7 Fragen, 7 Antworten : Wie schützt man sich vor Inflation?
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Steigende Preise: Die Inflationsrate in Deutschland betrug im Oktober 4,5 Prozent. Bild: dpa
Michael Heise war lange Jahre Chefvolkswirt der Allianz. Jetzt ist er für den Fonds HQ Trust in Bad Homburg tätig. Für Anleger und Verbraucher beantwortet er grundlegende Fragen zur Inflation.
Herr Heise, wie wird das mit der Inflation weitergehen?
Die Inflationsrate lag in Deutschland zuletzt bei 4,5 Prozent. Im nächsten Jahr wird die Rate zwar wieder etwas sinken – aber nicht so stark, wie die Notenbanken im Moment hoffen. Bestimmte Basiseffekte, die mit der Corona-Pandemie zusammenhängen, werden zwar verschwinden. Aber die sehr hohen Steigerungsraten für die Erzeugerpreise und die Importpreise verraten: Da ist noch viel Druck in der Pipeline. Wir haben die verschiedenen Faktoren mal hochgerechnet und kommen zu der Einschätzung: Die Inflation dürfte in 2022 jahresdurchschnittlich immer noch bei knapp 3 Prozent bleiben.
Was können Anleger tun?
Anleger können nach Sachwerten schauen. Gold beispielsweise dürfte auch nächstes Jahr gut laufen. Das Edelmetall profitiert, wenn die Inflation hoch ist, kann allerdings unter steigenden Zinsen leiden. Entscheidend sind daher die Realzinsen, also die Zinsen nach Inflation. Und die dürften global negativ bleiben. Selbst wenn die amerikanische Notenbank Federal Reserve die Leitzinsen bis Ende nächsten Jahres auf 1 Prozent anheben sollte, das wäre schon extrem viel, dann wären die Realzinsen bei einer Inflation von 4 Prozent, die ich für Amerika für realistisch halte, immer noch weit im Minus. Das wirkt wie ein Turbo für Gold.
Kann man sich auch mit Krypto-Währungen schützen?
Das versuchen manche – ich wäre aber skeptisch, ob Krypto-Anlagen als Inflationsschutz funktionieren. Man kann mit Krypto-Währungen als Spekulationsobjekt sicher viel Geld verdienen, auch jetzt noch. Aber es gibt keinen Beleg, dass sie als Absicherung funktionieren, dass ihre Wertentwicklung also systematisch mit der Inflationsentwicklung zusammenhängt, um vor dem Kaufkraftverlust zu schützen. Da sollte man, wenn überhaupt, nur Geld reinstecken, mit dem man hohe Risiken eingehen und spekulieren will, nicht das Geld, das man gegen Inflation schützen will.
Sind Aktien ein guter Inflationsschutz?
Das hängt immer davon ab, wie hoch die Inflation ist. Bei Inflationsraten von mehr als 5 Prozent, das zeigen alle historischen Erfahrungen, können auch Unternehmen und damit ihre Aktien in Bedrängnis geraten. Denn bei sehr hohen Inflationsraten werden die Notenbanken restriktive Maßnahmen ergreifen. Aber eine Inflation in einer solchen Größenordnung ist aus meiner Sicht derzeit nicht zu erwarten. Im Moment muss auf globaler Ebene mit Inflationsraten zwischen 3 und 5 Prozent gerechnet werden. Rückblickend war das für die Aktienmärkte sogar die beste Größenordnung. Ein bisschen Inflation funktioniert gleichsam als Schmiermittel für Aktienkurse. Weitaus schwächere Kursentwicklungen hatte man in der Vergangenheit vor allem bei niedrigen globalen Inflationsraten zwischen 0 bis 3 Prozent.
Gilt das für alle Aktien?
Soweit die Inflation auf eine hohe Warennachfrage zurückgeht, wie das derzeit der Fall ist, hilft das im wesentlichen allen Branchen, die an Produktion und Vermarktung beteiligt sind. Konsumgüteraktien sind aufgrund des starken Nachfrageschubs der letzten Zeit besonders interessant. Die Konsumgüterhersteller haben aktuell hohe Preissetzungsmacht, das ist gut in Inflationszeiten. Sie sollten auch weiterhin von dem Krisen-Nachhol-Konsum profitieren. Das bietet auch dem IT-Sektor gute Geschäftsaussichten: Viele Unternehmen sind im Augenblick bereit, für IT-Vorprodukte hohe Preise zu zahlen, weil es Lieferengpässe gibt. Halbleiter und elektronische Bauteile sind ziemlich teuer geworden. Und alle Umfragen lassen erkennen, dass die Unternehmen mit weiter steigenden Beschaffungskosten und Absatzpreisen rechnen.
Sind Immobilien als Inflationsschutz schon zu teuer?
Auch wenn die Notenbanken darauf hinweisen, dass es gerade in den deutschen Großstädten deutliche Übertreibungen bei den Immobilienpreisen gibt, sehe ich noch kein Ende des Aufwärtszyklus. Es gibt weniger prominente Lagen, wo die Preise rasch steigen und noch Aufholpotential haben. Der Boom wird erst abflachen, wenn die Zinsen für Staatsanleihen recht deutlich in den positiven Bereich steigen. Das sehe ich im Moment nicht. Ich rechne deshalb damit, dass die Immobilienpreise weiter steigen werden – wenn auch mit einem etwas verlangsamten Tempo. Damit bleiben Immobilien als Inflationsschutz attraktiv.
Was können denn Verbraucher machen, die sich im täglichen Leben vor der Inflation schützen wollen?
Das ist aus meiner Sicht ziemlich schwer. Die Preise steigen im Augenblick auf breiter Front, dem kann man sich nicht so leicht entziehen. Allenfalls bei Verkehr und Energie kann man etwas tun. Besonders stark sind ja die Preise für Kraftstoffe und Heizöl gestiegen. Wer auf unnötige Fahrten mit dem Auto verzichtet oder öffentliche Verkehrsmittel nutzen kann, wird beim Benzin sparen können. Autos mit weniger PS sind auch eine Option. Aber auch das ist gerade nicht ganz einfach, weil auch die Preise für Gebrauchtwagen erheblich gestiegen sind und Neuwagen, vor allem mit Elektroantrieb, recht teuer sind. Beim Heizen sollten die Verbraucher den Wettbewerb nutzen und stärker auf die Kosten gucken. Und wer es sich leisten kann, könnte in eine sparsamere Heizung investieren.