ab einer Anlagesumme von ein paar hunderttausend Euro. Die Computerprogramme, die ihren Nutzern nach der Beantwortung weniger Fragen zumeist ein Portfolio aus verschiedenen passiven Indexfonds zusammenstellen, könnten auch schon bei weit kleineren Anlagesummen genutzt werden.

          Alternative zu horrenden Zinssätzen

          In der Entwicklungshilfe will Deutschland künftig mehr darauf setzen, kleine und mittlere Unternehmen in den Zielländern zu fördern. „Wir müssen uns viel stärker darauf konzentrieren, ein gutes Geschäftsumfeld für kleine und mittlere Unternehmen zu schaffen, anstatt große Investitionen zu stemmen“, sagte Thomas Silberhorn (CSU), Staatssekretär im Entwicklungshilfeministerium. Die Kleinunternehmen seien es schließlich, die Wachstum und Arbeitsplätze direkt in den ländlichen Gegenden schafften. Ein Problem etwa in Afrika sei, dass viele Leute dort den lokalen Einrichtungen nicht vertrauten - wer dort Geld verdiene, trage es oft ins Ausland, anstatt es in der lokalen Wirtschaft zu lassen. „Technologie kann der Booster für die wirtschaftliche Entwicklung in den Entwicklungsländern sein“, sagte auch Ingrid Hengster, Vorstandsmitglied der staatlichen Förderbank KfW, in deren Räumen die Veranstaltung stattfand.

          Neben Sanders mit seinem Crowdinvesting in Indonesien stellten sich noch drei weitere Unternehmer vor, die weitgehend in die Kategorie Fintech fallen. Awamo zum Beispiel versucht ein einheitliches digitales Programm zu verbreiten für die sage und schreibe 24.000 Mikrofinanzgeber, die das Unternehmen in den afrikanischen Ländern südlich der Sahara ausgemacht hat. Diese Mini-Banken bestünden oft nur aus einigen Mitarbeitern, welche die Vergabe von Kleinstkrediten an die Unternehmen am Ort oft komplett auf Papier erledigten - teils zu horrenden Zinssätzen von bis zu 7 Prozent in der Woche, wie Awamo-Gründer Roland Claussen sagte. Diese Prozesse zu digitalisieren und zu standardisieren könnte in seinen Augen viele Kosten sparen und auch den Vertrieb weiterer Finanzdienste vereinfachen.

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