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Lebensversicherung : Mutige Versicherer werden belohnt

Bild: F.A.Z.

Lebensversicherer klagen über die Geldpolitik. Unabhängiger von Anleihen machen sie sich aber nicht. So lassen sie sich gute Chancen entgehen.

          5 Min.

          Wer sich einmal eine blutige Nase am Finanzmarkt geholt hat, legt vorsichtiger an. Vorsicht aber kann zu einem großen Problem werden. Das erleben zur Zeit Lebensversicherer, die noch Anfang des Jahrtausends bis zu einem Viertel ihrer Anlagen in Aktien liegen hatten. Die gesamte Branche hat ihre Engagements nach dem Ende der „New Economy“ deutlich zurückgefahren. Nun sitzt sie zu fast 90 Prozent auf festverzinslichen Papieren und lässt sich Gelegenheiten entgehen.

          Daniel Mohr
          Redakteur in der Wirtschaft.
          Philipp Krohn
          Redakteur in der Wirtschaft, zuständig für „Menschen und Wirtschaft“.

          Die Versicherer aber für ihre Mutlosigkeit zu verdammen greift zu kurz. Denn eine einmal gewählte Anlagestrategie zu korrigieren ist schwierig. Wer heute gut dasteht, hat einige wichtige Entwicklungen der letzten Jahre richtig antizipiert. Einfach auf diesen Weg umzuschwenken ist aber kurzfristig unmöglich.

          Doch der Reihe nach: Rund 92 Millionen Lebensversicherungsverträge halten deutsche Haushalte, zieht man Berufsunfähigkeits- und reine Risikoversicherungen ab, bleiben fast 80 Millionen Altersvorsorgeverträge. Die größte Herausforderung für die knapp 100 Lebensversicherer ist der Niedrigzins. Was noch vor einigen Jahren wie eine Lappalie aussah, stellt sich nun als Problem dar: Mehr als 3,25 Prozent jährlich versprachen die Gesellschaften zwischen 1987 und 2003, von 1994 bis 2000 waren es sogar 4 Prozent. Mit mickrigen 1 Prozent aus zehnjährigen Bundesanleihen ist das nicht zu erwirtschaften.

          Um ihre hochprozentigen Verträge sicher erfüllen zu können, verlangt die Finanzaufsicht als Sicherheit eine Zinszusatzreserve, die sich über die Jahre auf 13,5 Milliarden Euro summiert hat. Dieses Jahr dürften noch einmal 8 bis 9 Milliarden Euro hinzukommen. Das müssen die Versicherer aus den gewöhnlichen Erträgen stemmen und gleichzeitig den Rest der Kunden mit vernünftigen Überschussbeteiligungen bei Laune halten.

          Doch die Renditen sinken wegen der strategischen Entscheidungen der Vergangenheit. „Versicherer haben zu viel Kapitalanlage-Kapazität abgegeben und zu viel auf wenige Anlageklassen mit einem engen Emittentenkreis gesetzt“, sagt Carsten Zielke, selbständiger Unternehmensberater aus Aachen, der seit Jahren in vielen Häusern ein und aus geht. So entstand eine hohe Abhängigkeit von Banken und Staaten.

          Momentan suchen die Lebensversicherer händeringend nach attraktiveren Anlagemöglichkeiten: Gewerbeimmobilien, Infrastrukturinvestitionen, Beteiligungen und Unternehmensanleihen außerhalb Europas stehen hoch im Kurs. Nur 1,5 Milliarden ihrer insgesamt 800 Milliarden Euro umfassenden Kapitalanlage haben sie derzeit direkt in Aktien angelegt. Hinzu kommen rund 25 Milliarden Euro in Aktienfonds. Und das dürfte sich nicht so schnell ändern, denn das künftige Aufsichtsrecht Solvency II verlangt, das Schwankungsrisiko mit vielen Eigenmitteln zu unterlegen. Die Fähigkeit, Eigenmittel aufzubauen, wird indes durch das Lebensversicherungsreformgesetz vom August eingeschränkt. Konnten die Gesellschaften früher 25 Prozent ihrer Risikogewinne einbehalten, um das Eigenkapital zu stärken, dürfen sie künftig nur noch 10 Prozent aller Gewinne dafür verwenden. Wer also nicht schon vor vielen Jahren angefangen hat, sich mit wachsenden Risikopuffern auf Solvency II vorzubereiten, kann nun kaum in attraktivere Anlageklassen wie Aktien, Risikoanleihen mit höheren Renditen (High Yield) oder Private Equity gehen. Der Mut zu höherem Risiko muss durch die Fähigkeit zu investieren unterfüttert sein.

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