Ein Blick ins Steuerparadies : Wie funktioniert die globale Steuerflucht?
- -Aktualisiert am
Ausgewählte Steueroasen Bild: Prisma Bildagentur
Cayman, Zypern oder Luxemburg: Jetzt gibt es Daten über Steuerflüchtlinge in aller Welt. Aber wo beginnt Steuerflucht? Und wie reagiert der Fiskus? Die wichtigsten Antworten.
Ein beliebter Weg ist: Sehr vermögende Privatleute bringen ihr Geld in ein Unternehmen ein, das es einer Stiftung in einer Steueroase überträgt. Dadurch taucht nur die Firma als Eigentümer auf, nicht die Person. Die Erträge der Stiftung sind steuerfrei. Stirbt der Eigentümer, erfolgen anders als in Deutschland keine automatischen Meldungen ans Finanzamt. Dadurch entfällt auch die Erbschaftsteuer. Manche Steuersünder zahlen das Geld auch einfach auf anonyme Konten ein. Da größere Transfers aus Deutschland auffallen, handelt es sich bei den versteckten Geldern häufig um Einnahmen, die extra im Ausland angefallen sind, um sie zu verschleiern.
Internationale Firmen gründen gerne Tochterunternehmen in Steueroasen. Die Grundidee ist dann, Gewinne innerhalb des Konzerns in die Steueroasen zu verschieben, wo sie nicht versteuert werden müssen. Bei den Muttergesellschaften in den Hochsteuerländern fällt entsprechend weniger steuerpflichtiger Gewinn an. Verschoben werden können die Gewinne, indem etwa die Tochtergesellschaft Lizenzen und Patente des Konzerns bekommt, für deren Nutzung die Muttergesellschaft Gebühren zahlen muss. Das sind Ausgaben, die den Gewinn der Mutter mindern. Die Einnahmen der Tochterfirma sind steuerfrei. Ähnlich funktioniert die Vergabe eines Kredits der Tochterfirma an ihre Mutter, die dafür Zinsen zahlen muss, die den zu versteuernden Gewinn schmälern.
Der Staat limitiert diese Gestaltungen per Gesetz. So muss ein Unternehmen ein bestimmtes Mindesteigenkapital haben, darf also nicht vollständig mit Krediten der Tochterfirma aus einer Steueroase finanziert werden. Die Zinszahlungen für die Kredite sind zudem nicht voll als Betriebsausgaben absetzbar. Schließlich werden Tochterfirmen in Steuerparadiesen, die kein operatives Geschäft haben (Briefkastenfirmen), nicht anerkannt und der Gewinn der Mutter zugerechnet. Allerdings ist es schwer, das nachzuweisen.
Es ist nicht verboten, Geld in Steueroasen anzulegen. Die Tricks der Unternehmen sind zwar moralisch fragwürdig, aber erlaubt. Für Unternehmen wie für Privatleute gilt aber: Die Erträge aus Steueroasen müssen dem deutschen Fiskus gemeldet werden.
Im deutschen Steuerrecht gilt das Wohnsitzprinzip. Wer in Deutschland einen Wohnsitz hat und seinen Lebensmittelpunkt, der versteuert dort seine gesamten Einkünfte, die er irgendwo auf der Welt erzielt. Auch die zahlreichen Doppelbesteuerungsabkommen mit anderen Ländern regeln, dass Kapitalerträge in Deutschland versteuert werden müssen. Gibt es im Ausland eine Steuer auf solche Erträge, kann man sich dort davon freistellen lassen oder gezahlte Steuern in Deutschland anrechnen lassen.
Die meisten EU-Länder melden automatisch Zinserträge von Ausländern an den heimischen Fiskus. Daher weichen viele Steuersünder auf Produkte aus, die ihre Erträge nicht in Form von Zinsen ausschütten, sondern etwa als Dividende. Das wird bisher nicht gemeldet, könnte aber bald der Fall werden. Keine Zinsen melden bisher Luxemburg, Österreich und (noch) Belgien. Sie erheben stattdessen eine anonyme Quellensteuer von 35 Prozent und führen einen Teil davon ins Heimatland ab. Der Kunde bleibt also unerkannt, muss aber mehr zahlen als in Deutschland. Auch die Schweiz, Liechtenstein und andere europäische Steueroasen wenden dieses Verfahren an.
Schätzungen der Steuergewerkschaft zufolge haben Deutsche etwa 400 Milliarden Euro im Ausland vor dem Fiskus versteckt. Beliebteste Ziele sind die Schweiz, Luxemburg und Österreich.