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Optimal wohnen im Alter : Es gibt kein Patentrezept

Betreutes Wohnen oder Pflegeheim - viele Menschen versuchen in den eigenen vier Wänden alt zu werden. Bild: dpa

Immer mehr Wohnkonzepte konkurrieren um die Gunst der Senioren. Doch die meisten wollen zu Hause bleiben. Dabei sind die wenigsten Wohnungen altersgerecht.

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          Sie haben großes Glück, auch wenn es sich für die beiden im Alltag nicht immer so anfühlt: Gisela und Karlheinz Dettmer sind 94 und 88 Jahre alt, wohnen noch im eigenen Haus und vor allem - zusammen. Gemeinsam erledigen sie auch alles, was zu Hause so anfällt: Karlheinz saugt, arbeitet im Garten und kauft ein, während Gisela putzt und sich um die Wäsche kümmert. Kochen tun sie gemeinsam. Sie haben weder Haushaltshilfe noch Gärtner. „Wir schaffen das noch alleine, auch wenn es manchmal ganz schön viel ist“, sagt die rüstige Dame. „Solange es geht, wollen wir in unserem Haus bleiben.“

          Judith Lembke
          Redakteurin im Ressort „Wohnen“ der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung.

          Die beiden Senioren aus Hannover gehören den sogenannten Hochbetagten, der am schnellsten wachsenden Bevölkerungsgruppe in Deutschland. 2050 werden mehr als 12 Prozent älter als 80 Jahre alt sein, zur Jahrtausendwende waren es gerade einmal 4 Prozent. 2050 wird die Hälfte der in Deutschland lebenden Menschen älter als 50 Jahre alt sein, die Zahl der über 65-Jährigen wird sich von einem Viertel auf ein Drittel erhöht haben.

          Das verändert auch den Wohnungsmarkt: Im Jahr 2030 werden drei Millionen Wohnungen mehr als heute von Menschen im Rentenalter bewohnt werden, in 70 von 400 Kreisen in Deutschland stellen Senioren dann mehr als 40 Prozent der Nachfrage. Das hat eine am Montag veröffentlichte Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln ergeben. Denn allen speziell auf ältere Menschen abzielenden Angeboten zum Trotz:

          Wohnen nimmt im Alter eine zentrale Position der täglichen Lebensführung ein

          Die Adressierten möchten, solange es geht, in ihrer eigenen Wohnung wohnen, in Umfragen geben noch nicht einmal 20 Prozent der Rentner an, eine spezielle „altersgerechte“ Wohnform vorzuziehen. Insofern ist das Ehepaar Dettmer auch mit seinem Eigenheim für die Altersgruppe repräsentativ: Denn fast 90 Prozent der Menschen, die 80 Jahre und älter sind, wohnen noch in den eigenen vier Wänden - und sogar zwei Drittel aller Pflegebedürftigen werden zu Hause betreut.

          So selbständig wie Karlheinz und Gisela Dettmer können viele andere alte Menschen ihren Alltag freilich nicht mehr meistern - sie brauchen mehr Unterstützung von Verwandten, Nachbarn oder auch externen Dienstleistern wie ambulanten Pflegediensten. Und noch in anderer Hinsicht sind die beiden Senioren gegenüber vielen Altersgenossen im Vorteil: Ihr Haus, ein Flachdach-Bungalow, hat nur wenige Barrieren, die sie im Alltag behindern. Laut einer Erhebung der Universität Regensburg leben nur 5 Prozent der Senioren in einer altersgerechten Wohnung. Dazu zählen solche, die ohne Stufen oder Schwellen begehbar sind und in denen sich auch weniger mobile Menschen ohne Einschränkungen bewegen können. Eine bodengleiche Dusche gehört ebenso dazu wie Türen, die breiter als 80 Zentimeter sind, damit Rollstuhl oder Rollator hindurchpassen.

          Das Haus der Dettmers erfüllt zwar nicht alle dieser Kriterien, aber zumindest einige davon. „Als wir das Haus 1976 bauten, haben wir daran natürlich noch gar nicht gedacht“, berichtet Gisela Dettmer. Für die damals 55-Jährige sei das Alter noch weit weg gewesen. „Uns haben einfach das Haus und die Lage gefallen“, berichtet sie und dass es einfach „ein Glück“ sei, dass ihr Zuhause auch noch zur jetzigen Lebenssituation passe, die mit immer größeren Einschränkungen in der Mobilität verbunden ist.

          Auch das ist eine Erkenntnis der IW-Studie, für die 50 bis 65 Jahre alte Personen nach ihren Wohn-Präferenzen befragt wurden. Der künftigen Rentnergeneration sind ein Balkon, eine gute Lage und eine komfortable Ausstattung wichtig - Barrierefreiheit zählt hingegen nicht zu den entscheidenden Kriterien. „Lieber schön als altersgerecht“ fasst Immobilienökonom Michael Voigtländer, Autor der Studie, die Ergebnisse zusammen. Auch die Zahlungsbereitschaft, eine Wohnung altersgerecht umzurüsten, ist gering. Etwa 15 000 Euro kostet der Umbau, lautet eine Faustregel. Doch die allermeisten Mieter wollen dafür keine Mieterhöhungen in Kauf nehmen - ganz abgesehen davon, dass die wenigsten Vermieter bereit sind, eine Wohnung umzubauen, weil sich das in den meisten Fällen nicht rentiert.

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