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Immobilienanlage : Das Bausparen boomt in Deutschland

Neubaugebiet in Köln: Bausparen hilft Bild: dpa

Auf der Suche nach Anlagemöglichkeiten greifen viele Verbraucher zum Bausparvertrag. Zwar sind die Zinsen in der Ansparphase niedrig, doch dafür gibt es günstige Kreditzinsen.

          3 Min.

          Viele Anleger haben im vergangenen Jahr die boomenden Aktienmärkte links liegenlassen und ihr Geld lieber zu den privaten Bausparkassen getragen. Für Matthias Metz war es daher ein schöner Abschied. Nach acht Jahren scheidet der Vorstandsvorsitzende der Schwäbisch Hall im Frühjahr aus dem Amt. Um 13 Prozent hatte der Marktführer, der für 30 bis 32 Prozent des Bausparvolumens hierzulande steht, sein Neugeschäft 2013 auf 1,1 Millionen Verträge gesteigert. Das Volumen erhöhte sich um fast 10 Prozent auf 36 Milliarden Euro. Auch die neue Tarifvariante „Fuchs junge Leute“ hatte eine halbe Million Interessenten gefunden. Metz habe nicht damit gerechnet, das „Prädikatsjahr 2012“ zu überbieten. „Aber es ist gelungen“, sagte er.

          Philipp Krohn
          Redakteur in der Wirtschaft, zuständig für „Menschen und Wirtschaft“.
          Manfred Schäfers
          Wirtschaftskorrespondent in Berlin.

          Wie Metz geht es auch seinen meisten Wettbewerbern. Das zeitweilig als altbacken verschrieene Bausparen ist populärer denn je. Wie der Verband der privaten Bausparkassen am Mittwoch berichtete, sind im vergangenen Jahr fast 2,3 Millionen neue Verträge abgeschlossen worden. Das entspricht einem Zuwachs von 8,5 Prozent. Die dazugehörige Bausparsumme stieg um 7 Prozent auf den Rekordwert von 70,1 Milliarden Euro. Beide Zahlen zeigen, dass Marktführer Schwäbisch Hall sogar stärker als der Durchschnitt des Marktes profitierte und seinen Marktanteil ausgebaut hat.

          Das Bausparen hat in Deutschland eine lange Tradition. Im Prinzip funktioniert es nach dem alten Verfahren: Die einen sparen, die anderen erhalten mit Hilfe des angesammelten Kapitals einen Kredit. Abhängig von der Laufzeit und dem gesparten Kapital wird ein Bausparvertrag fälliggestellt: Dann gibt es das vorher verabredete Darlehen. Wenn sich der Immobilientraum des Anlegers zerschlagen haben sollte, fließt das angesparte Geld samt Zinsen zurück.

          Riester hilft

          Der Vorstandsvorsitzende des Verbandes, Andreas Zehnder, interpretierte die Wachstumsraten als einen Vertrauensbeweis: „Sicheres Sparen mit eingebauter Zinsgarantie sorgt für verlässliche Finanzierungsperspektiven. Darauf bauen viele Menschen ihre Pläne auf.“ Dies zeige sich auch im Spargeldeingang. 2013 seien das 19,7 Milliarden Euro gewesen, 5,1 Prozent mehr als im Jahr zuvor. Auch dies sei ein Rekordergebnis, betonte Zehnder.

          Der Boom hat verschiedene Gründe. Zum einen sind die Bausparkassen derzeit die Gewinner der Ausweitung der Riester-Förderung. Seit sie auch für Bauvorhaben gewährt wird, wächst die Zahl der Verträge in diesem Segment überdurchschnittlich, wovon die Bausparkassen mehr als andere Institute profitieren. Zum anderen verlieren alternative Finanzprodukte durch die niedrigen Zinsen relativ stärker an Attraktivität. Tagesgeldzinsen liegen auf Tiefständen, Lebensversicherungen bieten zwar eine höhere Verzinsung, Kunden müssen sich aber über mehrere Jahrzehnte binden. Auch Banksparpläne passen sich dem Zinsniveau an. Kunden der Bausparkassen profitieren von den großzügigen Verzinsungen älterer Verträge und nutzen sie als Anlagemöglichkeit. Und nicht zuletzt lassen sich viele Kunden von dem Argument überzeugen, sich jetzt für mehrere Jahre niedrige Darlehenszinsen zu sichern.

          Erfolgsdruck

          Dabei sind die Bausparkassen aber auch unter Druck geraten. Ähnlich wie Versicherern fällt es ihnen heute schwerer, ihre Guthabenzinsen zu erwirtschaften. Sie haben aber einen Vorteil: Ist die Bausparsumme erreicht, können sie den Vertrag kündigen. Das hat im vergangenen Jahr auch zu einigem Unmut bei Kunden und Verbraucherschützern geführt. Denn die Institute haben zum Teil ihre Treueprämien auf diese Summe angerechnet, so dass sie ihre teuren Kunden schneller loswerden konnten. Marktführer Schwäbisch Hall kam im vergangenen Herbst auf einen Anteil von 2,3 Prozent der damals 7,8 Millionen Verträge, die eine Guthabenverzinsung von mehr als 3,5 Prozent beinhalteten.

          Auch bei anderen Bausparkassen liegt der Anteil meist nur noch im einstelligen Prozentbereich. Dennoch macht sich der wachsende Druck durch den Niedrigzins auch in den Ergebnissen bemerkbar. Trotz des erheblichen Wachstums verminderte sich der Vorsteuergewinn der Schwäbisch Hall zum Beispiel um 2,6 Prozent. Diesmal verdiente der Konzern noch etwas mehr als 300 Millionen Euro.

          Sanierungsvorhaben werden wichtiger

          Was die Zukunft aber positiv erscheinen lässt, ist die Tatsache, dass es den Bausparkassen mehr als anderen Finanzdienstleistern gelingt, auch junge Kunden (oder deren Eltern und Großeltern) von ihrem Geschäftsmodell zu überzeugen. Die Wüstenrot, zweitgrößter Anbieter auf dem Markt, mit einem Anteil von 13 bis 14 Prozent, steigerte ihr Geschäft mit Kunden unter 21 Jahren um beinahe 40 Prozent. Insgesamt wuchs das Neugeschäft des Unternehmens um 4,7 Prozent auf 12,8 Milliarden Euro.

          Auf Branchensicht ist der Vertragsbestand im vergangenen Jahr um 1,5 Prozent auf mehr als 19,4 Millionen gestiegen. Die damit verbundene Bausparsumme wuchs um 3,5 Prozent auf 567,6 Milliarden Euro - ebenfalls ein Höchststand. Parallel zu den gestiegenen Einlagen nahmen auch die Auszahlungen zu. Nach Angaben des Verbands, der zwölf Institute vertritt, waren diese mit 24,4 Milliarden Euro um 1,5 Prozent höher als im Jahr 2012. Für das Jahr 2014 sei nochmals mit einem „ordentlichen Bausparjahr“ zu rechnen, meinte Verbandschef Zehnder. Er verwies auf Prognosen des Münchner Ifo-Instituts, das bis zum Jahr 2016 stetig steigende Fertigstellungszahlen auf dem Wohnungsmarkt vorhergesagt habe. Da Bausparverträge auch zur Finanzierung von Modernisierungsvorhaben genutzt werden, sieht der Verband in der energetischen Gebäudesanierung einen zunehmend wichtigeren Markt.

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