Gefragtes Bargeld : Milliarden unterm Kopfkissen
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Bargeld schützt vor negativen Zinsen – kann aber leicht geklaut werden. Bild: dpa
Seit es keine Zinsen mehr gibt, hat sich die Hortung von Bargeld verstärkt. Durch die Corona-Krise ist noch einmal ein Schub dazu gekommen.
Die Menschen in Deutschland sind zu Beginn der Corona-Krise einer Studie zufolge ins Bargeld geflüchtet. Krisen schienen allgemein dazu zu führen, dass noch mehr Bargeld gehortet werde, heißt es von der Direktbank ING Deutschland. Der Umlauf von Scheinen und Münzen im Euroraum stieg im März um fast 100 Milliarden Euro oder 8 Prozent, wie aus einer Analyse der Beratungsfirma Barkow Consulting im Auftrag der Bank hervorgeht.
Verglichen mit der Entwicklung in den Vormonaten Januar und Februar lasse sich ein „Corona-Sondereffekt“ von etwa 30 Milliarden Euro ausweisen. Davon entfielen etwa 20 Prozent beziehungsweise 6 Milliarden Euro auf Privathaushalte in Deutschland. Auch während der Finanzkrise vor zwölf Jahren habe die Bargeldhaltung im vierten Quartal des Jahres 2008 den höchsten Anstieg innerhalb von fast 5 Jahren verzeichnet und sich gegenüber den Vergleichsperioden der drei Vorjahre fast vervierfacht.
Die Bundesbank hatte zu Beginn der Krise ebenfalls einen Anstieg der Nachfrage nach Scheinen und Münzen festgestellt. Anschließend seien die Volumina aber wieder deutlich zurückgegangen. Der Analyse zufolge besaßen die Menschen in Deutschland Ende 2019 insgesamt 253 Milliarden Euro Bargeld, durchschnittlich mehr als 3000 Euro je Bundesbürger.
Die Hortung von Bargeld begann den Daten zufolge mit der Niedrigzinsphase im Euroraum. Seit Ende 2013 haben sich demnach die Bargeldbestände in Deutschland mehr als verdoppelt, obwohl es durch die Inflation einen Wertverlust von durchschnittlich etwa ein bis zwei Prozent im Jahr gab.
„Es ist sei angesichts der Krisen der vergangenen Jahrzehnte kein Wunder, wenn die Deutschen etwas verunsichert seien, meint Thomas Dwornitzak, Leiter Sparen & Anlegen der ING Deutschland. Zwar behalte Bargeld aus Sicht der Kunden die Rolle eines „sicheren Hafens“, gleichzeitig verliere es aber zunehmend die Rolle als Zahlungsmittel.
Nach Angaben der Deutschen Kreditwirtschaft von Ende März nutzen die Menschen verstärkt die Möglichkeit, kontaktlos zu zahlen. Mehr als die Hälfte aller Girocard-Zahlungen wurde zuletzt kontaktlos durchgeführt. Im Dezember 2019 lag dieser Anteil noch bei 35 Prozent.
Jüngsten Umfragen der Bundesbank zufolge bezahlen die meisten Menschen in Deutschland ihren Einkauf derzeit trotz der Corona-Pandemie wie gewohnt. Lediglich 25 Prozent von rund 1000 Befragten hätten ihr Zahlungsverhalten geändert.