Konsumfreude : Europas Verbraucher schließen munter Kredite ab
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Trotz gähnender Leere auf dem Konto kaufen Verbraucher ein neues Auto - der Ratenkredit macht es möglich. Bild: dpa
Eine Studie des Crédit Agricole zeigt: Erstmals seit 2008 wächst der Markt für Konsumkredite wieder. Vor allem Autos werden gerne geleast. Das zeigt die gute Stimmung der Verbraucher.
Mal eben ein Handy kaufen, einen Fernseher oder ein Auto: Dafür nehmen Verbraucher wieder zunehmend Konsumkredite auf, sowohl in Europa wie auch in Deutschland. Ende 2015 haben die europäischen Verbraucher Konsumentenkredite im Volumen von 1124 Milliarden Euro in Anspruch genommen. Das waren drei Prozent mehr als im Vorjahr.
In Deutschland nahm das Volumen der in Anspruch genommenen Verbraucherkredite um ein Prozent auf 225 Milliarden Euro zu. Das ist das Ergebnis der regelmäßig von der französischen Bank Crédit Agricole erstellten Studie zum Verbraucherkredit in 28 europäischen Ländern.
Ungarn auf dem Rückzug
Das Jahr 2015 markiere einen Wendepunkt, lautet das Fazit der französischen Bank. Erstmals seit 2008 finanzierten die Verbraucher wieder mehr Konsumausgaben über Kredite. Als einen wichtigen Treiber hat die Studie das florierende Auto-Geschäft ausgemacht. Allerdings ist die Entwicklung keineswegs einheitlich. In einigen Ländern wurden sogar weniger Kredite abgeschlossen, allen voran in Ungarn mit einem Minus von 17 Prozent.
Die stärkste Zunahme der Kreditnachfrage wurde in der Slowakei (plus 10 Prozent) und in Tschechien (plus 9 Prozent) verbucht. In Frankreich, dem drittgrößten Markt für Verbraucherkredite nach Großbritannien und Deutschland, wurde ein Plus von 4 Prozent registriert. In Südeuropa liegt Spanien mit einem Plus von 6 Prozent vor Italien (plus 2 Prozent) und Portugal (plus 1 Prozent).
„Das zeigt, dass der Markt für Konsumkredite mit der realwirtschaftlichen Entwicklung in enger Wechselbeziehung steht. Die Nachfrage nach Konsumentenkrediten ist ein guter Indikator für die Stimmung der Verbraucher“, kommentiert Jan W. Wagner die Ergebnisse der Studie. Wagner ist Vorstandschef der Creditplus-Bank in Stuttgart, Tochtergesellschaft des Crédit Agricole und auf Verbraucherkredite spezialisiert. Das Institut, das mit 611 Mitarbeitern und einer Bilanzsumme von 2,9 Milliarden Euro etwa so groß ist wie eine mittlere Sparkasse, hat sich im vergangenen Jahr freilich deutlich stürmischer entwickelt als der Markt insgesamt.
Insgesamt hat Creditplus im vergangenen Jahr neue Konsumentenkredite über 1,26 Milliarden Euro abgeschlossen. Damit lag das Neugeschäft um fast ein Viertel über dem des Vorjahreswerts. Einen Teil des Erfolgs verdankt das Institut der außerordentlich guten Entwicklung des langjährigen Partners Suzuki, für den Creditplus seit einigen Jahren die Funktion einer Autobank erfüllt.
Mit Suzuki startete Creditplus im vergangenen Sommer ein Leasingangebot, das einem Trend folgt: Jedes dritte Auto in Deutschland wird geleast, Tendenz steigend. Sukzessive will Creditplus auch anderen Partnern Leasingangebote zur Verfügung stellen. Die Finanzierung des Autokaufs durch Verbraucher macht mehr als ein Drittel des Neugeschäfts von Creditplus aus. Das Institut, das früher einmal als Spezialist für Zweirad-Finanzierungen galt, bekommt zudem positiv zu spüren, dass nach einigen mageren Jahren zuletzt das Motorrad wieder größere Bedeutung bekommt.
Creditplus baut aus
Ein anderer Trend spielt ebenfalls der Creditplus-Bank in die Karten: Der Abschluss von Krediten übers Internet hat in Deutschland laut Bankenverband allein im vergangenen Jahr um ein Fünftel zugenommen. „Wir waren eine der ersten Banken, die Finanzierungen übers Internet vermittelten“, ruft Creditplus-Vorstand Heinz Tschernik in Erinnerung: Seit 1999 ist Creditplus im Internet aktiv. Seit diesem Sommer bietet Creditplus eine Handy-App an, die einen vollständigen digitalen Prozess vorsieht, einschließlich Identifizierung per Video und elektronischer Unterschrift.
Gleichwohl baut Creditplus sogar sein kleines Filialnetz (an derzeit 16 Orten) aus, und zwar in Regionen, wo es schon einen guten Kundenstamm gibt. Im Winter wurde eine zweite Filiale in Berlin eröffnet, in diesem Jahr soll im Ruhrgebiet neben Essen auch noch Dortmund eine eigene Präsenz bekommen.