Ökoboom : Grün, grün, grün sind alle meine Kleider
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Grüne Kleidung ist groß in Mode. Bild: www.andreas-loewenhaus.com
Ökostoffe sind gesund, sehen gut aus. Und kosten nicht mal mehr als konventionelle Kleidung.
Etwa so viel wie eineinhalb Tafeln Schokolade wiegt ein T-Shirt. Damit ist es genauso schwer wie die Dosis Gift, die in ihm steckt. Bis es die Baumwolle zum Stoff gebracht und letztlich an den Körper des Nutzers geschafft hat, landen 150 Gramm Gift auf Pflanzen und Boden. Obwohl Baumwolle nur auf 2,5 Prozent der weltweiten Ackerfläche wächst, werden allein 24 Prozent aller global eingesetzten Insektizide über ihr versprüht. Von den üblichen Chemikalien zum weiteren Bearbeiten und Färben mal ganz abgesehen. Baumwolle klingt im Gegensatz zu Polyester und Polyamid nach Natur. Aber natürlich und gesund ist das nicht, was wir tagtäglich auf dem Leibe tragen. Wir essen „bio“, wir fahren oft „bio“ und cremen uns mit Naturkosmetik ein. Nur kleiden wir uns oft noch konventionell. Dabei sind Biotextilien groß in Mode.
Sie haben längst nichts mehr mit dem zu tun, woran man früher bei Ökomode dachte: Sackkleider in knitteriger Leinenoptik und ausgewaschenen Farben, so was haben die frühen Ökobewegten getragen. Heutige Biopioniere kommen mit stylischen Schnitten, schrillen Farben und Designerklamotten daher. Sogar in der High Fashion und auf den Laufstegen der Modemessen in Paris und Berlin hat die Ökomode inzwischen Einzug gehalten.
Modeschulen richten sogar Masterstudiengänge für „sustainability in fashion“ ein, und die Kunden nehmen den Designern dankbar ab, was auf den Markt kommt: In den vergangenen zehn Jahren hat sich der Umsatz mit „Eco Fashion“ hierzulande mehr als verzehnfacht, auf zuletzt 654 Millionen Euro. Rund 3,6 Millionen Kleidungsstücke wurden 2013 bei uns in Bioqualität verkauft. Insgesamt macht Ökomode laut der Gesellschaft für Konsumforschung knapp vier Prozent des Bekleidungsmarkts aus.
Einen großen Anteil daran haben diejenigen, von denen man es nicht unbedingt erwartet hätte. Denn die Masse der Biotextilien wird gerade nicht in kleinen Ökoboutiquen verkauft, sondern von großen Kaufhausketten wie C&A, H&M oder Zara. C&A ist nach Angaben von Branchenbeobachtern sogar der größte Abnehmer von Biobaumwolle weltweit. Auch viele Markenbekleidungshersteller und Outdoorausrüster achten inzwischen auf ihre grüne Linie.
Hinter fast jedem Biosiegel steckt etwas anderes
Und es muss längst nicht immer Baumwolle sein. Auch Stoffe aus Wolle, Holzfaser, Hanf oder Merino gibt es in Ökoqualität, und selbst auf Kunstfasern kann ein Bioetikett kleben. Genau deswegen raten Experten zur Vorsicht, denn anders als bei den Lebensmitteln sind die Begriffe „bio“, „öko“ und „organic“ bei der Kleidung nicht geschützt.
Es gibt zwar zahlreiche Siegel, die dem Käufer ein grünes Gewissen bescheren sollen, es sind insgesamt 29 Stück. Sie reichen vom staatlich vergebenen Blauen Engel über Gütezeichen von Nichtregierungsorganisationen bis hin zum reinen Herstellerlabel, dessen Aussage sich kaum nachprüfen lässt.
Streng definiert, sollte ein echtes Stück Ökotextil dreierlei garantieren: Erstens sind bei der Herstellung keine umweltschädlichen Pestizide, Herbizide, Kunstdünger, Gentechnik oder schädlichen Chemikalien zum Einsatz gekommen - und das gilt vom Acker bis zur Ladentheke. Zweitens haben die Hersteller den Produzenten faire Löhne gezahlt. Und drittens garantieren sie menschenwürdige Arbeitsverhältnisse. Aber das ist nur die Theorie, in der Praxis steckt hinter fast jedem Biosiegel etwas anderes.