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Elektronische Steuererklärung : Aus die Steuer-Maus

Kriegserklärung an die Steuerberater? Steuererklärung über das Internet Bild: Finger, Stefan

Der Staat wirbt für die vorausgefüllte Steuererklärung über das Internet. Die erkläre sich fast von selbst, heißt es. Doch der Selbstversuch endet in einem Desaster.

          3 Min.

          Papa! Warum finden die Bienen die Blumen so toll?“ Ein junger Vater sitzt vor dem Notebook, die Tochter turnt an ihm herum. „Manchmal ist es richtig schwierig, eine gute Erklärung abzugeben ...“ Was wie ein Auszug aus einem Elternratgeber wirkt, findet sich auf der Internetseite der Finanzbehörden, die für ihr neuestes Produkt werben: die vorausgefüllte Steuererklärung.

          Manfred Schäfers
          Wirtschaftskorrespondent in Berlin.

          Es klingt wirklich traumhaft. Man meldet sich einmal im Internet beim Finanzamt an und findet dann dort seine Steuererklärung gleichsam unterschriftsreif vor. Kinderleicht soll es sein: „Meine Steuer mache ich heute einfach online.“ Und damit nicht genug: „... erklärt sich fast von selbst, die Steuersendung mit der Maus.“

          Vielleicht haben wir ja die deutschen Finanzbehörden bislang unterschätzt. Unser zuständiges Finanzamt wirkt wie ein moderndes Relikt aus der Kaiserzeit, an dem sämtliche Zeiten der Moderne spurlos vorübergegangen sind. Jeder Besuch endet mit einem tiefen Mitleid für alle, die dort arbeiten müssen. Und dann das: Die Finanzbehörden bieten im Internet nicht nur sämtliche Formulare an, sondern das Ganze unter Verweis auf einen notorisch diebischen Vogel: die Elster. Selbstironie ist ein gutes Zeichen. Wer über sich selbst schmunzeln kann, sollte sich auch in die Steuerzahler hineinversetzen können.

          Vorausgefüllte Steuererklärung als Serviceangebot

          Der Fiskus gibt sich zumindest schon einmal bürgerfreundlich. „Die vorausgefüllte Steuererklärung ist ein kostenloses Serviceangebot der Steuerverwaltung, das Ihnen die Erstellung Ihrer Einkommensteuererklärungen für die Jahre ab 2012 erleichtern soll.“ Es wirkt wie eine Kriegserklärung an die Zunft der Steuerberater, die davon leben, dass Finanzamt und Bürger einander schon lange nicht mehr verstehen.

          Der Startschuss ist gefallen: „Die vorausgefüllte Steuererklärung steht Ihnen ab Anfang 2014 zur Verfügung.“ Diese Daten sollen zur Verfügung stehen: die vom Arbeitgeber, die von der Rentenversicherung, die Beiträge zu Kranken- und Pflegeversicherungen und die Überweisungen für Riester- oder Rürup-Verträge. Wer keine Nebeneinnahmen hat, der ist damit vermutlich fein raus.

          Doch bevor man sieht, was der Fiskus tatsächlich über einen weiß, muss man sich anmelden. Wir starten einen Selbstversuch. Der „Konfigurations-Assistent“ prüft den Computer. Das geht verblüffend schnell und endet zur allgemeinen Zufriedenheit. Anschließend fragt Elster nach den persönlichen Daten. Danach gibt es zwei Codes, einmal mit einer E-Mail, die sofort kam, und ganz traditionell über den Briefträger, nach wenigen Tagen lag auch dieser Umschlag bei uns im Kasten.

          Unübersichtlich und umständlich wie immer

          Jetzt kann der Selbstversuch tatsächlich beginnen. Man klickt die in der E-Mail angegebene Seite an und ist in wenigen Sekunden registriert. Doch wer denkt, dort auf die Seite mit der vorausgefüllten Steuererklärung zu stoßen, sieht sich getäuscht. Alles ist ungefähr so übersichtlich oder unübersichtlich wie die altbekannten Steuerformulare – man muss sich durch viele Felder quälen. Nach einigen frustrierenden Klicks stößt man unter der Überschrift „Dienst“ auf ein Unterverzeichnis, in dem unter „Belegabruf (vorausgefüllte Steuererklärung)“ offenbar der gesuchte Heilige Gral stecken muss. Doch auch hier muss man sich wieder erst einmal anmelden. Das geht zwar erstaunlich schnell, es gibt sofort eine neue E-Mail mit einem Code, aber anschließend immer noch keine vorausgefüllte Steuererklärung. Nach immer hektischerem Klicken stößt der zunehmend genervte Steuerbürger auf die „ Statusmitteilung für Berechtigungen: Eintragung der Berechtigung“.

          Doch auch das war offenbar nur ein Vorspiel. „Zum Einfüllen der Belege verwenden Sie jedoch die entsprechende Funktion ,Belege‘ im Formular der Einkommensteuererklärung.“ Das hilft nicht unbedingt weiter. Unter Formulare stößt man zwar auf die Einkommensteuererklärung, aber die ist so leer wie mittlerweile der ganze Kopf.

          Zurück zur Rubrik Dienste. Dort wieder zu „Belegabruf (vorausgefüllte Steuererklärung)“ und zum Unterpunkt „Abrufen von Belegen“. Dort gibt es tatsächlich ein Feld: „Belege abrufen“. Gelesen, getan: Hier wird nochmals die Identifikationsnummer verlangt, aber wenn dies das letzte Hindernis ist, soll es recht sein. Doch dahinter wartet die nächste Hürde: Sie fragen nicht nur nach der Pin-Nummer (die kennt man von der Anmeldung). Plötzlich wollen sie auch noch einen Abruf-Code wissen, von dem bisher keiner etwas gesagt hat.

          Hier beenden wir den Selbstversuch. Die angeblich kinderleichte Erklärung erklärt sich überhaupt nicht von selbst. Soll sich doch der Steuerberater wieder mit dem Finanzamt herumschlagen.

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