Studienkredite : Mehr Studenten verschulden sich in der Corona-Pandemie
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Bild: Finn Winkler
Im Corona-Jahr haben deutlich mehr Studenten Kredite aufgenommen. Ein staatliches Hilfsprogramm nutzen dabei vor allem Ausländer. Das sorgt für Kritik.
Für viele Studenten hat die Corona-Pandemie herbe finanzielle Einbußen mit sich gebracht. Wer seinen Unterhalt normalerweise als Bedienung in Cafés und Restaurants, als Messehostess oder an der Kinokasse bestreitet, hatte durch die Lockdowns und anderen pandemiebedingten Einschränkungen über Monate kein Einkommen mehr. Nicht wenige zogen zu ihren Eltern zurück, um zumindest die Fixkosten klein zu halten.
Wie groß die Finanzlücke für viele Studenten wirklich war, zeigt sich in Zahlen, die das Centrum für Hochschulentwicklung (CHE) am Mittwoch vorlegte. Laut dem Studienkredit-Test ist die Zahl der Neukredite von Studenten im vergangenen Jahr um mehr als 60 Prozent auf 53 000 nach oben geschnellt. Insgesamt beziehen demnach derzeit 90 000 Studenten in Deutschland Geld aus einem Studienkredit oder einem Bildungsfonds. Das entspricht einem Anteil von knapp 3 Prozent. Laut den Autoren der Untersuchung erreicht die Zahl der Neu-Kredite mit dem Sprung von 33.000 im Jahr 2019 auf nun 53.000 wieder das Niveau des Jahres 2015.
Null Prozent Zinsen
Für den Anstieg sorgte vor allem die staatliche Corona-Unterstützung. Die KfW, die Förderbank von Bund und Ländern, hat die Konditionen für ihre Studienkredite wegen der Pandemie im vergangenen Jahr gelockert und das Programm erstmals auch für ausländische Studenten geöffnet. So wurden die Zinsen auf die KfW-Studienkredite, die auch jenseits der Pandemie den Löwenanteil dieses Marktsegments ausmachen, noch bis Ende dieses Jahres auf Null Prozent gesenkt. Nach 18.000 Neuabschlüssen im Jahr 2019 stieg diese Zahl im vergangenen Jahr auf 40.000.
Das CHE kritisiert allerdings, dass dieser Zuwachs in erster Linie daran lag, dass nun auch ausländische Studenten die staatlichen Hilfen in Anspruch nehmen konnten. Damit hätten sie ihr eigentliches Ziel verfehlt, findet Ulrich Müller, der Leiter der politischen Analysen beim CHE: „Der KfW-Studienkredit sollte bei der Corona-Nothilfe als staatliche Alternative für alle fungieren, die weder BAföG-berechtigt sind noch von der – ziemlich bürokratischen – Überbrückungshilfe erfasst werden. Jetzt muss man konstatieren: Der KfW-Studienkredit hat sich als Scheinriese entpuppt.“ Der Zuwachs sei vor allem auf Einmaleffekte zurückzuführen. „Das bedeutet: Selbst in der größten Krise der Nachkriegsgeschichte konnte der KfW-Studienkredit unter deutschen Studierenden nur sehr überschaubar neue Kundinnen und Kunden überzeugen“, sagte Müller.
KfW-Kredit gehört zu den teuersten Angeboten
Der CHE-Fachmann führt das unter anderem auf die Zinssätze zurück, welche die KfW in normalen Zeiten, also wohl schon ab 2022 wieder, verlangt. Mit 3,9 Prozent zählten die KfW-Kredite zu den teuersten in der Untersuchung. Weitere größere Anbieter, die in dem Test berücksichtigt werden, sind unter anderem das Bundesverwaltungsamt mit seinem Bildungskredit, die Studierendengesellschaft Witten/Herdecke, Brain Capital und die Chancen eG. Insgesamt stuft die CHE alle untersuchten Angebote als „durchweg seriös und gut gestaltet“ ein.
Die Programme sind in der Regel so aufgebaut, dass die Darlehensnehmer jeden Monat einen bestimmten Betrag für ihre Lebenshaltungskosten überwiesen bekommen, von dem die Zinsen schon abgezogen werden. Die Rückzahlung beginnt nach einer Karenzzeit mit dem Einstieg ins Berufsleben. Insgesamt werde auf diese Weise gut eine halbe Milliarde Euro im Jahr ausgezahlt, im Durchschnitt an jeden Studenten 528 Euro im Monat auf.