Zinswende : Wohneigentum bleibt begehrt
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Mehrere Einfamilienhäuser entstehen am Leipziger Stadtrand. Häuser und Wohnungen in Deutschland haben sich 2022 das vierte Quartal in Folge um mehr als zehn Prozent verteuert. Bild: dpa
Inflation und steigende Zinsen bremsen den Immobilienboom. Doch die Sparda-Banken beobachten ein ungebrochen hohes Interesse ihrer Kunden.
Die Baufinanzierungen haben sich im Zuge der Zinswende deutlich verteuert. Der Zins für zehnjährige Immobilienkredite ist seit Anfang des Jahres von einem auf mehr als 3 Prozent gestiegen. Doch die stark in der Baufinanzierung tätigen Sparda-Banken beobachten unter ihren Kunden einen ungebrochenen Wunsch nach Wohneigentum. Auf der Pressekonferenz am Mittwoch in Frankfurt sagte Florian Rentsch, Vorstandsvorsitzender des Verbands der Sparda-Banken: „Das Interesse an einer Immobilie ist weiterhin sehr hoch, wichtig ist aber eine vorausschauende Planung für die langfristige Finanzierung.“
Die langfristige Zinsbindung der Immobilienfinanzierungen betrachtet Michael Voigtländer, Leiter des Kompetenzfeldes Finanzmärkte und Immobilienmärkte beim Institut der deutschen Wirtschaft (IW), als wichtigen Stabilitätsfaktor. Aufgrund der Sollzinsbindung seien die Risiken der Anschlussfinanzierung moderat, sagte er auf der Veranstaltung. Eine Phase der Preiskorrekturen am Immobilienmarkt sei noch nicht zu erkennen. Diese dürfte nach Einschätzung von Voigtländer erst ab einem Bauzins in Richtung 4 Prozent zu erwarten sein. Aufgrund fallender Reallöhne und steigender Zinsen sei der Boom im Wohnimmobilienmarkt erst einmal vorbei.
Anschlussfinanzierungen sind verkraftbar
„Auf den Boom folgt aber kein Crash, sondern eher eine Phase mit langsamen oder stagnierenden Mieten und Preisen“, lautet Voigtländers Prognose. Während in anderen europäischen Märkten Phasen mit steigenden Zinsen zu massenhaften Zwangsvollstreckungen führen können, hält er die Anschlussfinanzierungen für deutsche Haushalte auch bei steigenden Zinsen für verkraftbar, weil sie überwiegend Kredite mit langer Zinsbindung und hoher Tilgung abschließen.
Verbandspräsident Rentsch kündigte an, dass die Verwahrentgelte für Kunden dank der positiven Entwicklung am Zinsmarkt zeitnah abgeschafft werden sollen. Einige der elf Sparda-Banken, die zudem dem Bundesverband der Volks- und Raiffeisenbanken (BVR) angehören, haben die negativen Zinsen auf hohe Guthaben von Kunden schon am 1. Juli gestrichen. Im November 2021 sorgte ein Urteil des Landgerichts Berlin für Aufsehen, das die Verwahrentgelte der Sparda-Bank Berlin für unzulässig erklärte. Nach Ansicht der Richter ist die Berechnung eines Verwahrentgelts für Girokonten „mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung nicht zu vereinbaren“. Dagegen legte die Sparda-Bank Berufung ein.
Zulässige Verwahrentgelte
Rentsch zeigte sich nun zuversichtlich, dass die nächste Instanz die Verwahrentgelte als zulässig einstuft. Er hält diese für eine direkte Folge des noch immer negativen Einlagenzinses der Europäischen Zentralbank (EZB). Für ihre bei der Notenbank geparkten Mittel müssen die Banken einen negativen Zins von 0,5 Prozent zahlen. Der frühere Verfassungsrichter Paul Kirchhof hatte vor einem Jahr in einem Gutachten für die Sparda-Banken die Negativzinsen der EZB als verfassungswidrig eingestuft.
Rentsch schloss sich der am Vortag von BVR-Präsidentin Marija Kolak geäußerten Aufforderung an, die EZB soll auf ihrer Ratssitzung am 21. Juli die Zinsen um 0,5 und nicht nur um 0,25 Prozentpunkte erhöhen. Würde sich die EZB wieder auf ihr Kernmandat, die Sicherung der Preisstabilität konzentrieren, wäre schon viel gewonnen, sagte er. Im Juni hatte er die Absicht der EZB, die Negativzinsen erst im September zu beenden, „gerade aufgrund der unfassbaren Inflation“ für „nicht objektiv erklärbar“ kritisiert. Auf die Kritik an der EZB, in ihrer Geldpolitik zu stark die Lage in hoch verschuldeten Ländern wie zum Beispiel Italien zu berücksichtigen, und an ihren Plänen zu einem Antifragmentierungsinstrument ging Rentsch nicht näher ein.
Angesichts der Herausforderungen im vergangenen Jahr – Negativzinspolitik der EZB, Auswirkungen des BGH-Urteils zu Gebührenerhöhungen und Nachwehen der Corona-Pandemie – zeigte sich Rentsch mit dem Ergebnis zufrieden. Der Jahresüberschuss nach Steuern ging von 70,7 auf 55,2 Millionen Euro zurück, was vor allem an den Sonderbelastungen aus dem BGH-Urteil zu den Gebührenerhöhungen gelegen hat. Ohne diese wäre 2021 ein gutes Jahr gewesen, so sei es nur ein zufriedenstellendes gewesen, sagte Verbandsvorstand Uwe Sterz.
Während die Volks- und Raiffeisenbanken einen deutlichen Ergebnisrückgang in diesem Jahr erwarten, hält Sterz eine Prognose für schwierig. Operativ sei das Jahr bislang gut gelaufen, auch wenn Bewertungsverluste auf festverzinsliche Papiere zu verkraften seien. Der Renditeanstieg von Anleihen ist mit einem Kursverlust verbunden. Da aber die Renditen zuletzt wieder deutlich gesunken sind, haben sich die Kurse wieder erholt.