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Wandel beim Fastfood : Der Bürger isst Burger

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Bei Burger King sorgten Hygieneskandale und miese Arbeitsbedingungen jüngst für Unruhe Bild: Röth, Frank

Burger King liegt darnieder, der Burger aber triumphiert: In Deutschlands Städten öffnet ein Edel-Fastfood-Lokal nach dem anderen.

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          Der Burger genießt in Deutschland gerade keinen guten Ruf. Auf diese Idee könnte zumindest kommen, wer in den vergangenen Monaten die Nachrichten verfolgt hat: Bei Burger King sorgten Hygieneskandale und miese Arbeitsbedingungen dafür, dass der größte Franchisenehmer der Kette vergangene Woche seine 89 Filialen schließen musste. Der größte Konkurrent McDonald’s, erzählen sich Branchenkenner, kämpft seit längerem mit stagnierenden oder gar fallenden Umsätzen. Kalorienbombige Fleischklöpse ungewisser Herkunft, die zwischen labbrigen Brötchenhälften stecken, haben ihren Reiz offenbar verloren. Die hippe Jugend steht dieser Tage eher auf ökologisch korrekte Snacks von der veganen Imbissbude, runtergespült mit einem Schluck hausgemachter Limonade.

          Doch wer sich ein wenig umschaut, merkt auch: Das ist allerhöchstens die halbe Wahrheit. Denn mögen sich die Leute auch von den Filialen der großen Fastfood-Ketten mit leichtem Ekel abwenden - dem Burger, diesem ultimativen Klassiker des Fastfood, bleiben sie entschieden zugewandt. Die neue Burger-Begeisterung hat ihren Ursprung - natürlich - in Amerika, das trotz widerstreitender Entstehungsgeschichten (eine Theorie besagt tatsächlich, dass der Burger in Hamburg erfunden wurde) immer noch als das Heimatland des Buletten-Sandwichs gilt. Dort machen schon seit Jahren alternative Burgerlokale den großen Ketten das Leben schwer. Nur wenig später erreichte der Trend Großbritannien, und seit ein paar Jahren eröffnet auch in deutschen Großstädten ein Burger-Laden nach dem anderen.Das Konzept der neuen Lokale:

          nur nicht so sein wie die großen Ketten! Alles ist schicker, leckerer, ethisch korrekter. Die Betreiber werben mit hausgemachten Buletten, Biofleisch, selbstgebackenen Brötchenhälften und ungewöhnlichen Zutaten. Viele präsentieren sich zusätzlich als hippe Veranstaltungsorte für Partys und andere Abendunterhaltung oder bedienen mit getrüffeltem Käse und Buletten aus Kobe-Rind gleich das Gourmet-Segment.

          Buletten aus Kobe-Rind

          Von der Einheitsware der Fastfood-Ketten ist das in den allermeisten Fällen sehr weit entfernt: Die Brötchenhälften sind knuspriger, das Fleisch ist saftiger, Salat und geröstete Zwiebeln knackig und aromatisch. Dafür kostet ein Cheeseburger dann auch nicht 1,29 Euro wie bei McDonald’s oder drei Euro wie an der klassischen Frittenbude, sondern eher sechs oder sieben. Die Leute scheint es nicht zu stören. Sie rennen den Betreibern die Bude ein.

          Bei „Heroes Premium Burgers“ in einer kleinen Seitenstraße im Frankfurter Nordend ist zum Beispiel gegen acht Uhr an einem Abend mitten in der Woche kein Platz mehr zu bekommen: „Nicht reserviert? Probiert’s in einer Stunde noch mal.“ Das Erfolgsrezept, sagt der Inhaber Aleksander Raus, sei sehr einfach: „Die Leute lieben Burger. Und die bei uns und in den anderen kleinen Läden sind einfach besser als bei McDonald’s.“ Bei Heroes ist alles selbstgemacht, bis hin zu den Brötchen, zwischen deren Hälften die Burger stecken. Neben klassischen Burger-Varianten verkauft Raus auch ungewöhnlichere Kreationen wie einen Garnelen-Burger, auch für Vegetarier ist gesorgt. Die Portionen sind ordentlich: Wer einen Burger mit hausgemachten Pommes komplett verspeist hat, kann sich aus dem Lokal rollen.

          Neben der Burgerbraterei pflegt Raus in seinem Laden den Kult der Superhelden-Comics: Die Wände zieren Comicfiguren, die Burger heißen „Popeye“ und „Texas Ranger“. Alle paar Wochen gibt es einen Superhelden-Filmabend. Zwei Drittel der Kunden sind Männer zwischen 18 und 35, sagt er: „Großstadtmenschen, die sich für Neues begeistern können - und Comics mögen.“

          Diese Großstadtmenschen sind auch die Zielgruppe von Ali Cengiz, wenn auch in seinem Laden eher Anklänge an die literarische Hochkultur gepflegt werden. Der Berliner Unternehmer eröffnete vor drei Jahren das Lokal „Schiller Burger“ im Schillerkiez, eine der neueren Hipster-Enklaven im Bezirk Neukölln. Mittlerweile hat der Laden drei Ableger, und an den Wochenenden drängeln sich dort neben den ortsansässigen Hipstern auch Bewohner der Außenbezirke. Cengiz’ Lokal ist mittlerweile so berühmt, dass ihn die Namensgebung seiner Burger - der Chili-Burger heißt „Wallenstein“, eine vegetarische Version mit Schweizer Rösti „Wilhelm Tell“ - jüngst sogar ins Visier von Kulturstaatsministerin Monika Grütters brachte: In einer Rede beklagte sie, das Erbe des großen Dramatikers werde durch die Burger-Vermarktung profanisiert. Cengiz sieht das entspannt: „So ein richtig guter Burger ist ja auch irgendwie poetisch.“

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