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Hoher Dispo : Das Ende der Krisenzinsen

  • -Aktualisiert am

Die Frankfurter Sparkasse hatte zu den ersten Instituten in Deutschland gehört, die wegen der Corona-Krise die Dispozinsen deutlich verringert hatten - um Kunden zu entlasten. Bild: Kerstin Papon

Manche Banken hatten wegen der Corona-Krise die Zinsen fürs Überziehen des Girokontos deutlich gesenkt. Das ist jetzt vorbei. Zum Teil erwartet Bankkunden eine Verdoppelung der Zinssätze auf mehr als 10 Prozent.

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          Eine Reihe von Banken und Sparkassen in Deutschland, die wegen der Corona-Krise ihre Dispozinsen für Privatkunden vorübergehend deutlich heruntergesetzt hatten, sind mittlerweile wieder zu den Vorkrisenwerten zurückgekehrt. Zum Teil bedeutet das für die Kunden ungefähr eine Verdopplung der Zinssätze, die von den Instituten für eine Überziehung des Girokontos im vereinbarten Rahmen („Dispositionskredit“) verlangt werden. In manchen Fällen wird dabei die Grenze von 10 Prozent Dispozins wieder überschritten. Auf eine Verlängerung der Corona-Regelung haben die meisten Institute offenbar verzichtet, auch wenn die Corona-Krise sicherlich noch nicht vorbei ist. Einige der Institute haben die Zinsen schon Anfang Juli wieder hochgesetzt – andere jetzt im August.

          Was steckt dahinter? Begründet hatten die Kreditinstitute die vorübergehende Senkung ihrer Dispozinsen damit, dass sie ihren Kunden eine gewisse Erleichterung verschaffen wollten, weil diese zum Teil stark von der Corona-Krise belastet würden. Je enger es für viele Leute wirtschaftlich werde, desto mehr dürften schließlich in den Dispo rutschen, hatte es damals geheißen. Deshalb wolle man die treuen Bestandskunden zumindest an diesem Ende etwas entlasten.

          Mitgemacht hatten allerdings bei weitem nicht alle Banken. Auch die Verbände der Kreditwirtschaft konnten sich nicht zu einem bundesweiten Aufruf durchringen. Anscheinend wollen selbst die Banken, die mitgemacht hatten, das jetzt nicht unbegrenzt fortsetzen.

          Frankfurter Sparkasse war der Vorreiter

          Die Frankfurter Sparkasse, die zu den Ersten gehört hatte, die in der Corona-Krise die Dispozinsen heruntergesetzt hatten, ist zum 1.Juli wieder auf das Vorkrisenniveau zurückgekehrt. Vom 1. April bis zum 30. Juni habe der Dispozins für Bestandskunden vorübergehend 4,99 Prozent je Jahr betragen, sagte eine Sprecherin. „Wie damals angekündigt, befindet sich der Zinssatz nun wieder auf dem vorherigen Niveau, nämlich bei 10,49 Prozent.“

          Anfang August wurden bei der genossenschaftlichen VR Bank Coburg in Franken die Dispozinsen wieder angehoben. Vom 1. Mai bis zum 31. Juli habe der Krisenzinssatz bei 4,75 Prozent gelegen, sagte ein Sprecher. Nun betrage er wieder 6,75 Prozent je Jahr. Die Sparkasse Neubrandenburg-Demmin in Mecklenburg-Vorpommern hatte ihren Zinssatz bis zum 30. Juni auf 5,99 Prozent gesenkt. „Seit dem 1. Juli gilt wieder die Standardkondition“, sagte eine Sprecherin. Das sind laut Preisaushang immerhin 9,95 Prozent. Die Sparkasse Münsterland-Ost hatte ihre Dispozinsen für Neukunden vor einiger Zeit von 10,4 auf 9,5 Prozent gesenkt, die für Bestandskunden in der Krise dann bis auf 4,99 Prozent. Letzteres wurde jetzt wieder aufgehoben, sagte ein Sprecher: „Seit dem 1. Juli gilt wieder der Dispozinssatz von nominal 9,5 Prozent.“

          Eine Ausnahme ist offenbar die Taunus-Sparkasse

          Eine Ausnahme ist anscheinend die Taunus-Sparkasse in Bad Homburg. Oliver Klink, der Vorstandsvorsitzende des Instituts, ließ am Montag auf Anfrage mitteilen, man wolle nicht so tun, als sei die Krise vorbei. Die Dispozinsen jedenfalls würden bis zum 31. Dezember auf dem abgesenkten Niveau belassen. Die Taunus-Sparkasse hatte ihre Dispozinsen wegen der Corona-Krise von 9,93 Prozent auf knapp 5 Prozent im Jahr gesenkt.

          Kritik übte die Organisation „Finanzwende“ des früheren Grünen-Bundestagsabgeordneten Gerhard Schick an dem Wiederhochfahren der Dispozinsen. „Die kurzzeitige Senkung der Dispozinsen durch einige Banken und Sparkassen war wohl nur ein Marketing-Gag“, sagte Julian Merzbacher von „Finanzwende“. Die finanzielle Krise durch Corona sei für viele Haushalte längst nicht ausgestanden. Im Gegenteil: Gerade für Millionen Menschen in Kurzarbeit, die bislang zum Teil von ihren Reserven zehren konnten, werde die Krise erst jetzt richtig schmerzhaft. „Vor allem überraschende Belastungen werden dann kurzfristig oft über den Dispokredit finanziert“, meinte Merzbacher.

          Banken, die ihre Dispozinsen in der Krise nicht herabgesetzt hatten, argumentierten zum Teil damit, so viel mache das für jeden einzelnen Kunden nicht aus, damit könnten die Krisenprobleme nicht gelöst werden. Zu richtigem politischen Streit um das Thema war es im Saarland gekommen. Oskar Lafontaine, Fraktionschef der Linken im saarländischen Landtag, hatte die saarländischen Sparkassen aufgefordert, dem lobenswerten Beispiel aus Frankfurt zu folgen und die Saarländerinnen und Saarländer durch niedrigere Dispozinsen zu entlasten. Die Sparkassen des westlichen Bundeslandes reagierten aber eher kühl – sie verwiesen auf die bereits mit viel Einsatz umgesetzten Erleichterungen für Kunden mit Baukrediten.

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