Minus 4,1 Prozent : Reallöhne sinken wegen hoher Inflation im Rekordtempo
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Harte Arbeit, aber unter dem Strich bleibt weniger übrig: Ein Arbeiter auf einer Baustelle in Stuttgart. Bild: Nerea Lakuntza
Die Bruttolöhne steigen 2022 zwar stark, aber die Inflation ist noch viel höher. 2023 könnte es wieder besser für Arbeitnehmer werden.
Die Reallöhne in Deutschland sind im vergangenen Jahr wegen der höchsten Inflation seit Bestehen der Bundesrepublik im Rekordtempo gefallen. Die Bruttomonatsverdienste von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern einschließlich Sonderzahlungen wuchsen zwar mit 3,4 Prozent so stark wie noch nie seit Beginn der Zeitreihe 2008, wie das Statistische Bundesamt am Dienstag mitteilte. Die Verbraucherpreise erhöhten sich aber parallel dazu mit 7,9 Prozent mehr als doppelt so stark. Dadurch sanken die Reallöhne um durchschnittlich 4,1 Prozent.
Es ist das dritte Jahr mit Reallohnrückgängen in Folge. Während im Jahr 2020 insbesondere der vermehrte Einsatz von Kurzarbeit zur negativen Nominal- und Reallohnentwicklung beigetragen hatte, zehrte 2021 und besonders 2022 die hohe Inflation das Nominallohnwachstum auf. Im Jahr 2022 wurde nach vorläufigen Daten der stärkste Reallohnrückgang in Deutschland seit Beginn der Zeitreihe des Nominallohnindex im Jahr 2008 gemessen.
Fachleuten zufolge dürfte die Bilanz in diesem Jahr nicht ganz so negativ ausfallen. So rechnen alle führenden Institute mit einem Rückgang der Inflation. Das Kiel Institut für Weltwirtschaft (IfW) sagt beispielsweise eine Teuerungsrate von 5,4 Prozent voraus, die 2024 auf 2,2 Prozent fallen soll. Das Bundeswirtschaftsministerium geht davon aus, dass die Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer im laufenden Jahr um 5,2 Prozent zulegen dürften.
In vielen Branchen wurden teils deutliche Lohnerhöhungen vereinbart. Die rund 3,9 Millionen Beschäftigten der Metall- und Elektroindustrie etwa bekommen in zwei Schritten 8,5 Prozent mehr Geld sowie eine Einmalzahlung von 3000 Euro netto. Aktuell fordert die Gewerkschaft Verdi wegen der hohen Inflation eine Lohnerhöhung von 15 Prozent für zwölf Monate für die Beschäftigten der Deutschen Post.
Mancher erwartet, dass der private Konsum angesichts der hohen Inflation eine Konjunkturbremse sein wird. Auch die Bundesregierung erwartet, dass die privaten Konsumausgaben in diesem Jahr preisbereinigt sinken werden. Dennoch soll die Wirtschaft insgesamt wachsen, wenn auch nur um 0,2 Prozent. Der Nominallohnindex, der den Berechnungen des Statistischen Bundesamtes zugrunde liegt, bildet die Entwicklung der Bruttomonatsverdienste von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern einschließlich Sonderzahlungen ab.