Neuer Abgastest : 50 Prozent mehr Kfz-Steuer für einen neuen BMW
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Der neue Emissions- und Verbrauchstest namens „Worldwide Harmonized Light Vehicle Test Procedure“ könnte die Kfz-Steuer für Neuwagen bald erhöhen. Bild: AP
Ein neuer Abgastest erhöht die Kosten fabrikneuer Autos. Käufer müssen mit einer höheren Kraftfahrzeugsteuer rechnen. Bundesregierung und Finanzministerium sehen darin kein Problem, die FDP kritisiert die zusätzlichen Belastungen für Steuerzahler.
Wer sich von September an ein fabrikneues Auto kaufen möchte, muss damit rechnen, mehr Kraftfahrzeugsteuer für seinen Neuwagen zahlen zu müssen. Der Grund dafür ist der neue Emissions- und Verbrauchstest namens „Worldwide Harmonized Light Vehicle Test Procedure“. Seit September vergangenen Jahres gilt diese Abgastestmethode für erstmals vom Kraftfahrt-Bundesamt genehmigte neue Fahrzeugtypen. Von diesem September an müssen nun sämtliche Neuzulassungen in Deutschland das mit WLTP abgekürzte Verfahren erfüllen.
Eigentlich soll der neue Test einen Missstand beheben, den viele Autofahrer kennen: Die Verbrauchswerte, die Autohersteller in ihren Prospekten angaben, stimmten oft nicht mit der Realität überein. Auf der Straße verbrauchten die Autos oft mehr Kraftstoff als auf dem Papier. Das lag daran, dass das bisherige Testverfahren, der Neue Europäische Fahrzyklus, das reale Fahrverhalten nur ansatzweise abbildete. Der nun geltende Nachfolgezyklus, der WLTP, dauert unter anderem länger, sieht eine höhere Durchschnittsgeschwindigkeit vor und setzt auch die Höchstgeschwindigkeit nach oben.
Dadurch verbrauchen die Autos im Test mehr Kraftstoff, und auch der Ausstoß des Treibhausgases Kohlendioxid (CO2) steigt. Da sich die Kraftfahrzeugsteuer seit Juli 2009 aber auch an den CO2-Emissionen bemisst, müssen Neuwagenkäufer nun mehr Steuern zahlen. Welche Konsequenzen das für einzelne Modelle hat, zeigen Berechnungen des Autofahrervereins ADAC. Abhängig vom Fahrzeug und der Motorisierung, kann die Kfz-Steuer vom nächsten Monat an zwischen rund 20 und gut 70 Prozent steigen – obwohl sich technisch gesehen an den Fahrzeugen nach dem Stichtag nichts ändert.
Bundesregierung und Finanzministerium sehen kein Problem
Die Bundesregierung sieht jedoch keinen Grund, auf höhere Einnahmen aus der Kfz-Steuer zu verzichten – obwohl Union und SPD im Koalitionsvertrag versprochen haben, die Steuern nicht zu erhöhen. „Durch das WLTP-System mit dem neuen Berechnungsmodus kommen wir zu gerechteren Angaben beim Treibstoffverbrauch und den Schadstoffwerten. Genau das wurde immer gefordert und deswegen eingeführt“, teilt das Bundesverkehrsministerium am Mittwoch auf Anfrage mit.
Das Bundesfinanzministerium sieht ebenfalls kein Problem. „Stichtagsregelungen sind nach gefestigter Rechtsprechung gerade bei einer Massensteuer auch verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden“, schreibt die Parlamentarische Staatssekretärin Christine Lambrecht auf eine Anfrage des FDP-Abgeordneten Oliver Luksic. Die Bundesregierung werde auf Wunsch des Finanzausschusses nach zwölf Monaten prüfen, wie sich die höheren CO2-Werte nach WLTP auf die Kraftfahrzeugsteuer auswirken.
Staatssekretärin Lambrecht ergänzt, nach dem neuen Messverfahren würden zwar überwiegend höhere realitätsnähere Emissionswerte erwartet. „Diese sollen aber fahrzeugbezogen stark variieren und können daher voraussichtlich in einigen Fällen auch etwa gleich bleiben oder geringer ausfallen.“ Im letzten Fall müsste die Steuer sinken.
Einen Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung hält das Ministerium dem Vernehmen nach ebenfalls nicht für problematisch, da es für die höhere Besteuerung der Neuzulassungen „verkehrsrechtlich genehmigte Ausnahmen für Pkw auslaufender Serien und Lagerfahrzeuge“ gebe. Der FDP-Finanzpolitiker Florian Toncar kritisierte dagegen in der F.A.Z.: „Das ist eine Steuererhöhung durch die Hintertür. Die Belastung der Bürger geht erneut nach oben – trotz Rekordeinnahmen. Dabei wäre eine aufkommensneutrale Lösung problemlos machbar gewesen. Unser ganzes Steuer- und Abgabensystem driftet in eine völlig falsche Richtung.“