Standortwettbewerb : Paris will im Euro-Raum den Ton angeben
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Vertreter des Finanzplatzes und der kommunalen Regierung haben sich das Ziel gesetzt, Paris bis 2010 „zum führenden Finanzplatz des Euro-Raums" zu machen. Die Pläne zum Zusammenschluß mit der LSE erfahren breite Unterstützung.
Die französische Hauptstadt will bis 2010 der führende Finanzplatz im Euro-Raum werden. Dieses Ziel haben der Pariser Bürgermeister Bertrand Delanoe, Handelskammerpräsident Pierre Simon sowie der Vorstandsvorsitzende des Versorgungskonzerns Suez und Präsident der Finanzplatzorganisation Europlace, Gerard Mestrallet, in Paris ausgegeben.
Sie stellten sich gleichzeitig hinter ein mögliches Angebot von Euronext für die London Stock Exchange (LSE). „Meine Aufgabe ist es, die Ambitionen und Wettbewerbsziele von jenen Gruppen zu unterstützen, die mir nahestehen, so wie Europlace und Euronext“, sagte Delanoe, der einer der populärsten Politiker Frankreichs ist. Nach den Worten von Mestrallet ist das „föderale Modell“ von Euronext gut geeignet, um die London Stock Exchange aufzunehmen.
Bedeutungsverlust von Paris befürchtet
Die französische Politik und die Welt der Wirtschaft haben den Vorstoß von Euronext bisher entweder kommentarlos oder mehrheitlich mit Genugtuung aufgenommen. Dies steht in krassem Gegensatz zur Entwicklung in Deutschland, wo das Übernahmeangebot der Deutschen Börse früh auf offene Zurückweisung stieß. Kritische Stimmen, die einen Bedeutungsverlust von Paris befürchten, gibt es zwar auch am Finanzplatz Paris (F.A.Z. vom 3. Februar). Doch sie halten sich bisher im Hintergrund.
Bei Europlace heißt es hinter vorgehaltener Hand, daß man in bezug auf die künftige Bedeutung von Paris im Euronext-Modell „sehr wachsam“ sei. Die Würdigung des föderalen Modells von Euronext durch Mestrallet gilt auch als Botschaft an Euronext-Chef Jean-Francois Theodore, an einem Gleichgewicht zwischen den Börsenplätzen festzuhalten und nicht London zu seinem einzigen Zentrum zu machen.
Erstmals kommunale Unterstützung
Zu den Zielen, die im Rahmen einer „Charta“ aufgestellt wurden, gehört ausdrücklich der Erhalt oder die Erhöhung der Beschäftigtenzahl im Finanzsektor. In der Region um Paris (Ile-de-France) arbeiten derzeit 260000 Menschen in der Finanzbranche, rund 6,5 Prozent der Beschäftigten, die zum regionalen Bruttoinlandsprodukt 15 Prozent beisteuern.
Außerdem will man versuchen, mehr internationale Unternehmen anzuziehen, Ausbildungsmöglichkeiten zu verbessern sowie die Verbindungen zwischen dem Mittelstand und der Börse zu erleichtern. Die Ziele sind allgemein formuliert und nicht mit konkreten Finanzmitteln ausgestattet. Doch Europlace feiert es schon als Erfolg, daß eine kommunale Regierung sich konkret zur Unterstützung des Finanzplatzes bereit erklärt habe. Das sei eine Premiere.
„Partnerschaft“ mit Frankfurt
Der Pariser Finanzplatz sieht sich heute „zusammen mit Frankfurt“ als das führende Zentrum des Euro-Raums, wie es bei Europlace heißt. Die vorgelegten Statistiken weisen allerdings eher auf einen Vorsprung: Die Marktkapitalisierung der bei Euronext notierten Unternehmen betrug Ende 2004 rund 1796 Milliarden Euro, gegenüber 879 Milliarden Euro in Frankfurt. Hierbei werden zwar auch die Euronext-Börsen Amsterdam, Brüssel und Lissabon mitgerechnet, doch mehr als 60 Prozent entfielen dabei auf Paris.
Auch bei der Emission von Unternehmensanleihen sieht sich Frankreich mit 33 Prozent Marktanteil am Wert der ausgegebenen Anleihen in Europa vor Großbritannien (27 Prozent) und Deutschland (10 Prozent). Zudem beansprucht Paris in der Vermögensverwaltung, besonders bei Investmentfonds, den führenden Platz im Euro-Raum.
Frankfurt wird indes die Dominanz bei langlaufenden Zinsprodukten zugesprochen, wie es bei Europlace heißt. Die Finanzmarkt-Organisation will Paris nach eigenen Angaben nicht in Konkurrenz zu Frankfurt entwickeln, sondern kann sich für die Zukunft eine „Ergänzung“ oder gar „Partnerschaft“ vorstellen.