Folgen des SVB-Zusammenbruchs : „Keine Sparkasse ist in Schieflage“
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Sparkassenpräsident Helmut Schleweis Bild: dpa
Die Silcon Valley Bank und deutsche Sparkassen haben eins gemein: Sie haben Anleihen im eigenen Depot, die nach der Zinswende weniger wert sind. Die Situation sei aber eine andere, betont Sparkassen-Präsident Schleweis: auch weil hierzulande besser reguliert wird.
Es dauerte keine Minute, da wich Sparkassenpräsident Helmut Schleweis von seinem vorbereiteten Redetext ab, bei dessen Erstellung die Bankenwelt auch in Kalifornien noch in Ordnung war. Seit dem Zusammenbruch der Silicon Valley Bank in der vergangenen Woche ist die Bankenwelt aber nicht mehr in Ordnung. Weder in Kalifornien noch sonst wo auf der Welt. Die Silicon Valley Bank hat Schockwellen durch die Finanzwelt gejagt, und wenn es nur die Aktienkurse betraf.
Da hätte es komisch angemutet, wenn Schleweis bei der Präsentation der kumulierten Zahlen der noch 359 deutschen Sparkassen nur den allgemeinen Satz bemüht hätte: „Zusätzlich ist die sehr schnelle Zinswende deutlich spürbar.“ Zumal Schleweis diese Daten zum letzten Mal vorstellte; 2024 wird es sein frisch gewählter Nachfolger Ulrich Reuter tun. Schleweis sagte, er wolle auf „den Elefanten, der im Raum steht“, eingehen. Er sprach von der Konzentration der Silicon Valley Bank auf einen bestimmten Sektor, nämlich die Kreditvergabe an junge Unternehmen, und dann folgte ein bemerkenswerter Satz: „Mit unserer Regulierung wäre das nicht passiert.“
Seit Anfang 2018, als Schleweis an die Spitze der deutschen Sparkassen-Organisation rückte, hat der gebürtige Heidelberger kaum Gelegenheiten ausgelassen, sich an der Regulierung sein Mütchen zu kühlen. Gerade an der Regulierung der kleineren Institute. Gerade bei ihnen hat in den USA der ehemalige Präsident Donald Trump die nach der Finanzkrise ab 2007 eingeführten Regeln wieder gelockert. Und als ob Schleweis es geahnt hätte, dass er sich mit seinem Lob auf die Regulierung in Europa und Deutschland auf dünnes Eis begibt, fügte er hinzu: „Wir haben nie Kritik an der Regulierung bei Themen wie Kapital und Liquidität geäußert.“
Anleihen im Eigendepot
Das Thema Kapital und Liquidität ist – und das haben sie mit der Silicon Valley Bank gemein – auch für die deutschen Sparkassen kein unwichtiges. Denn gemein ist beiden, dass sie im Eigendepot Anleihen liegen haben, die im Zuge der Zinswende drastisch an Wert verloren haben. Im Gegensatz zum kalifornischen Start-up-Finanzierer mussten die deutschen Sparkassen aber noch keine Verluste realisieren, um durch einen Verkauf der Papiere an Liquidität zu kommen. Die Verluste stehen bislang nur in den Büchern: Auf 7,8 Milliarden Euro summieren sich die Wertberichtigungen der deutschen Sparkassen.
„Eine Momentaufnahme, die nicht die dauerhafte Realität widerspiegelt“, meint Schleweis und weiter: „Die Sparkassen sind 2022 operativ so stark, dass sie jetzt nur einen sehr kleinen Teil der früher gebildeten Vorsorgereserven einsetzen müssen, um diese zeitweiligen Wertkorrekturen zu finanzieren.“ Darum beobachteten die Sparkassen die Entwicklung „mit Respekt“, sie bereite aber „generell keine Sorgen“.
Exakte Zahlen, wie widerstandsfähig das sparkasseneigene Sicherungssystem ist, wollte weder Schleweis noch seine für Regulatorik zuständige Vorstandskollegin Karolin Schriever nennen. Verbal blieb Schleweis an der Oberfläche: „Stand jetzt glaube ich nicht, dass die Effekte der Silicon Valley Bank auf das deutsche Kreditwesen übergreifen.“ Und: „Mir ist derzeit keine Sparkasse bekannt, die in Schieflage ist.“ Schriever fügte hinzu: „Wir können auf die Einlagensicherung vertrauen.“
Auflösung von Vorsorge
Vor Steuern verdienten alle öffentlich-rechtlichen Geldinstitute im zurückliegenden Jahr 4,2 Milliarden Euro, rund eineinhalb Prozent weniger als 2021. Beim Jahresüberschuss stehen 1,5 Milliarden Euro, 2021 waren es 1,6 Milliarden Euro. Das fast stabile Ergebnis überrascht etwas, meldeten zuvor doch große regionale Sparkassenverbände – etwa in Baden-Württemberg oder Ostdeutschland – deutliche Gewinnrückgänge ob der Wertberichtigungen auf gehaltene Anleihen. Darauf angesprochen antwortet Schleweis etwas lapidar: „Ich gehe davon aus, dass unsere Zahlen stimmen und alle anderen auch“, ergänzt dann aber, dass auch 200 Millionen Euro an Vorsorge aufgelöst wurden.
Warnte der Sparkassenpräsident noch im Herbst vor Verwerfungen durch explodierende Energiepreise, Gasknappheit, Inflation und einer drastisch gesunkenen Sparfähigkeit, so hat er sie nun wieder ausgepreist: „Die weithin erwartete Rezession ist ausgeblieben – und wir erwarten sie auch nicht mehr.“ Die Kunden der Sparkassen legen immer noch Geld auf die hohe Kante. Die Einlagen der Privatkunden stiegen um 2,3 Prozent auf 882,6 Milliarden Euro. Die Bilanzsumme der deutschen Sparkassen wuchs um 1,6 Prozent und knackte die Marke von 1,5 Billionen Euro.
Da blieb noch Zeit in der Diskussion für das Lieblingsthema von Schleweis: die Schaffung eines Zentralinstituts in der Sparkassen-Finanzgruppe. Da ruderte Schleweis, der noch neun Monate im Amt sein wird, nicht zurück. „Ich habe es nicht bereut, das Thema zu setzen, weil ich es nach wie vor für richtig halte.“ Es gebe auch Bewegung im Bereich der Landesbanken, den langsameren Weg. Das Zentralinstitut wäre der schnellere gewesen: „Wir werden eines Tages ein Zentralinstitut sehen. Eine Prognose, wann das sein wird, habe ich aber nicht.“