Hedgefonds-Schieflage : Milliardenverluste für die Credit Suisse
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Nicht nur die New Yorker Niederlassung der Credit Suisse gleicht einer Baustelle. Bild: AFP
Die Zockereien eines Kunden kommen die Schweizer Bank sehr teuer zu stehen. Zwei Spitzenmanager müssen gehen. Boni werden gestrichen; die Dividende wird gekürzt.
Das Debakel rund um die New Yorker Investmentfirma Archegos Capital Management reißt ein tiefes Loch in die Ertragsrechnung der Credit Suisse (CS). Wie die Schweizer Großbank am Dienstag mitteilte, rechnet sie mit einer Belastung von 4,4 Milliarden Franken (4 Milliarden Euro). In der Folge werde die Bank das erste Quartal 2021 mit einem Verlust vor Steuern von rund 900 Millionen Franken abschließen. Die CS hatte der bis dato eher unbekannten Archegos Capital in großem Stil Kredite gewährt, die deren Inhaber Bill Hwang für hochriskante Wetten auf amerikanische und chinesische Aktien einsetzte.

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Doch die Zockerei ging gründlich schief. Die Kurse fielen, und Hwang konnte den Forderungen nach weiteren Sicherheitsleistungen nicht nachkommen. Daher warfen die CS und eine Reihe weiterer Banken die als Sicherheit hinterlegten, aber inzwischen eben deutlich weniger werthaltigen Aktien im Zuge eines offenbar weitgehend unkoordinierten Notfallmanövers auf den Markt. Nach allem, was bisher über diesen Fall bekannt geworden ist, sind die Schweizer mit Abstand am stärksten von dem Abschreibungsgewitter betroffen.
Personelle Konsequenzen
Dies hat nun personelle Konsequenzen auf der obersten Kommandobrücke des zweitgrößten Schweizer Bankkonzerns. Der Chef der CS-Investmentbank, Brian Chin, und die Risikochefin Lara Warner müssen die Bank mit sofortiger Wirkung verlassen. Die Investmentbank, die für den teuren und imageschädigenden Fehlschlag in Amerika verantwortlich ist, wird fortan von Christian Meissner geführt. Der 51 Jahre alte Österreicher, der kurzzeitig auch als möglicher Nachfolger für den ehemaligen UBS-Chef Sergio Ermotti gehandelt worden war, arbeitet seit vergangenem Herbst für die Credit Suisse.
Die Rolle des Risikochefs übernimmt Joachim Oechslin, der zuletzt als Senior Adviser für den CS-Vorstandsvorsitzenden Thomas Gottstein tätig war. Die Zuständigkeit für Compliance - also die Beachtung von Vorschriften und Gesetzen - soll nun wieder separat geführt werden, nachdem die Einheit im vergangenen Jahr noch mit dem Risikomanagement zusammengelegt worden war. Für Compliance wird nun Thomas Grotzer verantwortlich sein.
Auch die Aktionäre bekommen den Einschlag zu spüren. Der Verwaltungsrat hat beschlossen, das laufende Programm zum Rückkauf eigener Aktien zu beenden. Zudem wird die Dividende für das Jahr 2020, die 0,29 Franken je Aktie betragen sollte, auf 0,10 Franken gekürzt. Dadurch soll die Kapitalbasis abgesichert werden, die durch die zu erwartenden Verluste leicht abschmelzen wird. Seit Bekanntwerden der Archegos-Risiken hat der CS-Aktienkurs um fast ein Fünftel verloren. Am Dienstag lag der Titel im frühen Geschäft mit 10,14 Schweizer Franken wenig verändert. Nach Angaben der CS wird die Kernkapitalquote bei 12 Prozent liegen und damit oberhalb der gesetzlichen Mindestquote von 10 Prozent bleiben.
Folgen hat das Debakel auch für die Gehälter des Managements. Der Verwaltungsrat hat beschlossen, die zur Aktionärsversammlung am 30. April bereits vorgelegten Anträge zur Vergütung der Spitzenleute zurückzuziehen. Neu werden die Boni für 2020 und 2021 um knapp 41 Millionen Franken reduziert. Der Verwaltungsratspräsident Urs Rohner, der für die vergangenen zwölf Monate mit 4,7 Millionen Franken entlohnt werden sollte, verzichtet auf 1,5 Millionen Franken. Rohner scheidet nach Ablauf der Aktionärsversammlung planmäßig aus und kommt damit allfälligen Rücktrittsforderungen von Aktionären zuvor.
Auch bei Greensill dabei
Der Vorstandsvorsitzende Thomas Gottstein, der erst vor gut einem Jahr an die Spitze gerückt war, darf im Amt bleiben. Gemäß der Mitteilung zeigte er sich „fest entschlossen, diese Situation zu bewältigen. Daraus werden wir ernsthafte Lehren ziehen“. Dabei verlässt sich der Verwaltungsrat freilich nicht allein auf Gottsteins Aufarbeitung. Die Aufseher haben Untersuchungen eingeleitet, die von externen Fachleuten durchgeführt werden. Diese richten sich sowohl auf den Fall Archegos als auch auf den Fall Greensill.
Die Credit Suisse lockte institutionelle Kunden wie Versicherungen und reiche Privatkunden in vermeintlich sichere Lieferketten-Finanzierungsfonds von Greensill, die nun abgewickelt werden müssen. Daraus könnten den Kunden und der CS selbst noch Verluste in Milliardenhöhe erwachsen. Hierzu will die Bank in den nächsten Tagen ein separates Update liefern.