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Nach Asien statt nach Europa : Russland exportiert mehr Öl per Schiff

Tanker: Russland versucht, die Ölexporte per Schiff nach Asien auszuweiten. Bild: Reuters

Durch Pipelines nach Deutschland fließt jetzt kein russisches Öl mehr. Transporte per Tanker etwa nach Asien wurden dagegen zuletzt mehr gemeldet. Der Preis für russisches Öl hat dabei deutlich nachgegeben.

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          Hat Russland es geschafft, als Ausgleich für das EU-Ölembargo mehr Öl auf dem Seeweg nach Asien zu exportieren? Zahlen der Nachrichtenagentur Reuters, die das zumindest möglich erscheinen lassen, haben am Dienstag den Ölmarkt beschäftigt.

          Christian Siedenbiedel
          Redakteur in der Wirtschaft.

          „Russland scheint die westlichen Ölsanktionen weiterhin erstaunlich gut wegstecken zu können“, schreiben die Analysten der Commerzbank in ihrem täglichen Marktbericht. „Russland gelingt es relativ gut, die Ölexporte, die ohnehin über den Seeweg verfrachtet wurden, umzulenken“, kommentiert Cyrus de la Rubia, Ölfachmann der Hamburg Commercial Bank.

          Und das Internetportal Heizoel24 führt sogar die fallenden Heizölpreise in Deutschland neben anderen Faktoren auch darauf zurück, dass Russlands Ölexporte auf dem Seeweg bislang erstaunlich stabil geblieben seien – und damit der erwartete Rückgang des globalen Angebots bisher ausgeblieben sei.

          Opec-Treffen zu Fördermengen

          Das alles ist auch deshalb nicht ohne Relevanz, weil sich das Ölkartell Opec und seine Verbündeten einschließlich Russland (Opec plus) am Mittwoch beraten, um über die weitere Öl-Förderung zu entscheiden. Zudem soll an diesem Sonntag, 5. Februar, die nächste Stufe des EU-Embargos greifen, die den Transport von russischen Ölprodukten wie Diesel oder Heizöl auf dem Seeweg einschließt.

          Der Ölpreis jedenfalls ist in den vergangenen Tagen wieder etwas gefallen, auf zuletzt rund 84 Dollar je Barrel (Fass zu 159 Liter) für die Nordseesorte Brent und 77 Dollar je Barrel für die amerikanische Sorte West Texas Intermediate (WTI). Russland aber bekommt für sein Öl erheblich weniger: Die Ölsorte Urals wird mit erheblichen Abschlägen deutlich unter 60 Dollar gehandelt.

          So sind die Preise für Brent seit Jahresbeginn lediglich um rund 2 Prozent zurückgegangen, die für die russische Sorte Urals jedoch um 11 Prozent. „Ich vermute, dass Russland durch die Maßnahmen des Westens an Verhandlungsmacht verloren hat und daher die niedrigeren Preise akzeptieren muss“, sagt Ölfachmann de la Rubia.

          Ersatzabnehmer wegen EU-Embargos

          Alle Wirtschaftsdaten aus Russland sind sicher im Moment mit einiger Vorsicht zu genießen. Die Commerzbank ordnet die jüngsten Reuters-Zahlen jedenfalls so ein: Im Januar sei deutlich mehr Rohöl aus den russischen Ostseehäfen Primorsk und Ust-Luga exportiert worden als im Vormonat. Laut Verladeplänen beliefen sich die Lieferungen auf 7,1 Millionen Tonnen Öl, was dem höchsten Niveau seit 2019 entsprechen würde. Im Dezember seien es noch 4,7 Millionen Tonnen gewesen.

          In den Lieferungen sei zwar auch kasachisches Öl enthalten, das von den westlichen Sanktionen ausgenommen sei und sich daher für die westlichen Käufer als Ersatz für die wegfallenden russischen Lieferungen anbiete. Dennoch dürfte ein beträchtlicher Teil russisches Öl der Sorte Urals gewesen sein.

          70 Prozent davon sollen nach Indien verschifft worden sein. Bereits im Dezember seien die Ölimporte Indiens auf ein Fünf-Monats-Hoch gestiegen. Die indischen Käufe dürften durch das deutlich niedrigere Preisniveau begünstigt worden sein: Urals kostete im Hafen Primorsk aufgrund gestiegener Transportkosten und anderer logistischer Schwierigkeiten zeitweise weniger als 40 Dollar je Barrel.

          Auch im Februar scheine sich bislang keine Verlangsamung der Lieferungen abzuzeichnen: Im Hafen Ust-Luga dürften die Verladungen in den ersten zehn Tagen Händlern zufolge mit einer Million Tonnen sogar 11 Prozent höher liegen als im entsprechenden Zeitraum im Januar. Die Commerzbank meint, das Ende der Woche in Kraft tretende EU-Embargo für Ölprodukte könnte ein Grund dafür sein: Damit verliert Russland seinen wichtigsten Absatzmarkt für Diesel – es könnte daher bestrebt sein, stattdessen mehr Rohöl in Länder wie Indien zu exportieren, die sich nicht an Embargo und Preisdeckel beteiligen.

          Pipeline-Mengen zum Teil umgeleitet

          Auch die sogenannten Trackingdaten von Rohöl-Tankschiffen deuteten auf einen Anstieg der russischen Ölexporte auf dem Seeweg hin, berichtet Giovanni Staunovo, Ölfachmann der Schweizer Bank UBS. Demnach dürften die russischen Exporte auf dem Seeweg im Januar bislang um mehr als 500.000 Barrel je Tag im Vergleich zum Vormonat gestiegen sein.

          „Inklusive Pipeline-Lieferungen haben die Gesamtexporte aus Russland jedoch nur geringfügig zugenommen, da Deutschland und Polen gar kein Rohöl mehr via Pipeline einführen“, sagte Staunovo. Diese Mengen seien umgeleitet worden, das erkläre die vermehrten Exporte per Schiff.

          Nach Angaben des Informationsdienstes Energy Intelligence, die sich allerdings auf Daten des russischen Energieministeriums bezögen, seien die gesamten Rohlölexporte Russlands in den ersten 16 Januartagen um fast 190.000 Barrel je Tag gegenüber dem Vormonat auf 4,525 Millionen Barrel je Tag gestiegen, nachdem sie im Dezember um 265.000 Barrel je Tag gegenüber November eingebrochen seien. Der größte Teil dieser Exporte gehe nach China und Indien – zudem kauften in Europa noch Bulgarien und die Türkei russisches Rohöl.

          Auch für Verbraucher in Deutschland waren Öl und Ölprodukte zuletzt eher wieder etwas günstiger: Heizöl verbilligte sich am Dienstag auf 107,37 Euro für 100 Liter. Auch Kraftstoff wurde wieder etwas günstiger, allerdings nach einem vorherigen Preisanstieg: Je Liter Super E10 zahlte man im Schnitt 1,788 Euro – je Liter Diesel 1,851 Euro.

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