Nach hohen Jahresgewinnen : Warnschuss von J.P. Morgan für die Bankenbranche
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Im Spiegel der Realität: Die New Yorker Bankenwelt stellte am Freitag ihre Geschäftszahlen vor. Bild: Reuters
Die größte US-Bank dämpft die Erwartungen an das Zinsgeschäft im Jahr 2023. Dabei ist es durch die 2022 gestiegenen Zinsen gerade erst wieder so richtig interessant geworden, wie auch die am Freitag vorgelegten Jahresgewinne von Bank of America und Citigroup zeigen.
Die großen US-Banken setzen oft den Ton für die Finanzbranche und spielen gemessen an ihren Gewinnen in einer eigenen Liga. Das hat sich am Freitag abermals gezeigt, als die drei großen Banken J. P. Morgan , Bank of America und Citigroup als erste börsennotierte US-Unternehmen ihre Zahlen zum vierten Quartal 2022 und damit gleichzeitig auch für das Gesamtjahr 2022 vorlegten. Zwei von ihnen verdienten allein im vierten Quartal wieder mehr, als etwa der mittlerweile wieder in guter Verfassung befindlichen Deutsche Bank AG im Gesamtjahr 2022 zugetraut wird.
Die größte US-Bank J. P. Morgan schraubte dank eines Quartalsnettogewinns von glatt 11 Milliarden Dollar (10,2 Milliarden Euro) das Jahresergebnis auf 37,7 (2021: 46,5) Milliarden Dollar. Die Bank of America verdiente nach Steuern im vierten Quartal 7,1 Milliarden Dollar und hob damit ihren Jahresgewinn auf 27,5 (2021: 32) Milliarden Dollar. Citigroup, die Dritte im Bunde, erzielte einen Quartalsgewinn von 2,5 Milliarden Dollar und steigerte damit ihren Jahresgewinn auf 14,8 (2021: 21,9) Milliarden Dollar.
Schwaches Investmentbanking
Die Gewinnrückgänge im Jahresvergleich von 32 Prozent (Citigroup) bis 14 Prozent (Bank of America) hatten sich schon in den vergangenen Monaten abgezeichnet. Vor allem Banken mit starkem Investmentbankinggeschäft litten unter dem geringen Beratungsbedarf der Unternehmenskunden, die 2022 selten einen Börsengang oder den Kauf eines Wettbewerbers vollzogen.
Auch im Vergleich zwischen dem vierten Quartal 2022 und dem vierten Quartal 2021 sanken die Einnahmen im Investmentbanking bei Marktführer J. P. Morgan um 52 Prozent und bei der Bank of America (Bofa) um 54 Prozent. Damit dürften die Boni an der Wall Street, die traditionell im Februar für das zurückliegende Jahr an Investmentbanker ausgeschüttet werden, um rund 40 Prozent sinken.
Neues Sorgenkind Zinsgeschäft
Wichtiger als die Fortsetzung des schwachen Trends im Investmentbanking war für die US-Börse am Freitag aber, dass die US-Banken – allen voran J. P. Morgan – die Erwartungen an den Zinsüberschuss in 2023 dämpften. „Das ist ein Warnschuss für die gesamte Finanzindustrie“, schrieben die Analysten der Schweizer Bank UBS über die vom Vorstand von J. P. Morgan am Freitag als neues Ziel für 2023 genannten 73 Milliarden Dollar an Einnahmen aus dem Zinsgeschäft. Dies sei enttäuschend, habe J. P. Morgan doch allein im vierten Quartal einen Zinsüberschuss von 20,3 Milliarden Dollar erreicht.
Die Analysten der UBS verweisen zudem darauf, dass alle Analysten im Durchschnitt J. P. Morgan bisher für 2023 einen Zinsüberschuss von 75,5 Milliarden Dollar zugetraut hätten, die optimistischeren sogar 77 Milliarden Dollar. Entsprechend groß sei nun das Rückschlagspotential für den Aktienkurs des Instituts, der sich in den vergangenen sechs Monaten um 23 Prozent auf rund 140 Dollar erholt hat. Am Freitag allerdings geriet die Aktie zu Handelsbeginn unter Druck, drehte aber im späteren Handelsverlauf ins Plus
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Der Zinsüberschuss ist die wichtigste Einnahmequelle für Banken mit Kreditgeschäft für Privat- und Firmenkunden. Auf das bei Banken geparkte Geld (Einlagen) werden in der Regel weniger Zinsen als auf ausgelegte Kredite gezahlt, sodass die Banken hier eine Marge erzielen. Dass jetzt US-Banken die Erwartungen der Analysten an diese Zinsmarge herunterschrauben müssen, ist insofern für die gesamte Bankenbranche interessant, als dieses Geschäft 2022 erst wieder so richtig interessant geworden ist.