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Denkfehler, die uns Geld kosten (15) : Wer nach den Stars giert, verliert

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Bild: Getty Images/Illustration Works

Rekordpreise auf Kunstauktionen verführen zu waghalsigen Investitionen. Das Durchschnittswerk bringt kaum Gewinn.

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          Am 2. Mai dieses Jahres erzielte die Pastellzeichnung „Der Schrei“ von Edvard Munch bei Sotheby’s in New York einen Preis von 119,9 Millionen Dollar. Das ist für solche Auktionen Weltrekord. Spitzenreiter bis dato war das Bild „Nackte, grüne Blätter und Büste“ von Picasso (“Nu au Plateau de Sculpteur“); es hatte zwei Jahre vorher beim Konkurrenten Christie’s in New York 109 Millionen Dollar eingebracht. Und 124 Millionen Dollar erhielt der amerikanische Kunstsammler John Jay Whitney im Jahr 2004 für Picassos „Mann mit Pfeife“ von einem unbekannten Käufer ausgezahlt.

          Das gleiche Bild, gemalt vom damals 24 Jahre alten Picasso im Jahr 1905, hatte Whitney im Jahr 1950 zu 50 000 Dollar gekauft, das ergibt über 54 Jahre eine jährliche Rendite von 15,5 Prozent. So viel hätte Whitney mit Aktien nicht verdient. Auch die Iris-Blumen von van Gogh, im Jahr 1948 für 84 000 Dollar gekauft und im Jahr 1987 für 54 Millionen Dollar verauktioniert, brachten ihrem zwischenzeitlichen Besitzer noch eine jährlich Rendite von mehr als 12 Prozent.

          Ist der Kunstmarkt lukrativ? - Nein.

          Ist also der Kunstmarkt richtig lukrativ? Leider nein. Denn solche Ausreißer kaschieren nur ein ansonsten eher tristes Bild. Der Ökonom William J. Baumol von der New York University hat einmal den Markt für alte Meister über mehr als 300 Jahre, von 1652 bis 1961, untersucht und kam aufgrund bekannter Verkaufspreise auf eine jährliche Rendite von - inflationsbereinigt - weniger als einem Prozent. Mit englischen Staatsanleihen hätte man in derselben Zeit das Doppelte verdient. Nicht viel besser war das Fazit der Schweizer Ökonom Bruno S. Frey und Werner Pommerehne. Die beiden errechneten aufgrund von 2396 Transaktionen über die Jahre 1645 bis 1987 eine reale jährliche Rendite für Gemälde alter Meister von 1,5 Prozent.

          Nicht besser verhält es sich mit moderner Kunst. Vor einigen Jahren hat der Ökonom James E. Pesando von der University of Toronto im „American Economic Review“ eine Untersuchung der Preisentwicklung von Drucken bekannter Künstler vorgestellt; seit dem Jahr 1978 werden hier sämtliche bei großen Auktionen des Vorjahres erzielten Preise in „Gordon’s Print Price Annual“ notiert; für die Jahre 1977 bis 1992 errechnete Pesando eine reale jährliche Rendite von 1,5 Prozent. Beschränkt man sich nur auf Drucke von Picasso, steigt diese mittlere Rendite auf 2,1 Prozent, aber das ist immer noch weniger als die mittlere inflationsbereinigte jährliche Rendite von 2,5 Prozent, die man über den gleichen Zeitraum mit risikolosen amerikanischen Schatzbriefen hätte erzielen können.

          Kurzer Aufschwung für moderne Kunst

          Und auch die Jahre danach haben dieses Bild nicht wesentlich aufgehellt. Zwar gab es bis Jahresende 2008 einen temporären Aufschwung speziell für moderne Kunst, diese Gewinne sind aber inzwischen wieder abgeschmolzen.

          Wieso dann finden die über ein Dutzend Kunstfonds, die es inzwischen weltweit gibt, immer noch Kunden, die ihnen ihr Geld anvertrauen?

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