Nachhaltige Finanzen : Versicherer richten ihre Strategie auf Menschenrechte und Klima aus
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Erste Versicherer unterstützen die Umstellung auf E-Mobilität mit einem Technologiezuschuss in der Kaskoversicherung. Bild: Patrick Slesiona
Der Nachhaltigkeitsreport einer Ratingagentur zeigt, dass Versicherer den eigenen Betrieb, die Kapitalanlage und Produkte stärker auf ökologisch-soziale Aspekte ausrichten.
Dem Trend zu einer nachhaltigeren Geldanlage verschließt sich auch die Versicherungswirtschaft nicht. Wie der ESG-Report 2023 der Ratingagentur Franke & Bornberg zeigt, bemühen sich viele Branchenteilnehmer von der Produktgestaltung über Investitionen bis zum eigenen Betrieb verstärkt, Emissionen einzusparen und ressourcenschonender zu wirtschaften. „Insbesondere die Vergleiche mit den Vorjahren lassen einen deutlich positiven Trend erkennen“, schreiben die Autoren des Berichts. ESG steht für die englische Abkürzung für Umwelt, Soziales, Unternehmensführung.
Inzwischen sei ein Transformationsprozess der Branche zumindest bei den 28 Unternehmen, sich per Fragebogen haben überprüfen lassen, deutlich zu erkennen. Sie stehen für etwa die Hälfte der Beitragseinnahmen in der deutschen Assekuranz. Das Potenzial, durch einen Fokus auf Nachhaltigkeit innovativ zu sein, zeigt sich in der Produktgestaltung. Verschiedene Versicherer integrieren zum Beispiel in Wohngebäudepolicen ein Element, dass der CO2-Ausstoß durch einen Brand kompensiert wird.
Die Zurich hat in ihrer Firmen-Gebäudepolice Mehrkosten durch ökologischere Baustoffe bei einer Reparatur eingeschlossen. In der Hausratversicherung zahlt die Arag 130 Prozent des Versicherungswerts, wenn sich Versicherte statt für einen Neukauf für eine Reparatur entscheiden. Und die Universa zahlt einen Technologiezuschuss, wenn ein Auto nach einem Schaden ersetzt wird und der Kunde auf Elektromobilität oder Wasserstoffantrieb umsteigt.
Investitionsmilliarden haben starke Wirkung
Einen großen Hebel sehen die Autoren in der Kapitalanlage. Immerhin verwalteten deutsche Versicherer im Jahr 2021 gut 1,8 Billionen Euro. Eine Mehrheit der Unternehmen arbeite mit Negativkriterien. Viele schlössen Investitionen in Staaten und Unternehmen aus, die gegen Menschenrechte verstoßen. 57 Prozent der Versicherer kauften keine Staatsanleihen von Ländern, denen solche durch Amnesty International nachgewiesen wurden. Die Hälfte der Befragten orientierten sich am jährlichen Bericht der Organisation „Freedom House“. Für 46 Prozent ist Kinderarbeit ein Ausschlusskriterium, 43 Prozent richten sich nach dem Korruptionsindex von Transparency International und haben Ausschlüsse definiert.
Investitionen in Unternehmen, die geächtete Waffen herstellen, haben 82 Prozent der Versicherer im Report ausgeschlossen. In unterschiedlicher Intensität ziehen sich Unternehmen aus Kohleaktivitäten zurück. Derzeit sind Toleranzschwellen von 10 bis 30 Prozent des Gesamtumsatzes aus fossilen Aktivitäten weit verbreitet. Liegt ein Unternehmen über dem Wert, kommt es für ein Investment nicht mehr in Frage.
Für eine andere Strategie nachhaltiger Geldanlage steht einigen Unternehmen die mangelnde eigene Größe im Weg. Immerhin 60 Prozent der Gesellschaften machen von ihrer Möglichkeit Gebrauch, über das Stimmrecht Einfluss auf Unternehmen auszuüben, in die sie investiert haben. Aber nur 40 Prozent suchen das direkte Gespräch mit dem Management.
Mehr lässt sich im Hinblick auf den eigenen Versicherungsbetrieb erreichen. So zeigt sich bei wesentlichen Kennzahlen über die vergangenen drei Jahre, seit es den Report gibt, eine sichtliche Verbesserung: 78 Prozent der Versicherer heizen für ihre Mitarbeiter teilweise mit erneuerbarer Energie. Drei Viertel beziehen ausschließlich Ökostrom. Abfall- und Papiermengen gehen kontinuierlich zurück. Dass es in diesen einfacher umzustellenden Bereichen im eigenen Betrieb vorangeht, mag mit der Vergütung von Managern zu tun haben. 15 von 28 Versicherern koppeln sie mindestens teilweise auch daran, dass Nachhaltigkeitsziele erreicht werden. Branchenberichte wie dieser stellen zumindest ein wenig Transparenz her.