Private Krankenversicherung : Neue Tarife erfüllen Mindestforderungen nicht
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Gerade in der Psychotherapie bieten die privaten Versicherer oft weniger Leistungen als die gesetzlichen Bild: Röth, Frank
Nach der Kritik an einem zu geringen Leistungsumfang haben die privaten Krankenversicherer reagiert: Neue Tarife beinhalten mehr Leistungen. Doch die Mindestanforderungen sind weiter nicht erfüllt.
Das Jahr 2012 war in der privaten Krankenversicherung von zwei Diskussionen geprägt: über die Einführung von geschlechtsneutralen Unisex-Tarifen und über die Kritik, die Versicherer böten in einigen Feldern einen geringeren Leistungsumfang als die gesetzlichen Krankenkassen.
Weil sie ihr Tarifwerk für die Unisex-Regel umfassend neu gestalten mussten, bot sich die Chance, gleichzeitig auch diese Kritik zu entkräften. Drei Empfehlungen sprach deshalb der PKV-Verband an seine Unternehmen aus: Sie sollten jährlich mindestens 50 Psychotherapiesitzungen erstatten, den Hilfsmittelkatalog nicht beschränken und während der Vertragslaufzeit drei Suchtentwöhnungen gewähren.
Psychotherapie nicht ohne Selbstbeteiligung
Das haben die Unternehmen allerdings nur zum Teil aufgegriffen, wie eine aktuelle Untersuchung der Ratingagentur Assekurata zeigt. Sie hat die jeweils günstigsten Tarife in den drei Segmenten Einsteiger, Komfort und Luxus miteinander verglichen. Vor allem in der günstigsten Kategorie zwischen 126 und 240 Euro Monatsbeitrag haben zwar viele Versicherer den Leistungsumfang ausgeweitet - etwa für Hospizkosten und Anschlussheilbehandlungen.
Allerdings erfüllen sie nicht die Verbandsempfehlung, denn die meisten schreiben für Psychotherapien eine prozentuale Selbstbeteiligung vor. Häufig werden Nikotinentwöhnungen ausgeschlossen. Auch zeitliche Befristungen für Leistungen sind üblich.
Einstiegertarife oft weiter nicht so gut wie GKV
Assekurata interpretiert das wie folgt: Die Unternehmen haben die Tarifmerkmale so gewählt, dass sie in Vergleichsprogrammen das erforderliche Kriterium erfüllen. Um mit dem Niveau der Krankenkassen gleichzuziehen, reiche es hingegen nicht. „Insoweit enthält gerade das Einsteigersegment der PKV für Vermittler nach wie vor Haftungsfallen und für Kunden im Ernstfall gravierende Leistungslücken“, heißt es in der Studie. Am besten erfüllen demnach die Tarife der Nürnberger, der Halleschen, der Barmenia und der Inter die Kriterien.
Im mittleren Segment erfüllt die Debeka, die keine Einsteigertarife anbietet, alle genannten Kriterien. Die Alte Oldenburger hat eine kleine Einschränkung eingeführt: Auf Suchtentwöhnungen zahlt der Kunde einen zwanzigprozentigen Selbstbehalt. Auch die R+V erreicht nur nicht die volle Punktzahl, weil sie keine Rauchentwöhnung vorsieht.
In der teuersten Tarifklasse sind neben diesen drei Versicherern auch der Deutsche Ring, die Inter und LVM nah am vollen Leistungsumfang. Insgesamt errechnete Assekurata für 33 Jahre alte männliche Kunden eine Preissteigerung um rund 25 Prozent gegenüber den alten Tarifen. Davon entfällt rund ein Zehntel auf die Zusatzleistungen, ein Viertel kommt von der Absenkung des Rechnungszinses von 3,5 auf 2,75 Prozent der meisten Anbieter. Den Großteil machen die Umstellung auf Unisex und erforderliche Sicherheitszuschläge aus.