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Wenig Rendite : Niedrigzins frisst sich in Lebensversicherungen hinein

Keine Besserung in Sicht: Die Überschussbeteiligungen der Versicherer sinken immer weiter. Bild: dpa

Die Anbieter von Lebensversicherungen kürzen ihre Überschussbeteiligungen stärker als im Vorjahr. Auch weil die Finanzaufsicht von den Versicherern verlangt zusätzliche Reserven zu bilden - und die werden zur Belastung für jüngere Kunden.

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          Wer sich vorbildlich verhält, kann zum Opfer seiner Umsicht werden. So ergeht es derzeit Lebensversicherungskunden, die auf die intensive Diskussion über die Altersvorsorge im Jahr 2001 reagiert haben und schon im Jahr darauf eine private oder geförderte Rentenversicherung gekauft haben – die also zu den Pionieren der Riesterpolicen gehören. Damals rechneten die Versicherer ihren Kunden durchschnittlich 6,13 Prozent auf den Sparanteil ihrer Beiträge an. Wer auf diesem Wert seine eigene Rentenplanung aufbaute, wurde seither herb enttäuscht. Denn schon im Jahr darauf stürzte diese laufende Verzinsung auf 4,86 Prozent regelrecht ab. Seither geht es kontinuierlich abwärts. Für dieses Jahr bekommen die Kunden gerade mal noch 3,3 Prozent gutgeschrieben.

          Philipp Krohn
          Redakteur in der Wirtschaft, zuständig für „Menschen und Wirtschaft“.

          Und dieser Wert entspricht noch nicht einmal einer Beitragsrendite, da die laufende Verzinsung nur auf den Teil des Beitrags angerechnet wird, der abzüglich der Kosten für den Vertragsabschluss und für die Risikovorsorge übrig bleibt. Schriebe man die derzeitigen Überschussbeteiligungen in die Zukunft fort, käme ein Verbraucher nach 25 Jahren im Marktdurchschnitt gerade noch auf eine prognostizierte Beitragsrendite von 2,87 Prozent – und wie unsicher selbst diese Illustration ist, zeigt sich am weiter fallenden Zinsniveau für deutsche Staatsanleihen. Die jährliche Überschussstudie, die die Ratingagentur Assekurata am Donnerstag in Köln vorgestellt hat, enthält eine Reihe solcher unerfreulichen Entwicklungen. „Wir haben eine pessimistische Erwartung im Hinblick auf die weitere Entwicklung der Überschussbeteiligung“, sagte Geschäftsführer Reiner Will. Mit anderen Worten: Die 3,16 Prozent, die auf Neuverträge durchschnittlich gutgeschrieben wurden, dürften im kommenden Jahr noch einmal unterschritten werden – womöglich sogar unter 3 Prozent. Der Rückgang fiel stärker aus als im Vorjahr.

          Junge Kunden besonders betroffen

          Von den 60 Unternehmen, die für die Studie Daten lieferten (und die für einen Marktanteil von 89 Prozent stehen), haben nur zehn ihre Überschussbeteiligung so hoch gelassen wie im Jahr zuvor. Die 50 anderen haben sie gesenkt. Sieben Unternehmen liegen inzwischen sogar unter 3 Prozent. Schon jetzt lässt sich vergleichsweise einfach voraussehen, dass es im kommenden Jahr noch weiter nach unten gehen dürfte. Denn die Finanzaufsicht verlangt von den Anbietern, dass sie zusätzliche Reserven bilden, um sicherzustellen, dass sie alle Verträge der Vergangenheit jederzeit bedienen können. Diese sogenannte Zinszusatzreserve macht inzwischen mehr als 20 Milliarden Euro aus. Zum Vergleich: In der Summe haben die Versicherer Eigenmittel in Höhe von 13,5 Milliarden Euro. Was in diese zusätzliche Reserve fließt, kann nicht an Kunden ausgeschüttet werden. Rechnet man mit den aktuellen Marktzinsen, könnten dieses Jahr weitere 9 Milliarden Euro zusätzlicher Reservebedarf entstehen, sagt Will. Das trifft besonders Kunden, die erst in den vergangenen Jahren einen Vertrag abgeschlossen haben. Denn mit den einbehaltenen Mitteln werden die Verbraucher bedient, die Policen mit einer höheren garantierten Verzinsung von 3,25 bis 4 Prozent gekauft haben. Die Diskrepanz zwischen den Kunden unterschiedlicher Tarifgenerationen wird also immer größer. Einige Versicherer könnten Schwierigkeiten bekommen, die Zusatzreserve aus ihren Überschüssen zu finanzieren, sagt Will. „Es hat keinen Sinn, dass der Patient am Ende an seiner Medizin erkrankt.“ Die Finanzaufsicht Bafin müsse erwägen, ob sie die Berechnungsgrundlage für die Reserve ändern sollte.

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