Steigende Hypothekenzinsen : In Amerika werden Häuser unerschwinglich
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Selbst in Las Vegas steigen die Preise wieder: Der Häusermarkt des Spielerparadieses war von der Finanzkrise besonders stark betroffen. Bild: MAX WHITTAKER/The New York Times
Die Erholung der Häuserpreise schwächt sich zehn Jahre nach der großen Krise wieder etwas ab. Preise und Hypothekenzinsen steigen dennoch schneller als die Einkommen.
In den Vereinigten Staaten werden Häuser trotz hoher Nachfrage für Erstkäufer zunehmend unerschwinglich. „Steigende Zinsen in Kombination mit hohen Häuserpreisen und knappem Bestand drängen Kaufinteressenten im Einstiegssegment weiter aus dem Markt“, sagte Lawrence Yun, der Chefvolkswirt des amerikanischen Immobilienmaklerverbandes NAR. „Makler berichten von anhaltender Nachfrage – Mieter wollen Hausbesitzer werden –, aber es gibt einfach nicht genug Immobilien in ihrer Preisklasse.“
Im August war die Zahl der Verkäufe bestehender Häuser in den Vereinigten Staaten nach vier Monaten in Folge mit nachlassender Tendenz erstmals konstant geblieben. Wie im Juli wechselten nach Angaben des NAR insgesamt 5,34 Millionen Häuser die Besitzer. Das entspricht einem Rückgang um 1,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Es gab allerdings regionale Unterschiede. Steigenden Verkaufszahlen im Nordosten und Mittleren Westen der Vereinigten Staaten standen nachlassende Verkäufe im Westen und in den Südstaaten gegenüber. Die Preise für Privatimmobilien – Einfamilienhäuser, Reihenhäuser und Eigentumswohnungen – lagen mit 264.800 Dollar im Median um 4,6 Prozent über dem Niveau des Vorjahres. Die Hälfte der verkauften Immobilien war also teurer, die andere Hälfte billiger.
Der Bestand an Häusern, die zum Verkauf stehen, hatte im Jahresvergleich etwas zugenommen. Nach Einschätzung von NAR-Volkswirt Yun ist das aber noch weit von einem „gesunden Niveau“ entfernt. „Es werden auch zu wenig neue Häuser gebaut, um der Nachfrage gerecht zu werden“, sagte Yun. Die Mehrheit der Immobilien werden rasch – innerhalb eines Monats – verkauft. „Das ist ein Indiz, dass ein größeres Angebot, insbesondere Häuser zu moderaten Einstiegspreisen, die Verkäufe ankurbeln würden“, sagte er.
Anstieg der Hypothekenzinsen bremst den Preisauftrieb
Die Trends am Häusermarkt spielen eine wichtige Rolle für die amerikanische Wirtschaft, weil Eigenheime traditionell das wichtigste Element für die Vermögensbildung der Amerikaner sind. Häuserpreise beeinflussen das Konsumverhalten von Hausbesitzern, und die amerikanische Volkswirtschaft hängt zu zwei Dritteln vom privaten Konsum ab. Der amerikanische Häusermarkt stand zudem vor zehn Jahren im Mittelpunkt der globalen Finanzkrise. Fallende Häuserpreise waren nach einer spekulativen Aufschwungphase der Auslöser einer schweren Rezession gewesen.
Die Immobilienpreise befinden sich nun schon seit 2012 im Aufschwung und haben nominal wieder das Rekordniveau des Jahres 2006 erreicht. Unter Berücksichtigung der Inflation haben sich die Preise allerdings nur in wenigen Ballungszentren wie Dallas oder Seattle wieder vollständig erholt.
Der Anstieg der Hypothekenzinsen beginnt den Preisauftrieb zu bremsen. Die Häuserpreise sind im Juli dieses Jahres, gemessen am S&P Corelogic Case-Shiller Home Price Index, im Vergleich zum Vorjahr zwar um 6 Prozent gestiegen. Die Wachstumsrate lag damit aber leicht unter dem Wert des Vormonats, als der Häuserpreis-Index um 6,2 Prozent gestiegen war.
Das Problem für viele Kaufinteressenten ist nun, dass Preise und Hypothekenzinsen schneller steigen als die Einkommen. Nach Angaben des Immobilienfinanzierers Freddie Mac lag der durchschnittliche Zinssatz für eine typische Hypothek mit einer Laufzeit von 30 Jahren im August bei knapp 4,6 Prozent. Im August 2017 hatte der Zinssatz noch bei 3,9 Prozent gelegen. Unterstellt man bei dem Medianpreis von 264.800 Dollar eine Anzahlung von 20 Prozent, also etwa 53.000 Dollar, müssen Hauskäufer mit einer um fast 100 Dollar höheren monatlichen Hypothekenrate kalkulieren. Der Maklerverband NAR, der auch einen Erschwinglichkeits-Index für Immobilien berechnet, schätzt, dass Hauskäufer zuletzt 18 Prozent ihres Einkommens für die Zahlung ihrer Hypothekenrate aufwenden mussten. Vor einem Jahr waren es nur 16,5 Prozent gewesen.
Immobilien werden natürlich vor allem in den Regionen weniger erschwinglich, wo die Preise zuletzt überdurchschnittlich stark gestiegen waren. Im Ballungsraum Las Vegas hatten sich die Häuserpreise laut Case-Shiller-Index im Juli gegenüber dem Vorjahr um fast 14 Prozent verteuert. Auch die Preise in den Metropolen Seattle und San Francisco kletterten prozentual zweistellig. In Seattle stiegen die Preise um 12,1 Prozent, in San Francisco um 10,8 Prozent. Der Preisauftrieb wird dort stark vom Aufschwung der Technologiebranche getrieben. Seattle ist der Standort des großen Softwarekonzerns Microsoft und des Online-Einzelhändlers Amazon. Im Ballungsraum San Francisco befinden sich unter anderem die Zentralen von Apple, Alphabet (Google) und Facebook. Im Gegensatz zu Seattle und San Francisco haben die Häuserpreise in Las Vegas noch nicht wieder das nominale Vorkrisenniveau erreicht. Las Vegas gehörte zu den Regionen, in denen die Häuserpreise nach dem Platzen der spekulativen Blase besonders stark eingebrochen waren. Die Region war so etwas wie der Ground Zero der Häuserkrise und ist jetzt der Ort, an dem der Stand der Erholung und deren Bruchstellen deutlich werden. Allein in der Vorstadt North Las Vegas wurden von 23.000 Einfamilienhäusern in den Jahren seit 2006 mehr als 7500 – also rund ein Drittel – zwangsvollstreckt.
Die regionale Wirtschaft wächst aber, und neue Unternehmen siedeln sich an. Amazon hat zwei große Vertriebszentren gebaut und plant einen dritten Standort. Das Kosmetikunternehmen Sephora hat ebenfalls den Grundstein für eine neue Lagerhalle gelegt. Mit fast 250.000 Einwohnern gilt North Las Vegas als eine der am schnellsten wachsenden Städte des Landes. Dennoch können sich viele Einwohner dort kein Eigenheim leisten. Fast die Hälfte der Einfamilienhäuser sind vermietet. Vor zehn Jahren war es nur ein Drittel gewesen. „Es ist für viele Leute schwierig, ein Haus in Las Vegas zu kaufen“, sagte die 69 Jahre alte Rentnerin Alma Williams kürzlich einem Reporter der „New York Times“. „Die Leute verdienen nicht genug Geld.“