Scheidungsanwältin packt aus : „Frauen haben die romantische Verblödung“
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Sollen Paare überhaupt heiraten?
Gute Frage. Ich komme aus Österreich, wir haben Gütertrennung. Jeder bleibt Eigentümer seines in die Ehe eingebrachten Vermögens, und auch auf das, was ein Ehegatte während der Ehe erwirbt, hat der andere - solange die Ehe besteht - keinen Anspruch. Erst bei einer Scheidung wird das, was in der Ehe erworben wurde, geteilt. In der Regel eins zu eins, auch wenn der Mann das Vierfache verdient hat. Hier stellt sich die Frage: Für wen ist das von Vorteil? Für denjenigen, der weniger verdient, aber dafür die nichtbezahlte Arbeit leistet, schon.
Die Teilung des „Zugewinns“ einer Ehe ist auch in Deutschland Standard. Aber das ist doch nicht der einzige Vor- oder Nachteil.
Natürlich nicht. Dazu kommen Pensionsansprüche und das Erbrecht. Das haben Lebensgefährten nicht. Vom Sicherheits- und Versorgungsgedanken her ist die Ehe durchaus sinnvoll.
Was raten Sie bei Konten?
Trennen, ganz klar. Eine Freundin hat das mal schön formuliert: Ein gemeinsames Konto ist so unhygienisch wie eine gemeinsame Zahnbürste.
Gibt es weitere Hygieneregeln?
Transparenz ist enorm wichtig. Ich hatte mal an einem Tag vier neue Klientinnen hintereinander. Auf die Frage, wie viel ihr Mann verdient, haben alle schuldbewusst geschaut und die gleiche Antwort gegeben: „Frau Doktor, Sie werden es nicht glauben, aber ich weiß es nicht.“ Das Gleiche gilt für die Kosten. Wenn der eine dem anderen vorgaukelt, dass alles im Lot ist, in Wahrheit aber Geldsorgen hat, dann gibt es irgendwann ein Drama.
Und was ist mit der Liebe?
Wie meinen Sie das?
Ist es für das Eheglück nicht wichtig, dass man für den anderen brennt?
Natürlich sollte man sich zum Partner hingezogen fühlen. Allerdings enden Beziehungen, in denen beide vor Leidenschaft brennen und die sexuelle Beziehung sehr intensiv ist, häufig mit einer wechselseitigen Gehässigkeit, die mich bis heute überrascht.
Wann weiß man: Es ist endgültig aus?
Wenn einer von beiden nicht mehr will. Gegen den Willen des Partners geht es nicht. Da lügen sich vor allem die Frauen in den Sack. Die sagen: „Aber die Ehe ist wunderbar.“ Dann stellt sich heraus: Er ist nie da. Er hat keinen Sex mehr mit ihr. Er hat eine Freundin, von der sie weiß.
Von denen, die sich scheiden lassen: Wie viele bereuen es?
Vermutlich einige. Die vergessen, dass es zwischen glücklicher Ehe und Scheidung noch ein Mittelding gibt.
Wie sieht das aus?
Das ist eine Ehe, in der man vielleicht nicht rund um die Uhr glücklich ist, aber anerkennt, dass der andere seine guten Eigenschaften hat. Wenn ich mit so jemandem zusammenbleibe, muss ich das Vermögen nicht zersplittern und kann weiter ständig Umgang mit den Kindern haben. Falls der andere bei mir keine Migräne auslöst und ich keinen neuen Partner habe, mit dem alles wesentlich besser wäre, sehe ich nicht ein, warum man die Nachteile einer Scheidung auf sich nehmen sollte. Es gibt im Leben keine Glücksgarantie.
Sie sind seit 39 Jahren verheiratet. Wie haben Sie das geschafft?
Wir waren immer berufstätig und haben uns nur abends gesehen.
Das ist alles?
Natürlich nicht. In den wesentlichen Dingen des Lebens sollte eine Übereinstimmung da sein. Ich hätte nie jemanden heiraten können, mit dem ich in politischen Fragen nicht übereinstimme. Ausgeschlossen. Der hätte noch so schön und sexy sein können. Man kann in Alltagsfragen anderer Meinung sein, aber nicht in Grundsatzfragen.
Das klingt sehr nüchtern.
Natürlich hatten mein Mann und ich einmal eine große romantische Liebe und sind im Januar händchenhaltend auf verschneiten Parkbänken gesessen.
Heute nicht mehr?
Ach, nein. Aber wenn wir uns zufällig auf der Straße sehen, strahlen wir uns an.