https://www.faz.net/aktuell/finanzen/strategie-trends/interessenkonflikte-banken-unter-dem-verdacht-der-befangenheit-12812332.html

Interessenkonflikte : Banken unter dem Verdacht der Befangenheit

In Höchstform: Mike Mayo beim Bullenreiten in einem Restaurant. Bild: Polaris/laif

Können Bankanalysten Konkurrenten unabhängig beurteilen? Besondere Vorschriften gibt es nicht. Aber Interessenkonflikte lauern.

          4 Min.

          Der Aufschrei wäre groß, würde eine Abteilung von Daimler Testfahrtberichte über Autos des Konkurrenten BMW veröffentlichen. Die Objektivität würde angezweifelt werden. Für Banken ist es aber alltäglich, wenn die Analysten von Konkurrenten ihre Einschätzungen veröffentlichen. Der Vorwurf der Befangenheit liegt nah. Fragt man bei Kreditinstituten nach, lautet die Antwort: Es gibt für Bankanalysten keine besonderen oder gar strengeren Vorschriften.

          Markus Frühauf
          Redakteur in der Wirtschaft.
          Norbert Kuls
          Freier Autor in der Wirtschaft.

          „Unsere Analysten sind bei ihrer Arbeit unabhängig - ihre Arbeit wird durch strenge Richtlinien und die Compliance-Abteilung überwacht“, sagt ein Sprecher der Deutschen Bank. Die Compliance-Abteilung achtet auf die Einhaltung von Vorschriften. Eine Sprecherin der DZ Bank verweist auf Regularien, nach denen alle Unternehmen im Anlageuniversum gleichermaßen und anhand von konkreten Faktoren objektiv bewertet würden. „Der Bewertung von Banken liegen also die gleichen Kriterien zugrunde wie bei anderen Unternehmen auch.“ In die gleiche Richtung gehen die Antworten von Commerzbank und Goldman Sachs.

          Doch die kritischen Analysen der Konkurrenz nehmen Banken durchaus zur Kenntnis. Den als besonders unbequem bekannten Analysten Mike Mayo von der französischen Crédit Agricole schloss die amerikanische Citigroup zeitweise vom direkten Informationsfluss aus. Mayo verlor vor 14 Jahren seine Stelle bei der Credit Suisse, nachdem er in einem 1000-Seiten-Bericht viele Banken an der Wall Street zum Verkauf empfohlen hatte.

          Die Branche ist für Interessenkonflikte von Analysten sensibilisiert

          Unterhält man sich mit Bankanalysten, räumen sie hinter vorgehaltener Hand ein, dass vor Jahren der Bericht zu einem Konkurrenten zunächst an den Vorstand des eigenen Hauses ging. Es habe so etwas wie ein Gentlemen’s Agreement gegeben, sich nicht gegenseitig schlechtzuschreiben. Nun gehen die Studien durch die Compliance-Abteilung, aber nicht nur die über andere Banken, sondern auch die über Unternehmen. Denn mit ihnen stehen Banken in Geschäftsbeziehungen, und auch hier gibt es Interessenkonflikte. Gehört ein Kreditinstitut etwa bei einer Kapitalerhöhung zu einem Konsortium, dann wäre es mehr als unglücklich, wenn die Analysten des Hauses kurz vor der Aktienplazierung eine Kaufempfehlung für die Aktien des Kunden abgäben.

          Deshalb kann Guido Hoymann, Bankanalyst vom Bankhaus Metzler und Vorstand im Analystenverband DVFA, in der Analyse von Instituten keine besonderen Interessenkonflikte im Vergleich zu anderen Unternehmen erkennen. Seiner Ansicht nach gefährden Analysten ihre Glaubwürdigkeit, wenn sie in ihren Studien zu anderen Banken eine politische Meinung einfließen ließen. „Die Kunden sind flüchtig und erkennen so etwas sehr schnell“, sagt Hoymann.

          Die Branche ist für Interessenkonflikte von Analysten sensibilisiert, seit Wall-Street-Banken deswegen vor zehn Jahren ins Visier der Aufseher geraten waren. Die Behörden brummten den Banken Milliarden-Dollar-Strafen auf und erzwangen eine Reform. Analysten war damals vorgeworfen worden, Anleger mit geschönten Aktienempfehlungen getäuscht zu haben, um für ihre Arbeitgeber lukrative Aufträge - zum Beispiel für Börsengänge - zu generieren. Seither sind das Investmentbanking und die Analysesparte streng getrennt. So darf die Vergütung von Analysten nicht mehr an Aufträge für Investmentbanker gekoppelt werden.

          Weitere Themen

          Topmeldungen

          Was muss geschehen, damit die Welt auch in Zukunft noch so idyllisch ist?

          Klimakrise : Hört auf mit der Ökomoral!

          Wie sollen wir je zur Nachhaltigkeit kommen? Ökos dringen auf Verbote, Marktfans verstehen die Grenzen des Planeten nicht. Scheinbar unvereinbare Gegensätze blockieren den Klimaschutz. Höchste Zeit für eine ökoliberale Synthese.
          Putin prostet dem chinesischen Präsidenten Xi während seines Besuches im Kreml zu.

          Ukrainekrieg : Putin ist nur scheinbar isoliert

          In vielen Ländern verdrehen die politischen Eliten die Augen, wenn der Westen von der Verteidigung der „wertebasierten Weltordnung“ spricht. Moskau nutzt das schon seit langem geschickt aus.

          Newsletter

          Immer auf dem Laufenden Sie haben Post! Die wichtigsten Nachrichten direkt in Ihre Mailbox. Sie können bis zu 5 Newsletter gleichzeitig auswählen Es ist ein Fehler aufgetreten. Bitte versuchen Sie es erneut.
          Vielen Dank für Ihr Interesse an den F.A.Z.-Newslettern. Sie erhalten in wenigen Minuten eine E-Mail, um Ihre Newsletterbestellung zu bestätigen.