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Kriminalität : Albtraum Einbruch

Geringe Aufklärungsquote: Einbrecher haben selten rechtliche Konsequenzen zu befürchten Bild: dapd

Sie kommen oft am helllichten Tag und brauchen nur Sekunden, um ein Fenster aufzuhebeln. Vor Einbrechern sind die wenigsten Häuser geschützt. Die Polizei ist machtlos, und die Einbruchsrate steigt.

          10 Min.

          Plötzlich war er wieder da. Dreist, mit einem Schraubenschlüssel in der Hand stand er an einem Samstagmorgen im Garten. Die Familie, ein Ehepaar mit zwei Kindern, saß gerade auf der Terrasse beim Frühstück, als die Mutter ihn entdeckte. Das Frühstücksgelage muss ihn überrascht haben – so schnell, wie er aufgetaucht war, war er auch wieder weg.

          Corinna Budras
          Wirtschaftskorrespondentin in Berlin.

          Der Mann hatte wohl gehofft, diesmal sein Werk vollenden zu können. Erst einen Tag zuvor, am helllichten Nachmittag, war er schon einmal bei der Familie eingebrochen, hatte mit dem Schraubenschlüssel die Fenster aufgehebelt, wahrscheinlich auf der Suche nach Geld und Schmuck. Viele suchen danach, keine Beute ist unkomplizierter. Nur wenige Minuten hatte er, um die Wohnung zu durchwühlen. Dann kam die Mutter nach Hause und störte ihn. Sie konnte ihm nur noch geschockt dabei zusehen, wie er durch die Terrassentür wieder verschwand. Sie rief die Polizei, der Streifenwagen kam schnell und durchkämmte die Nachbarschaft.

          Dann geschah etwas, was in solchen Fällen nur ganz selten passiert: Die Polizei verhaftete den Täter, aber am gleichen Tag kam er wieder frei. Für ihn scheint das nicht gerade ein traumatisches Erlebnis gewesen zu sein. In der Eile hatte er nichts stehlen können, andere Taten konnten ihm nicht nachgewiesen werden. Schon am nächsten Morgen stand er wieder im Garten der Familie.

          Fast jeder kennt solche Geschichten aus dem engsten Bekanntenkreis. Ob Familie, Freunde, Kollegen – bei vielen wurde schon mindestens einmal eingebrochen. Und die sonderbare Häufung der Vorfälle ist keineswegs nur anekdotischer Natur. Erst Anfang Juni warf die neue polizeiliche Kriminalstatistik ein Schlaglicht auf den Albtraum vieler Menschen. Im vergangenen Jahr stieg die Einbruchsrate um 3,7 Prozent auf 149.500 Fälle, die höchste Zahl seit 15 Jahren. Und das, während viele Delikte einen erfreulichen Rückgang verzeichnen, Körperverletzung oder Sachbeschädigung zum Beispiel.

          Bild: F.A.Z.

          Dreistigkeit muss man sich leisten können. Und bei Einbrüchen können sich Täter haarsträubende Tollheiten leisten: Letztens bei einem Juwelier in der Innenstadt, nachts um halb eins. Zwei Typen steigen ein, während auf der anderen Straßenseite Kneipenbesucher draußen rauchen. Es ist viel los, doch die beiden räumen in Seelenruhe die Räume aus. Ein dritter unterhält sich derweil mit den Gästen. Doch Ablenkung scheint noch nicht einmal nötig zu sein. Die Einbrecher können unbehelligt entkommen.

          Diese kühne Unbekümmertheit hat viel mit der Wirklichkeit des deutschen Polizeialltags zu tun. Die Aufklärungsquote dieser Taten liegt bei 15 Prozent, ein Witz im Vergleich zu anderen Straftaten. Normalerweise kann die Polizei die Hälfte der Vergehen aufklären, bei Mord und Totschlag sind es sogar 95 Prozent.

          Doch bei Wohnungseinbrüchen ist die Quote so gering, dass sie geradezu einen Anreiz bietet, irgendwo aufs Geradewohl mal einzusteigen. Einfach nur, um zu schauen, ob es dort etwas holen gibt. Dazu muss man noch nicht einmal Vollprofi sein. Jeder Junkie kann das, wenn er es nur oft genug probiert. Und probieren ist nicht schwer. Viele bleiben im Versuch stecken, oft werden die Täter gestört. Aber sie können unerkannt fliehen – und haben neue Erfahrung für das nächste Mal gemacht. Übung macht den Meister, auch hier.

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