Umstrittene Einlagensicherung : Im Haftungsfonds der Sparkassen fehlen Milliarden
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Georg Fahrenschon, Präsident des Sparkassen- und Giroverbandes (DSGV), bei seiner Amtseinführung mit Bundeskanzlerin Angela Merkel. Bild: dapd
Wer sichert im Fall einer Insolvenz die Einlagen der Sparer? Die EU verlangt Nachbesserungen von den öffentlich-rechtlichen Kreditinstituten. Doch gegen eine deutschlandweite Einlagensicherung gibt es regionalen Widerstand.
Im August 2013 wollte Sparkassenverbandspräsident Georg Fahrenschon von einem Streit zwischen den Sparkassen und den Landesbanken über die Lastenverteilung im Stützungsfonds der öffentlichen-rechtlichen Finanzgruppe nichts wissen. „Richtig ist, dass darüber vorbereitende und zielführende Gespräche stattfinden“, schrieb Fahrenschon damals in einer internen Mitteilung an die 416 Sparkassen. Eineinhalb Jahre später aber streiten Sparkassen und Landesbanken noch immer darüber, wer die bis 2024 im Haftungsfonds fehlenden rund 2,5 Milliarden Euro aufbringt.
Die kommunalen Sparkassen und die genossenschaftlichen Volks- und Raiffeisenbanken bilden mit ihren Zentralinstituten wie den Landesbanken und der DZ Bank die zwei das deutsche Kreditwesen dominierenden Verbundsysteme. Alle Gruppenmitglieder garantieren sich gegenseitig mit Zahlungen in Stützungfonds, dass sie füreinander haften. Damit sichern sie zu, dass kein Institut ihrer Gruppe insolvent geht („Institutssicherung“). Die Sparkassen haben in den vergangenen 40 Jahren über ihr Sicherungssystem 3,5 Milliarden Euro aufgewendet, um einzelne Sparkassen und Landesbanken zu stützen und vor der möglichen Insolvenz zu bewahren. Der Fonds der genossenschaftlichen Bankengruppe musste angeblich sogar das Doppelte zahlen, um zu gewährleisten, dass keine Genossenschaftsbank ihren Gläubigern oder Sparern etwas schuldig blieb.
Sparkassen könnten ihre Privilegien in Europa verlieren
Die Europäische Union aber verlangt nun Nachbesserungen. Obwohl die Verbünde eine Bankeninsolvenz durch die Institutssicherung ausschließen wollen, fordert die EU zusätzlich Zusagen darüber, wie Sparkassen und Volksbanken im Fall einer Insolvenz die gesetzlich vorgeschriebene Entschädigung von 100.000 Euro je Sparer leisten werden. Die Sparkassen haben am Freitag dem Deutschen Sparkassen- und Giroverband (DSGV) auf einer Mitgliederversammlung den Auftrag erteilt, bis April oder Mai ein derartiges Einlagensicherungssystem auszuarbeiten. Dies ist auch deshalb brisant, weil das Haftungssystem der Sparkassengruppe bisher im Kern aus regionalen Fonds besteht. Nur bei größeren Stützungsfällen und bei Landesbanken sollen Hilfen aus anderen Regionen angefordert werden können.
Widerstand gegen eine künftig deutschlandweite Einlagensicherung in der Sparkassen-Finanzgruppe kommt nicht zufällig aus Nordrhein-Westfalen. Dort gibt es nach dem Untergang der WestLB keine eigene Landesbank mehr. Der regionale Stützungsfonds der Sparkassen in Nordrhein-Westfalen musste bei den Versuchen zur Rettung der WestLB, etwa einer Risikoabschirmung über 18 Milliarden Euro, bis über seine Belastungsgrenze hinaus beitragen. Die übrigen Landesbanken gaben nur 200 Millionen Euro. Das hat man in Nordrhein-Westfalen nicht vergessen. Weil Landesbanken als große Zentralinstitute im Fall einer Schieflage als die größte Gefahr für die kleinen, dann zur Stützung verpflichteten Sparkassen gelten, fordert Westfalen-Lippe, eine Haftungsobergrenze einzuführen. Nur unter dieser Bedingung hat der Regionalverband eine Einlagensicherung durch den DSGV am Freitag akzeptiert.
Weil Westfalen-Lippe zweifelt, dass der DSGV diese Bedingung erfüllen wird, hat sich der Verbandsvorstand „rein vorsorglich“ von seinen Sparkassen die Erlaubnis geben lassen, mit anderen Partnern zu verhandeln. Verbandspräsident Rolf Gerlach favorisiert, dass die Sparkassen ihre Einlagenentschädigung nicht über den DSGV regeln, sondern sich dem Einlagensicherungsfonds des Bundesverbandes Öffentlicher Banken Deutschlands (VÖB) anschließen. Dort sind die Landesbanken ohnehin Mitglied, darüber hinaus etwa auch die KfW und andere Förderbanken. Der DSGV hält dem entgegen, dass die Sparkassenfinanzgruppe ohne eigenes Einlagensicherungssystem Privilegien verlieren würde, die sie mühsam in Europa durchgesetzt hat. Dazu zählt, dass Kredite und Beteiligungen an Gruppenmitglieder nicht mit Eigenkapital unterlegt werden müssen. In Nordrhein-Westfalen glaubt man, auf dieses Privileg verzichten zu können.