Gefahr einer Korrektur : Commerzbank warnt vor Blase am Immobilienmarkt
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Geht die Rechnung noch auf? Bild: dpa
Die Deutschen setzen mit voller Kraft auf Immobilien. Weit kann eine Blase da nicht mehr sein. Die Anzeichen häufen sich.
Vor Gefahren durch eine Blasenbildung am deutschen Immobilienmarkt warnt die Commerzbank in ihrem jüngsten wöchentlichen Marktbericht. Der Boom in Deutschland nehme immer mehr Züge einer Blase an, schreibt die Bank. Die Häuserpreise koppelten sich immer mehr von Angebot und Nachfrage ab.
„Triebfeder ist die sehr expansive Geldpolitik der Europäischen Zentralbank, an der sich auf absehbare Zeit kaum etwas ändern wird“, warnen die Autoren Ralph Solveen und Marco Wagner. Allerdings dürften die Hypothekenzinsen in Deutschland kaum noch weiter fallen. Die Erfahrungen aus den Vereinigten Staaten lehrten, dass damit mittelfristig bei weiter kletternden Preisen die Gefahr einer „deutlichen Korrektur“ am Immobilienmarkt zunehme.
Wie in Achtzigern und Neunzigern
Seit längerem warnen Banken und manche Ökonomen vor Risiken aus einer Immobilienblase. Andere Ökonomen und vor allem die Immobilienwirtschaft selbst beschwichtigen eher. Zuletzt hatte das Immobilien-Forschungsinstitut Empirica, das regelmäßig einen Blase-Index berechnet, von einer Zunahme der Blasengefahr im zweiten Quartal berichtet. Mieten und Kaufpreise seien in 209 von 402 Landkreisen und kreisfreien Städten nicht mehr im Gleichklang gewachsen, was als Zeichen für eine mögliche Blase gewertet wurde.
Die Ökonomen der Commerzbank konkretisierten ihre Bedenken. Schon zu Jahresbeginn hatte die Bank in ihrem „Immobilienmonitor“ vor Übertreibungen am deutschen Immobilienmarkt gewarnt. Seither hätten sich die Anzeichen verstärkt. Denn mit mehr als 5 Prozent gegenüber dem Vorjahr dürften die Häuserpreise in der ersten Jahreshälfte ähnlich schnell gestiegen sein wie während des Immobilienbooms Ende der 80er und Anfang der 90er Jahre.
Trügerische Sicherheit
In den Großstädten hätten die Preise noch deutlich stärker zugelegt. Das wertet die Commerzbank aber nicht als Zeichen dafür, dass das Phänomen auf die Großstädte beschränkt sei, wie manchmal in der Immobilienbranche argumentiert wird. Vielmehr sei es sogar typisch für Phasen mit übertriebenen Preissteigerungen, dass dies in besonders begehrten Lagen verstärkt zu beobachten seien.
Seit 2010 seien die Hauspreise stärker gestiegen als die Mieten, die Verbraucherpreise und das Einkommen der privaten Haushalte. Zwar seien die entsprechenden Verhältnisse immer noch deutlich niedriger als vor dem Jahrtausendwechsel, das sei aber kein Grund zur Entwarnung. „Damals war die Inflation deutlich höher, weshalb auch nominale Einkommen und Mieten deutlich stärker zulegten“, schreiben Solveen und Wagner.
So hätten sich die Nettokaltmieten zwischen 1975 und 1999 pro Jahr um mehr als 4 Prozent erhöht, während das jährliche Plus seit dem Jahrtausendwechsel ziemlich konstant gut 1 Prozent betragen habe. Infolgedessen dürften sich auch die Erwartungen bezüglich künftiger Mietsteigerungen deutlich verringert haben, weshalb Käufer bei sonst gleichen Bedingungen nur ein niedrigeres Verhältnis von Kaufpreis zur aktuellen Miete akzeptieren sollten, meinen die Ökonomen.
Da in den ersten Jahren des Jahrtausends die niedrigen Steigerungsraten bei den Mieten als vorübergehendes Phänomen anzusehen seien, taugten erst die Miet-Kaufpreis-Relationen von 2005 an als verlässlicher Vergleichsmaßstab. Sowohl im Verhältnis zu den Mieten als auch zum Verbraucherpreisindex lägen die Kaufpreise für Immobilien in Deutschland inzwischen deutlich höher als damals, und auch im Verhältnis zu den Einkommen seien die Häuserpreise inzwischen so hoch wie im Jahr 2003.
Auf mittlere Sicht ist Vorsicht geraten
Wie lange kann das so weitergehen? Auch wenn das Platzen einer Blase kaum vorherzusagen sei, gebe es zumindest Anzeichen, die auf mittlere Sicht zur Vorsicht mahnen, meint die Commerzbank: „Die Spannungen am Häusermarkt nehmen eher zu.“ Sollte die Rendite der zehnjährigen Bundesanleihe, wie von der Bank erwartet, im Verlauf des nächsten Jahres allmählich steigen und sollten die Hypothekenzinsen ihr dann folgen, würde sich diese Tendenz verstärken.
Positiv zu werten sei, dass von Schuldenexzessen wie in Spanien oder in den Vereinigten Staaten während der dortigen Blasen nicht die Rede sein könne. Der Bestand an Wohnungsbaukrediten sei zwar zuletzt etwas stärker gestiegen als die Einkommen der privaten Haushalte, allerdings bei weitem nicht in dem Ausmaß wie während des Booms der 90er Jahre. Und die Verschuldungsquote der privaten Haushalte sei zumindest bis Ende 2015 in Deutschland eher gefallen, während sie in Spanien und den vereinigten Staaten im Immobilienboom deutlich zugelegt hatte.