Immer höhere Lasten : Schulden in der Welt so hoch wie nie
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Lockdown in Schanghai: Die Corona-Pandemie hat die Schulden in der Welt auf Rekordniveau steigen lassen. Bild: Reuters
305 Billionen Dollar – so hoch sind alle Staaten, Banken, Unternehmen und Haushalte verschuldet. Der internationale Bankenverband IIF sorgt sich über die steigenden Zinsen.
An den internationalen Finanzmärkten sind die Zinsen angesichts des Inflationsdrucks seit Jahresanfang im Rekordtempo gestiegen. Inzwischen sprechen einige Fondsmanager von einem „Anleihe-Crash“. In der Weltwirtschaft müssen immer höhere Zinslasten getragen werden und das bei einer Verschuldung auf Rekordniveau. Wie der Bankenweltverband Institute of International Finance (IIF) nun meldet, sind die Schulden aller Staaten, Banken, Unternehmen und Haushalte im ersten Quartal um 3,3 Billionen auf 305 Billionen Dollar gestiegen.
Vor allem die Vereinigten Staaten und China haben dazu beigetragen. Die amerikanischen Verbindlichkeiten stiegen nach den IIF-Zahlen um 1,8 Billionen Dollar und die chinesischen um 2,5 Billionen Dollar. Eine positive Ausnahme stellt der Euroraum dar, weil dort die Schulden das dritte Quartal in Folge gesunken sind. Erfreulich ist der Rückgang der Verbindlichkeiten gemessen an der Weltwirtschaftsleistung (Bruttoinlandsprodukt, BIP). Mit 348 BIP-Prozent lag die Schuldenquote Ende März nach Angaben des IIF um 15 Prozentpunkte niedriger als zum Vorjahreszeitraum. Grund dafür war das höhere Wachstum in der Weltwirtschaft.
In den vergangenen Jahren hat die Corona-Pandemie die Regierungen gezwungen, die Wirtschaft mit hohen Beträgen zu stützen. Das hat wiederum die Schulden steigen lassen. Im ersten Quartal nennt das IIF die Schuldenaufnahme der Staaten abermals als eine wesentliche Ursache für den Anstieg. Aber auch die Unternehmen haben das während der Corona-Pandemie günstige Zinsumfeld für die Schuldenaufnahme genutzt. Ihre Verbindlichkeiten sind seit dem Jahr 2019 um 14 Billionen Dollar gestiegen.
Schuldentreiber Corona-Pandemie
Der IIF-Statistik zufolge haben sich seit Beginn der Corona-Welle die Verbindlichkeiten außerhalb des Bankensektors um 40 Milliarden auf 236 Billionen Dollar erhöht. Davon entfallen 88,3 Billionen Dollar auf die Staaten, 90,6 Billionen Dollar auf die Unternehmen und 57,0 Billionen Dollar auf die Haushalte. Die Verschuldung der Banken belief sich Ende März auf 69,4 Billionen Dollar.
Auch wenn die Schuldenstatistiken des IIF eine gute Indikation für die Verschuldung in der Welt sind, überzeichnen sie die tatsächliche Last, weil darin auch die Schulden der Banken enthalten sind. Diese gewähren auf der anderen Seite aber Staaten, Unternehmen und Haushalten Kredite oder halten deren Anleihen. Deshalb können Doppelzählungen die Schuldenstatistik aufblähen. Ähnlich wie die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ), die als Bank der Zentralbanken gilt, zählt das IIF die Schulden zum Markt-, aber nicht zum Nominalwert. Doch die Schuldner müssen den Nominalwert zurückzahlen.
Nach dem Ausverkauf an den Anleihemärkten sind deren Kurse deutlich gesunken, wodurch deren Renditen gestiegen sind. So wird eine zehnjährige Bundesanleihe derzeit nur noch mit rund 90 Prozent des Nominalwerts gehandelt. Doch am Ende muss der Bund 100 Prozent tilgen.
Geringe Transparenz in den Schwellenländern
Sehr stark fällt das Schuldenwachstum in den Schwellenländern aus, von denen die Volkswirtschaften ohne Rohstoffquellen wegen des Ukrainekriegs und der steigenden Energie- und Nahrungsmittelpreise besonders stark unter Druck stehen. In den Schwellenländern liegen die Schulden mit 98,7 Billionen Dollar nicht mehr weit entfernt von der 100-Billionen-Marke. Das IIF warnt vor den versteckten Schulden in den Schwellenländern. Dort würden Verbindlichkeiten der öffentlichen Hand mit zeitlicher Verzögerung gemeldet, Eventualverbindlichkeiten nur sehr begrenzt ausgewiesen und Vertraulichkeitsklauseln sehr großzügig genutzt.
Die steigenden Zinsen machen dem Verband große Sorgen, da die staatlichen Schulden in der Pandemie um 17,4 Billionen Dollar gestiegen sind. Vor allem Schwellenländer mit geringen Spielräumen könnten vor Herausforderungen stehen, wenn soziale Spannungen angesichts steigender Energie- und Lebensmittelpreise drohen.