Risiken bei der Eigenheimfinanzierung : Hauskauf ohne eigenes Geld
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Beim Richtfest ist die Freude über die eigenen vier Wände noch groß Bild: dpa
Die niedrigen Zinsen locken auch Bauwillige, die kaum Erspartes haben. Das ist gefährlich. Und die Banken lassen sich die höheren Risiken bezahlen. Worauf Kaufwillige achten sollten.
Die Bauzinsen sind historisch niedrig. Viele Interessenten nutzen die Gelegenheit, um ihren Traum vom eigenen Heim Wirklichkeit werden zu lassen. Dies zeigen nicht nur die vielen Kräne, die an allen Ecken stehen, sondern auch die - vor allem in deutschen Ballungszentren - deutlich gestiegenen Immobilienpreise. Und selbst wer wenig oder gar kein Geld auf der hohen Kante hat, kann sich seinen Immobilienwunsch erfüllen. Die Banken bieten grundsätzlich auch Vollfinanzierungen an. Sie schauen in diesen Fällen jedoch ganz genau hin und lassen sich die höheren Risiken mit satten Zinsaufschlägen bezahlen. Denn solche Geschäfte sind sowohl für die Kreditnehmer wie auch für die Institute ziemlich riskant.
Aktuell müssen für ein Hypothekendarlehen mit zehn Jahren Laufzeit im Durchschnitt rund 2,4 Prozent gezahlt werden. Das ergibt ein Index der FMH Finanzberatung, der aus den Angaben von 40 Instituten errechnet wird. Im Frühjahr 2013 waren es im Tief sogar rekordniedrige 2,3 Prozent. Einzelne Anbieter können um einiges darunter liegen. Wählt man zum Beispiel bei einem Kaufpreis von 250.000 Euro eine Beleihung von 60 Prozent - das kommt einem Kredit über 150.000 Euro gleich - eine zehnjährige Zinsbindung und 2 Prozent Tilgung, gibt es laut FMH schon Zinsangebote von rund 2,2 Prozent. Dies bieten zum Beispiel die Commerzbank oder die Hypo-Vereinsbank.
Auch an die Nebenkosten denken
Doch selbst eine Vollfinanzierung ohne Eigenkapital scheint in diesem Umfeld erschwinglich zu sein: „Viele bezahlen so viel Miete, dass es angesichts der niedrigen Zinsen selbst bei einer Finanzierung zu 100 Prozent allein mathematisch sinnvoll sein kann, Eigentum zu kaufen“, sagt Max Herbst von der FMH-Finanzberatung. Viele Menschen hätten gar keine Chance, große Mengen Geld anzusparen. Doch je mehr finanziert wird, desto mehr sollten die Kunden auf Sicherheit achten. Herbst sieht Familien als typische Interessenten für solche Kredite und weniger Singles. Der Lebensmittelpunkt sollte schon gefunden sein. Denn im Fall von Krankheit oder Arbeitsplatzverlust, könne vielleicht noch der Partner arbeiten und die Raten des Darlehens bezahlen. Eine Vollfinanzierung kann auch Sinn machen, wenn später höhere Geldbeträge zu erwarten sind wie Erbschaften.
Verbraucherschützer betrachten die Vollfinanzierung dagegen skeptisch. „In Ausnahmefällen, wenn das Einkommen hoch und die Anstellung sicher ist, kann sie durchaus sinnvoll sein“, sagt Thomas Hentschel, Experte für Finanzdienstleistungen der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen: „Doch in der Regel ist sie problematisch.“ Eine Lebenssituation könne sich durch Arbeitslosigkeit oder Berufsunfähigkeit rasch verändern. Der Kredit werde durch die Immobilie zwar besichert. Doch müsse diese im Rahmen eines Verkaufs oder einer Zwangsvollstreckung veräußert werden, weil die Raten nicht mehr bezahlt werden könnten, gerate der Kreditnehmer bei einer Vollfinanzierung rasch in die Schuldenfalle. Das geschieht, wenn der erzielte Preis zu niedrig ist, um das Darlehen zu tilgen. Hentschel verweist auch auf die hohen Zinsaufschläge, die Banken für solche Darlehen verlangen. Zudem sei bei der Beratung der Verbraucher zu erkennen, dass viele Finanzierungen „auf Kante genäht“ seien.
Anders als früher gibt es aber kaum noch Finanzierungen von mehr als 100 Prozent. Das war vor Ausbruch der Finanzkrise anders. Insofern sollten die Kreditnehmer auch bei einer Vollfinanzierung einige Rücklagen haben. Denn beim Erwerb eines Hauses fallen Nebenkosten in Höhe von gut 10 Prozent des Kaufpreises an. Auch Renovierungen oder der Kauf von Möbeln sollte in die Planung miteinkalkuliert werden.