Umfrage in zwölf Ländern : Viele Frauen in Europa wären so gerne unabhängig
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Bürobrücke bei Goldman Sachs in London Bild: REUTERS
Ein eigenes Einkommen ist der Schlüssel zu finanzieller Freiheit. Entscheidend sind allerdings auch die jungen Jahre. Doch Deutschland hinkt hinterher.
Welch hohes Gut Freiheit ist, zeigt sich gerade in diesen Tagen mit Blick auf zahlreiche Länder der Erde, mit nicht endenden Protesten und großem Leid. Freiheit hat gleichwohl mannigfaltige Facetten, auch sehr persönliche. Für viele Menschen ist etwa finanzielle Unabhängigkeit wichtig, da diese Freiheit ermöglicht. Den Wunsch danach verspüren offenbar viele Frauen in Europa. Dies ergibt eine bevölkerungsrepräsentative Umfrage von Mastercard zusammen mit dem Forschungsinstitut Alpha Research unter 12 .000 Frauen in zwölf europäischen Ländern im Alter von 25 bis 75 Jahren.
Finanzielle Unabhängigkeit ist für viele ein Inbegriff von Freiheit. Knapp drei Viertel der befragten Frauen in Europa streben danach. Für fast zwei Drittel der 1000 deutschen Befragten zählt sie zu den wichtigsten Zielen im Leben. 70 Prozent davon fühlen sich finanziell unabhängig – 30 Prozent jedoch nicht. In Europa belege Deutschland damit keinen Spitzenplatz, heißt es. Französinnen und Rumäninnen (je 79 Prozent) sowie Portugiesinnen (78 Prozent) seien in dieser Hinsicht weiter.
Fast drei Viertel der deutschen Befragten, die sich finanziell unabhängig fühlen, sehen in der vergleichsweise geringeren Bezahlung von Frauen gegenüber Männern („Gender Pay Gap“) den Hauptgrund für die Abhängigkeit. Dies sei mit Abstand der höchste Wert in Europa, sagt Mastercard. Zwei weitere Gründe gingen ebenfalls mit geringeren Einnahmen einher: ein höherer Anteil unbezahlter „sorgender“ („Care“-)Tätigkeiten oder gar die Aufgabe der beruflichen Karriere zum Wohle der Familie als Hausfrau. Dennoch fühlten sich 63 Prozent der deutschen Befragten finanziell unabhängiger als frühere Generationen.
Betroffene haben wenig Hoffnung
Die große Mehrheit der Frauen, die sich hierzulande als finanziell abhängig bezeichneten, sieht diese Situation als unabänderlich an. Häufig herrscht Unsicherheit im Umgang mit Geldthemen, sodass finanzielle Entscheidungen dem Partner überlassen werden. Nur jede vierte deutsche Frau etwa fühlt sich demnach beim Thema Finanzen gut informiert.
Wesentlicher Faktor für die finanzielle Unabhängigkeit ist ganz klar das eigene Einkommen. Dies sagen 87 Prozent der finanziell unabhängigen deutschen Studienteilnehmerinnen. Für das Gefühl der Unabhängigkeit sind Ersparnisse ebenfalls wichtig (29 Prozent), auch das Verwalten der Finanzen mit Finanztools (12 Prozent) hilft demnach. Dabei sind offenbar vor allem die jungen Lebensjahre entscheidend: 59 Prozent der deutschen Frauen sagen, dass sie die finanzielle Unabhängigkeit bis zum 24. Lebensjahr erreicht haben, bis zum 30. Geburtstag sind es schon 85 Prozent.
Die Wahrnehmung der finanziellen Unabhängigkeit werde oft stark durch das Aufwachsen in überholten Rollenmodellen geprägt, sagen die Fachleute von Mastercard. Mehr als die Hälfte der deutschen Befragten gab an, dass sich in der Familie überwiegend der Vater um die Finanzen gekümmert habe. Nur 12 Prozent der Frauen berichteten davon, dass eine Frau in dem Haushalt, in dem sie aufgewachsen seien, größere Anschaffungen wie ein Auto oder gar eine Immobilie allein getätigt hätten. Dies sei einer der niedrigsten Werte im europäischen Vergleich (Durchschnitt: 25 Prozent), heißt es in der Analyse. Dabei sei es essenziell, dass sich Mütter für finanzielle Unabhängigkeit starkmachten und diese Töchtern vorlebten.
„Wir beobachten bei Frauen ein höheres Risiko für finanzielle Engpässe und Altersarmut“, sagt Peter Robejsek, zuständig bei Mastercard f̈ür Deutschland. Dies müsse sich ändern. Viele Menschen fühlten sich mit dem Thema Finanzen nicht wohl. Das liege meist daran, dass notwendiges Wissen nicht vermittelt worden sei. Sich dieses anzueignen sei aber gar nicht so kompliziert, wie viele vielleicht dächten. Es könne sogar Spaß machen.