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Scherbaums Börse : Warum 2022 ein Gold-Jahr werden könnte

  • -Aktualisiert am

Goldbarren im Tresor eines Bankhauses Bild: Imago

Von den Rahmenbedingungen her war 2021 ein tolles Gold-Jahr. Am Ende reichte es dennoch nicht für Gewinne – diverse Sondereffekte verhagelten die Bilanz. Das könnte sich im nächsten Jahr aber ändern.

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          Grundsätzlich war das Börsenjahr 2021 von Anfang an wie geschaffen für eine solide Anlage in Gold. Das Umfeld war geradezu ideal für den „sicheren Hafen“ unter den Investments. Wir hatten rund um den Globus explodierende Staatsschulden, ein historisch niedriges Zinsniveau, ein paar nicht zu verachtende geopolitische Unruhegebiete, Unsicherheit durch die Corona-Pandemie – und nicht zuletzt steigende Inflationsraten.

          In Deutschland lag die jährliche Teuerungsrate im November laut dem Statistischen Bundesamt bei 5,2 Prozent und damit so hoch wie schon seit fast 30 Jahren nicht mehr. In den Vereinigten Staaten kletterte die Inflationsrate sogar mit 6,8 Prozent nahezu auf ein Vierzigjahreshoch. Eigentlich hätte dieser Mix für ein gutes Gold-Jahr sprechen müssen. Doch nun, so kurz vor Ladenschluss des Jahres, blicken Goldpreis-Bullen wohl eher enttäuscht auf die Preisentwicklung des gelben Edelmetalls.

          Enttäuschendes Jahr für Gold-Anleger

          Während Aktienindizes wie Dow Jones und Dax auf neue Rekordstände kletterten und 2021 mit kräftigen Kursgewinnen abschließen dürften, verzeichnet der in Dollar notierte Goldpreis seit Jahresanfang sogar ein Minus von zeitweise sechs Prozent. Dies ist auch deshalb enttäuschend, weil das Jahr 2020 angesichts der Unsicherheiten rund um Covid-19 Investoren dazu verleitet hatte, sich kräftig mit Gold einzudecken. Im Vorjahr hatte Gold noch einen Wertzuwachs von rund 25 Prozent erzielt. Zudem hatten die Notierungen zeitweise zum ersten Mal überhaupt die magische Marke von 2000 Dollar geknackt und neue Rekordwerte verbucht.

          FAZ.NET-Kolumnist Christoph Scherbaum ist Börsenfachmann und arbeitet als Finanzjournalist aus Ludwigsburg.
          FAZ.NET-Kolumnist Christoph Scherbaum ist Börsenfachmann und arbeitet als Finanzjournalist aus Ludwigsburg. : Bild: Christoph Scherbaum

          Einen Grund für die schwache Preisentwicklung von Gold in diesem Jahr sieht Carsten Mumm, Chefvolkswirt der Privatbank Donner & Reuschel, in der schwachen konjunkturellen Erholung nach der Corona-Rezession in vielen Schwellenländern – deren Bevölkerungen aber zu den wichtigsten Goldschmuckkäufern gehören. „Mit Blick auf 2022 sprechen aber einige Argumente für wieder steigende Kurse.“

          Trotz erster Leitzinsanhebungen einiger Notenbanken und voraussichtlich steigender Zinsen für Staatsanleihen dürften laut Mumm angesichts des anhaltend stark erhöhten Inflationsdrucks tief negative Realzinsen verbreitet bleiben.

          Anzeichen für steigende Gold-Kurse

          Mit Blick auf die Aktienmärkte ergänzt der Volkswirt, dass hier „wie schon seit Herbst schwankungsreichere Verläufe zu erwarten“ sind, da es unsicher sei, „wie schnell sich die Hauptbelastungsfaktoren, die Corona-Beschränkungen und vor allem die Staus vor großen Containerhäfen auflösen und gleichzeitig die Inflation die Konsumlaune vieler Menschen eintrübt.“ Für das zweite Halbjahr 2022 sei hingegen mit einer konjunkturellen Aufhellung zu rechnen, von der auch Schwellenländer stärker profitieren sollten. „Einige Anzeichen deuten also auf bessere Zeiten für Goldanleger hin.“

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          Für Benjamin Louvet, Fondsmanager bei OFI Financial Investment, bleibt Gold nach wie vor attraktiv – auch wenn sich das Edelmetall seit dem Verlassen des Allzeithöchststandes bei 2063 Dollar aktuell im Abwärtstrend befindet. Der Markt rechne, so Louvet, bereits weitgehend mit wachstumsbedingten Zinserhöhungen. Das Risiko bestehe seiner Meinung nach, dass „diese Erwartungen nicht erfüllt werden und die Märkte dann stark korrigieren“. Der Markt unterschätze, dass die amerikanische Notenbank allmählich anerkenne, „dass es sich nicht um eine vorübergehende Preissteigerung handelt. Dies veranlasst uns, das Preisziel für Gold im Jahr 2022 hoch anzusetzen, und zwar auf über 2000 US-Dollar pro Unze.“

          Kommt die nächste Gold-Rallye?

          Der Blick auf die nüchterne Charttechnik kann diese Einschätzung durchaus bestätigen und die derzeitige Konsolidierung könnte den Grundstein für die nächste Gold-Rally legen. Die dazu nötigen Kaufsignale würde es geben, wenn der Ausbruch über die 2021er-Tops vom Juni (1921 Dollar) und vom Januar (Jahreshoch von 1962 Dollar) gelingt. In diesem Fall wäre der Weg wieder frei bis zum jüngsten Rekordhoch vom August 2020 bei 2071 Dollar.

          Wer als Gold-Fan noch höhere Kurse sehen will, muss hoffen, dass diese 2071 Dollar-Kursbarriere überwunden wird. Dann könnte ein langfristiger Gold-Bullenmarkt starten, den es zuletzt zwischen 2001 und 2011 gegeben hatte. Das nächste große Kursziel würde sich dabei auf die runde 3000-Dollar-Marke stellen. Andererseits sagte einst schon der verstorbene Börsen-Altstar André Kostolany: „Spekulieren kann jeder. Es zur richtigen Zeit zu tun – das ist die Kunst“. Gold sollte bei besagten Spekulationen außen vor bleiben, letztlich dient es vielen Anlegern als solide und überschaubare Depotbeimischung, mehr aber wohl auch nicht.

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