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Financial Literacy : Wir können nicht mit Geld umgehen!

So ähnlich läuft im übertragenen Sinne das Spiel an den Märkten. Um sich trotz zahlreicher Ungewissheiten dennoch irgendwie darauf einzustellen, sollten sich Anleger darum sogenannte Heuristiken zunutze machen. Hinter dem ungewohnten Wort verbirgt sich nichts anderes als ein paar Leitsätze, die die Komplexität der Börsen auf wenige, einfache Regeln zu reduzieren versuchen, die jeder Geldanleger schon mal gehört hat: Nicht alle Eier in einen Korb, lautet so eine Bauern-Börsenregel.

Dass klingt profaner, als es ist. Die eigenen Anlagen möglichst breit zu streuen ist nämlich der wichtigste Grundsatz der Geldanlage - also der Gedanke, in möglichst unterschiedliche Anlageformen wie Aktien, Anleihen und Immobilien zu investieren, um so das Gesamtrisiko im eigenen Depot so niedrig wie möglich zu halten.

Eine weitere Börsenregel lautet: Kaufe deine Anlagen so günstig wie möglich ein - dies gilt besonders für Investmentfonds. Denn die künftige Wertentwicklung der Fonds ist ungewiss, mögen die Erfolge in der Vergangenheit auch noch so groß und beeindruckend gewesen sein - gewiss sind nur die Gebühren, die der Anleger auch im Falle von Verlusten zahlen muss.

Kaum ein Fonds schlägt den Markt dauerhaft

Doch halt! Nur nicht übertreiben! Auch der Anspruch, zum Überexperten in Finanzdingen zu werden, ist falsch. Denn eines haben zahlreiche Studien über das Anlageverhalten in den vergangenen Jahren glasklar bewiesen: Den Börsenprofis nachzueifern und es am Ende gar selbst bis zum veritablen Anlageexperten auf allen Gebieten des Kapitalmarktes zu bringen ist nicht erstrebenswert. Die sogenannten Experten machen es meist auch nicht besser als alle die Laien, die ein paar Grundregeln beherzigen und über ein solides Finanzwissen verfügen: Jeder kennt das Experiment von den Affen im Zoo, die sich dreißig Würfel mit unterschiedlichen Farben greifen, wovon jede für die Aktie eines bestimmten Unternehmens steht - nach einem Jahr haben die Primaten die Börsianer in der Wertentwicklung der Depots klar geschlagen.

Fondsmanagern kann man mit so einer Geschichte natürlich nicht kommen. Verwunderlich ist das kaum: Schließlich hängt von ihrer Anlagekompetenz der Erfolg ihres Geschäftsmodells ab. Der Wirtschaftsnobelpreisträger Daniel Kahneman hat indes das Gegenteil nachgewiesen: Danach unterliegen viele Fondsmanager der sogenannten „Kompetenzillusion“. In der Tat schneiden jedes Jahr einige Fondsmanager besser ab als andere - klar, dass sie sich für besser halten als die Konkurrenz. „Trotzdem lassen sie ein elementares Zeichen für Kompetenz vermissen“, schreibt Kahneman: anhaltenden Erfolg.

Tatsächlich ergibt sich aus einer einfache Auswertung für Europa und Amerika: Es gibt kaum Beispiele dafür, dass es einem Manager wirklich über viele Jahre hinweg immer gelingt, eine bessere Wertentwicklung zu erzielen als beispielsweise der Dax. Kaum einer schafft es also, den Markt dauerhaft zu schlagen.

Wenn man unter Finanzbildung vor allem die Fähigkeit zu klugen Finanzentscheidungen versteht, dürfte es sich also überraschenderweise als besonders klug erweisen, das eigene Finanzwissen nicht über alle Maßen auszuweiten. Das sollte aber nicht dazu verleiten, die Dinge nun völlig unstrukturiert anzugehen: Sich auf eine Art „Learning-by-doing“-Verfahren zu verlassen kann nämlich ziemlich schiefgehen - zumal eine falsche Anlageentscheidung sich oft nur unter hohen Kosten rückgängig machen lässt.

Wer die drei Fähigkeiten erwirbt oder ausbaut, die in diesem Text vorgestellt wurden, hat schon viel getan, damit er keine böse Überraschung in Finanzfragen erlebt: Rechnen lernen. Die eigene Bilanz aufstellen. Und ein Gespür dafür bekommen, wie wahrscheinlich oder unwahrscheinlich Gewinn und Verlust bei einem Finanzprodukt sind.

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