Sparen ohne Spaß : Wir wollen mehr Zinsen!
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So spannend wie ein Fußballspiel ohne Tore: Die EZB wird die Zinsen wohl noch zwei Jahre bei 0,15 Prozent belassen Bild: Getty Images/nPine
Weniger als ein Prozent für Tagesgeld, 1,3 Prozent für Bundesanleihen: So langsam reicht es. Wenn alles gutgeht, könnten nächstes Jahr die Zinsen steigen.
Für Sparer gab es in der vergangenen Woche eine weitere deprimierende Nachricht: Auch die Direktbank ING-Diba, die mit ihrem Tagesgeldkonto für so manchen verzweifelten Sparkassen- und Volksbankkunden zur letzten Zuflucht geworden ist, senkt zum 1. Juli die Zinsen unter ein Prozent. Mickrige 0,8 Prozent bekommen Privatanleger dort künftig noch für ihr Erspartes – bei einer Inflation von rund einem Prozent ein Verlustgeschäft.
Wann ist die Zeit dieser extremen Niedrigzinsen endlich vorbei? Mario Draghi, der Präsident der Europäischen Zentralbank, macht Sparern da wenig Hoffnung. In einem Interview mit der niederländischen Zeitung „de Telegraaf“ ließ er vor rund einer Woche durchblicken: Die Notenbank will die Zinsen bis Ende 2016 auf dem historischen Tiefstand von 0,15 Prozent belassen. Das wären weitere zweieinhalb Jahre, in denen Sparen ungefähr so viel Spaß macht wie ein Fußballspiel ohne Tore.
Das einzig Tröstliche: Es liegt keinesfalls allein in Draghis Macht, wann die Zinsen steigen. Und zwar aus zwei Gründen: Zum einen zeigt die Erfahrung, dass Notenbanken auf ihre eigenen Ankündigungen keinerlei Rücksicht nehmen können, wenn die Konjunktur anzieht. „Wie schnell der Wind sich drehen kann, lässt sich im Augenblick schön bei der Bank of England beobachten“, sagt Andreas Rees, Volkswirt der Bank Unicredit. Lange verkündete die englische Notenbank, sie werde erst 2015 oder 2016 die Zinsen anheben. Jetzt zieht die Wirtschaft an – und die Angst vor einer Immobilienblase geht um. „Nun dürfte die erste Leitzinsanhebung bereits im November erfolgen“, meint Rees.
Zum anderen kann die Europäischen Zentralbank ohnehin nur den Leitzins und damit die kurzfristigen Zinsen halbwegs zuverlässig beeinflussen. Die langfristigen Zinsen, also etwa für zehnjährige Bundesanleihen oder Festgeld mit längerer Laufzeit, hat sie nur sehr begrenzt unter Kontrolle. Die Folge: Wenn in Amerika im Herbst die Käufe der Staatsanleihen enden und im nächsten Frühsommer die Leitzinsen angehoben werden, wie viele Experten erwarten, dürfte das Auswirkungen auf Deutschland haben. Vergangene Woche sorgte James Bullard, ein Mitglied der amerikanischen Notenbank, für Spekulationen, dieser Schritt könnte sogar vorgezogen werden. „Wenn die Fed die Leitzinsen erhöht, werden auch bei uns die Kapitalmarktzinsen für längere Laufzeiten steigen“, sagt Andrew Bosomworth, Deutschland-Chef des weltgrößten Anleiheinvestors Pimco.
Dabei gibt es eine Faustregel: Ein Prozentpunkt mehr in Amerika bedeutet 0,5 Prozentpunkte mehr in Europa. So war es zumindest bei früheren Zinserhöhungen. Der Mechanismus funktioniert so: Wenn in Amerika die Zinsen steigen, erhöht sich der Anreiz für institutionelle Investoren, ihr Geld in Amerika anzulegen, und nicht in Europa. Ist der Zinsabstand groß genug, nehmen sie das Währungsrisiko in Kauf und verlagern große Summen. Auf diese Weise kann beispielsweise der deutsche Finanzminister unter Druck geraten, auch etwas mehr Zinsen zahlen zu müssen. In der Folge steigen die Kapitalmarktzinsen dann auch in Europa: Amerika läuft vor – und wir folgen.
Jürgen Fitschen, Ko-Vorstandsvorsitzender der Deutschen Bank, wagt eine Prognose, wie das ausgeht. „Die EZB hat deutlich gemacht, dass wohl kaum vor Ende 2016 mit einer vorsichtigen Anhebung der Leitzinsen gerechnet werden kann“, sagt Fitschen. „Trotzdem könnten die Renditen am langen Ende in Folge der von uns erwarteten Zinswende in Amerika gegen Jahresende leicht in Richtung zwei Prozent ansteigen.“ Renditen am langen Ende – das ist zum Beispiel die Verzinsung von zehnjährige Bundesanleihen. Sie liegt im Augenblick bei 1,26 Prozent – ein Anstieg in Richtung zwei Prozent wäre also ein erster Schritt weg von den Rekord-Niedrigzinsen. Ein Anfang zumindest.